Aichacher Nachrichten

Die Kunst zeigt Welt und Mensch im Umbruch

Ausstellun­g Christofer Kochs, der anerkannte Maler und Bildhauer aus Augsburg, stellt in der Galerie Cyprian Brenner aus. In seinen Arbeiten variiert er ein bekanntes Sujet auf hintergrün­dige Weise

- VON RÜDIGER HEINZE

Vordergrün­dig nichts Außergewöh­nliches in seiner Motivik zeigt Christofer Kochs zurzeit in der Galerie Cyprian Brenner am EliasHoll-Platz: Figuren vor Landschaft­en, wie sie die Renaissanc­e in hochherrsc­haftlichen Porträts hervorbrac­hte, wie sie als Motiv die deutsche Romantik beschäftig­te (Caspar David Friedrich) und noch später – gefährlich dräuend – Richard Oelze und Anselm Kiefer.

Vordergrün­diges ist der wohl am ehesten vernachläs­sigbare Teil der Kunst, erst dahinter geht’s dann – eventuell – in die Tiefe. Welcher Bezug besteht zwischen Figur und Landschaft? Welches Licht fällt auf sie auch im übertragen­en Sinn? Was tut der Mensch im Raum – und was der Raum mit ihm?

Da nun wird der Betrachter bei den Bildern Christofer Kochs’ angehalten, scharf hinzuschau­en. Ist das überhaupt eine organische Landschaft – oder nicht vielmehr eine ebenso konstruier­te wie dekonstrui­erte Landschaft? Setzt sie sich nicht viel mehr zusammen – oder löst sich auf durch abstrakte, zumindest abstrahier­ende Formen? Hier kariert, da gefächert, dort wie ein gesprungen­es Glas. Hier prismatisc­h, da collagenha­ft, dort wie ein Mosaik. Hier punktgeras­tert, da gesprenkel­t oder gefasert, dort in Bild und Material sich mehrschich­tig überlagern­d.

Die Malerei Christofer Kochs’ zeigt zwischen ihren Leinwand-Faltungen, gleichsam auch zwischen ihren Zeilen, eine bewegte, eine changieren­de, eine sich auflösende und sich wieder neu konstituie­rende Welt. „Die Erfindung der Wirklichke­it“heißt ein Bilderzykl­us des 1969 in Osnabrück geborenen Künstlers, ein anderer „Rückseite der Wirklichke­it“.

Und der Mensch an sich, also die bei Kochs nicht individual­isierte Figur mit Silhouette­n- beziehungs­weise Schemen- und Schatten-Charakter, hat in dieser bewegten Weltlandsc­haft zurechtzuk­ommen. Mitunter gesenkten Kopfs sinnierend, mitunter anscheinen­d oder scheinbar hilflos agierend, mitunter in vorsichtig sondierend­er Aufbruchss­timmung. Dabei ist der Kahn – seit der Antike – eine Metapher des Uferwechse­ls und Übersetzen­s in andere Gefilde, Sphären. Man darf es wohl so formuliere­n: Nicht nur für den Maler, sondern auch für den Menschen in dieser Malerei gilt es, die unwägbare (Bild-)Welt zu bezwingen.

Es ist eine Aktion ohne gesicherte­n Boden. Wie sie ausgeht, bleibt offen. Im malerische­n Idealfall, etwa in einem großformat­igen Öl der Serie „Die Stille ist auch nur ein Geräusch“(2019), trifft mystisches, ja auratische­s Leuchten auf ein mystisches Dunkel, eine starke malerische Spannung; gleichzeit­ig der Beginn der unabsehbar­en Reise eines Menschen.

So zeigt sich bei Christofer Kochs, Meistersch­üler einst von Gerhard Berger an der Münchner Akademie der Bildenden Künste, unter dem Ausstellun­gstitel „Wiedersehe­n mit der Gegenwart“nicht nur ein ZuAber stand, eine Welt im Umbruch, sondern auch der Mensch im Umbruch. Und in einem weiteren, damit verwandten Zyklus stellt der MagnusRemy-Preisträge­r von 1999 ein Titel-Paradoxon unter Sternenneb­eln auf: „Für immer ist nicht lang“. Transzende­nzgedanken schwingen auch hier lesbar, erkennbar mit.

Seit längerem schon in großen öffentlich­en wie auch namhaften privaten Sammlungen vertreten, gehört Christofer Kochs, der in der Galerie Cyprian Brenner auch einige seiner Holz-Skulpturen ausstellt (bemerkensw­ert durchbroch­en: „Kleidfigur“), zu jenen Künstlern, die mehr verdienen als Respekt. Und damit ist die Hochachtun­g gemeint.

Ausstellun­g In der Galerie Cyprian Brenner (Elias‰Holl‰Platz 6) ist die Schau mit Arbeiten von Christofer Kochs noch bis zum 26. September zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellun­g jeweils Diens‰ tag bis Sonntag zwischen 12 und 18 Uhr.

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Fotos: Maximillia­ne Umlauf; Kochs Christofer Kochs, umgeben von eigenen Werken in der Galerie Cyprian Brenner am Elias‰Holl‰Platz.
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Der Kahn als Metapher des Überwech‰ selns: eines der Bilder Kochs’.

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