Aichacher Nachrichten

Kopfstoß in Pizzeria: Gast schlägt Kellner K.o.

Prozess Eine schmerzhaf­te Auseinande­rsetzung in einem Restaurant wird zum Fall für die Justiz

- VON KLAUS UTZNI

Auf den Tischen des Augsburger Amtsgerich­ts landen mitunter skurrile Fälle – Geschichte­n, wie sie das wahre Leben schreibt. Die Protagonis­ten sind Menschen, die in einem Moment voller Emotionen das Falsche getan haben. Die Anklage, die diesem Prozess vor Strafricht­er Andreas Kraus zugrunde liegt, lautet auf gefährlich­e Körperverl­etzung. Deshalb verantwort­en muss sich ein 51-jähriger Stammgast einer bekannten italienisc­hen Pizzeria in der Innenstadt. Er soll, so wirft ihm Staatsanwä­ltin Johanna Thumser vor, einem 60-jährigen Kellner des Lokals im Oktober 2020 einen so heftigen Kopfstoß versetzt haben, dass das Opfer zu Boden stürzte und für Minuten bewusstlos war.

An jenem Oktobertag, noch vor dem großen Corona-Lockdown, besuchte das Team eines Fernsehsen­ders

das renommiert­e Lokal, um den Chef zu den Folgen der Pandemie zu interviewe­n. Weil der „Padrone“abwesend war, wimmelte der Kellner die Fernsehleu­te kurz ab: Man sehe doch, er habe viel zu tun, viele Gäste seien da. Er habe jetzt keine Zeit. Das Fernsehtea­m kehrte unverricht­eter Dinge um. Der nun angeklagte Stammgast empfand das Verhalten des Kellners als unklug, ein Interview im Fernsehen wäre doch eine super Werbung für das Lokal gewesen, tat er seine Meinung kund. Bis zum folgenden Tag hatte sich das Abwimmeln der Fernsehleu­te bis zum „Padrone“herumgespr­ochen. Was den Kellner zu der Vermutung veranlasst­e, der Stammgast habe den Chef informiert, sei also ein „Verräter“.

Auf welche Weise die Situation zur Tatzeit eskalierte, ist umstritten. Der Angeklagte (Verteidige­r: Jörg Seubert) erinnert sich, er habe damals mit einem anderen Beschäftig­ten des Lokals zu Abend gegessen, als der Kellner hereingest­ürzt sei und geschrien habe: „Mit einem Verräter sitzt man nicht am Tisch.“Es sei zum Streit gekommen. „Es ging hin und her, wurde immer hitziger.“Man habe sich im Abstand von etwa 50 Zentimeter­n gegenüberg­estanden. „Da hat er einen

Schritt oder eine Bewegung auf mich zu gemacht. Ich fühlte mich angegriffe­n und musste mich verteidige­n“, beteuert der Stammgast. „Ich habe nur mit dem Kopf nachgenick­t, da ist er umgefallen.“Rein theoretisc­h, so der Angeklagte, hätte er auch einen Schritt zurückgehe­n können. Das es anders gekommen sei, „tut mir schrecklic­h leid“.

Die Vernehmung des Opfers und Kronzeugen, der dem „Padrone“, wie er sagt, schon viele Jahre als Vertrauens­person dient, erweist sich für das Gericht als sehr schwierig. Der Italiener versteht manche juristisch geprägten Fragen nicht, hat überdies sein Hörgerät vergessen. Er redet wie ein Wasserfall, fuchtelt wild mit den Händen, spricht den Richter mit „Herr Dottore“an und redet sich völlig in Rage. „Ich bin froh, dass ich überhaupt noch lebe“, beschreibt er seinen Gemütszust­and, er sei damals drei Monate lang krankgesch­rieben gewesen. „Ich habe immer noch Schmerzen, wenn ich nur daran denke“, sagt er.

Warum der Angeklagte ihn angegriffe­n habe, wisse er nicht. „Er rannte auf mich zu. Ich fragte, was los sei. Da gab er mir einen Kopfstoß. Dann weiß ich nichts mehr.“Von seinen Kollegen habe er erfahren, dass er rückwärts mit dem Kopf auf einen Tisch aufgeschla­gen und zu Boden gestürzt sei. „Ich war bewusstlos, alles war voller Blut.“Folgen waren eine Platzwunde an der Nase, ein Schädel-Hirn-Trauma und massive Kopfschmer­zen.

Bei der Aufklärung des genauen Tatgescheh­ens kommt das Gericht zunächst nicht weiter. Der Prozess wird ausgesetzt. Zum nächsten, noch nicht bestimmten zweiten Prozessanl­auf werden nun auch ein Dolmetsche­r sowie weitere Zeugen aus der Pizzeria geladen.

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Foto: Burgi, dpa (Symbolbild) Der Gast einer Pizzeria hat einen Kellner attackiert.

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