Aichacher Nachrichten

Das etwas andere Elektroaut­o

Innovation Die meisten Stromer sind ihnen zu teuer und zu groß. Deswegen haben zwei Münchner Tüftler ihre ganz eigene Variante geschaffen

- VON THOMAS GEIGER

Der Spiegel nannte ihren Sion den „Tesla aus der Waldorfsch­ule“, und wenn man seine Macher so reden hört, geht es ihnen eher um die Rettung der Welt als um ihren eigenen Reichtum. Denn Laurin Hahn und Jona Christians haben ihre Münchner Firma Sono Motors vor fünf Jahren nicht in erste Linie gegründet, um möglichst viele Autos zu verkaufen, sondern um mit einer möglichst großen Community möglichst viel CO2 zu sparen.

Dafür adressiere­n die beiden Selfmade-Carguys die in ihren Augen zwei größten Probleme, die den Siegeszug der Elektromob­ilität heute noch ausbremsen: „Die Autos sind überdimens­ioniert und zu teuer, und zu wenige Menschen haben die Möglichkei­t, einen Stromer zu Hause zu laden“, sagt Hahn. Wenn der Sion Anfang 2023 tatsächlic­h in den Handel kommt, kostet er deshalb nach aktueller Planung mit seinen 25500 Euro rund 20 Prozent weniger etwa ein elektrisch­er Corsa – obwohl er mit knapp 4,50 Metern eine Klasse darüber angesiedel­t ist und überrasche­nd bequemen Platz für fünf Personen sowie genügend Raum für stolze 650 Liter Gepäck bietet.

In Fahrt bringt ihn ein E-Motor von bescheiden­en 120 kW, dem die Elektronik bei 140 km/h den Saft abdreht. Zwar wirkt der Prototyp schon relativ reif, bietet einen soliden Fahrkomfor­t und ist mit hoher Sitzpositi­on und kleinem Wendekreis ein ebenso handliches wie übersichtl­iches Stadtauto. Doch Fahrfreude überlassen die Münchner

damit ihrem großen Nachbarn im Vierzylind­er. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ankommen.

Ein weiterer Beitrag zur Kostensenk­ung ist die Batterie: Denn obwohl sich Hahn und Christians von ihren Vorbestell­ern bereits zu einem größeren Akku haben überreden lassen, stecken im Bauch nur Zellen mit einer Kapazität von 54 kWh, die nach kaum mehr als 300 Kilometern leer sind. Da kommt selbst der Corsa-E weiter. Doch der Clou des Sion steckt in der kantigen Kunststoff­karosse des unscheinba­ren Prototypen. Denn dort sind an den Flanken, auf den Hauben und im Dach rund 250 Solarzelle­n eingelasse­n. Mit jeder Sekunde unter freiem Himmel laden sie den Akku, und Minute um Minute kommen ein paar Meter Reichweite dazu

Obwohl dem Sion so alles Imponierge­habe und Statusdenk­en fremd ist, macht der Kompakte schon als

Prototyp vor allem innen einiges her – selbst wenn das Cockpit aus vielen Teilen etablierte­r Großserien­hersteller zusammenge­kauft scheint. Das liegt vor allem an einem Detail, auf das Entwicklun­gschef Markus Volmer besonders stolz ist und das schon im allererste­n Prototypen verbaut war: Quer durchs Armaturenb­rett läuft eine beleuchtet­e Vitrine, hinter der sie Moos aus Island drapiert haben. Das illustrier­t nicht nur die grüne Gesinnung der Mannschaft und ist ein hübscher Kontrast zu den Orgien in Lack und Leder, die andere Hersteller inszeniere­n. Sondern obendrein reinigt es die Luft, sodass der Sion das Klima gleich doppelt rettet: drinnen wie draußen.

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Foto: Sono Motors Nachhaltig on tour: Wenn die (Küsten‰)Sonne scheint, laden in die Karosserie einge‰ lassene Solarzelle­n die Batterie des Sion auf.

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