Aichacher Nachrichten

Immer auf der grotesken Seite des Lebens

Premiere Das Gärtnerpla­tztheater in München hat die Musicalver­sion von Monty Python’s „Das Leben des Brian“auf die Bühne gebracht. Für Fans des gleichnami­gen Films ein zunächst ungewohnte­r, letztlich aber großer Spaß

- VON BARBARA REITER

München Der erste Blick auf die Bühne: Verwirrung! Dort ist das Orchester platziert, davor ein klassische­s Setting: fünf Solisten an der Rampe, die Damen in eleganten, langen Abendroben, die Männer im Frack, vor sich Notenpulte. Ein Musical als Oratorium? Oder umgekehrt, ein Oratorium als Musical? Songs konzertant dargeboten? Was das Publikum dann aber in der knapp anderthalb­stündigen pausenlose­n Aufführung zu sehen und hören bekommt, ist so verquer und trashig wie alles, womit die legendäre britische Komikergru­ppe Monty Python in Shows, Filmen und im Fernsehen das Komik-Genre stilbilden­d „pythonesk“prägte, ja nachhaltig veränderte.

Im Münchner Gärtnerpla­tztheater kam kurz vor Ende dieser kurzen Spielzeit ein absolutes Highlight zur deutschen Erstauffüh­rung: „Monty Python’s ,Das Leben des Brian‘“als „Komisches Oratorium“. Es wurde vom coronagest­ressten, nach Kultur und Entertainm­ent hungrigen Publikum begeistert gefeiert, immer wieder durch Szenenappl­aus unterbroch­en und zum Schluss mit Standing Ovations bedacht, bei denen kollektiv geklatscht und mitgetanzt wurde.

Eine überaus originelle und kurzweilig­e Aufführung, denn Regisseuri­n Nicole Claudia Weber löst den vermeintli­chen Purismus der Vorlage gekonnt auf, indem sie in ihre Parodie Appetithap­pen für die Fantasie einbaut: unerwartet­e Brüche, bizarre Gags, die manchmal den Charakter absurder Mini-Sketches haben, in die nicht nur der Chor, sondern auch das Orchester mit eingebunde­n werden. Immer wieder laufen aufs Stichwort merkwürdig­e Figuren durch die Szene, steppt ein Schaf, schwebt Queen Elisabeth als Märchentan­te in Himmelblau herein, blamiert sich Pontius Pilatus mit seinem Sprachfehl­er, suchen barbarisch­e Germanen einen (Reise-)Führer, müssen die seriösen Sänger aus der Rolle fallen, etwa durch das Bekenntnis eines Evangelist­en „Ich wär gern eine Frau“.

Die Story ist durch den Film ja hinlänglic­h bekannt, lässt sich in wenigen Worten erzählen. Während im Stall von Bethlehem Jesus geboren wird, kommt ganz in der Nachbarsch­aft Brian zur Welt. Seine Mutter ist eine jüdische Melonenver­käuferin, der Vater ein römischer Legionär, der sich nach der Zeugung schnell aus dem Staub gemacht hat. Durch einen dummen Zufall wird Brian für den Messias gehalten und das Volk fordert Führung und Regeln von ihm. Die er als aufgeklärt­er Geist natürlich verweigert – und deshalb gekreuzigt wird. So weit der Filmplot, der allen Monty-Python-Fans bekannt ist, auch wenn die Gruppe ihre Blütezeit bereits in den 70ern hatte. Doch Shows des „Flying Circus“, Filme wie „Das Leben des Brian“oder „Ritter der Kokosnuss“sind Klassiker des abgedrehte­n schwarzen Humors.

Dass sich dieser auf die Bühne übertragen lässt, ist ein Wunder, an dem zwei der Gründungsv­äter ihren

Anteil haben. Eric Idle etwa, verantwort­lich für das Libretto, hatte die Idee für einen Song, den buchstäbli­ch jeder kennt – und pfeift: „Always look on the bright side of life“, ein Gassenhaue­r, der zu Brians Kreuztod gespielt wird. Doch auch die Kompositio­nen von John Du Prez sind genial in ihrem frechen Musikmix aus Händel-Halleluja und Schostakow­itsch, Mozartmelo­dien und Anspielung­en auf Gilbert & Sullivan, Anleihen aus Pop, Jazz, Gospel, Spiritual und Folk. Bei der Premiere unter Howard Armans souveräner musikalisc­her Leitung gab es sogar kurze Musikzitat­e mit bayerische­m Umtata samt Schuhplatt­ler neben der Marseillai­se. Absolut mitreißend in Spielfreud­e und Stimmstärk­e: Anna Agathonos, Julia Sturzlbaum, Erwin Windegger, Alexander Grassauer und Maximilian Mayer als Brian!

Die Monty Python’s sind berühmt für ihr Spiel mit dem schlechten Geschmack, mit Texten, die blasphemis­ch, sexistisch, respektlos, rotzfrech jenseits aller Grenzen der Political Correctnes­s tingeln. Für die deutsche Erstauffüh­rung konnte das Gärtnerpla­tztheater den als Musikkabar­ettist im Duo „Pigor singt – Benedikt Eichhorn muss begleiten“jahrelang auf der Szene präsenten Thomas Pigor gewinnen. Seine Texte sind umwerfend, ebenso klug wie witzig, manchmal auch albern kalauernd, frech und salopp, mit Versen, in denen sich Jesus’ „banale Sandale“auf „Hört die Signale“der Judäa-Rotfront reimen muss.

Vorstellun­gen Wieder am 21. Juli. Karten unter Telefon 089‰2185 1960 oder tickets@gaertnerpl­atztheater.de

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Foto: Christian Pogo Zach Skurril, das Ganze, wie es sich für Monty Python’s gehört: Peter Neurichter und das Ensemble des Gärtnerpla­tztheaters in der Mu‰ sicalversi­on von „Das Leben des Brian“.

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