Impfgegnerin begeht Volksverhetzung
Eine Frau wird verurteilt, weil sie den Schriftzug „Impfen macht frei“verbreitete
Wie weit reicht die Meinungsfreiheit, wo beginnen Beleidigung und Verunglimpfung? Immer wieder beschäftigen sich die Gerichte mit dieser Frage. Jetzt wurde eine 55-jährige Frau aus Augsburg zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt, die eine Karikatur im Internet veröffentlichte, die das CoronaImpfen mit dem Aufenthalt im Konzentrationslager gleichsetzte.
„Arbeit macht frei“hatten die Nationalsozialisten über die Eingänge der Vernichtungslager geschrieben. Lager, in denen unzählige Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und andere Verfolgte ermordet wurden oder arbeiten mussten, bis sie entkräftet starben. Genau diesen bogenförmigen Schriftzug ahmte ein Karikaturist nach, er schrieb aber „Impfen macht frei“. Und nach Einschätzung von Rechtsanwalt Marco Müller ist das eine Meinungsäußerung, die einer Person wie seiner Mandantin, einer Impfgegnerin, erlaubt sein müsse. Er regte an, diesen Anklagepunkt einzustellen.
Müller vertrat die 55-jährige Verkäuferin per Vollmacht, weil diese krankheitsbedingt nicht zur Verhandlung habe erscheinen können. Noch eine weitere Karikatur hatte die Angeklagte veröffentlicht, wie die andere auf ihrem öffentlich einsehbaren Facebook-Account mit ihrem Klarnamen. Dabei wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel als politische Führerin von heute dem nationalsozialistischen Führer Adolf Hitler gegenübergestellt. Richterin Susanne Scheiwiller vertrat die Ansicht
der Staatsanwaltschaft, die gegen die Angeklagte einen Strafbefehl in Höhe von 1600 Euro wegen zweier Fälle der Volksverhetzung und wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erlassen hatte. Dagegen hatte sich die 55-Jährige per Einspruch gewehrt, weswegen es jetzt zur Hauptverhandlung kam.
Vergleiche des Impfens mit dem Holocaust, „das geht gar nicht“, zeigte die Richterin deutlich ihre Auffassung, die Verteidiger Müller dann zu einem Strategiewechsel veranlasste. Es ging ihm nun darum, die Geldstrafe möglichst klein zu halten. Dazu führte Müller ins Feld, dass seine Mandantin seit geraumer Zeit
Die Verkäuferin lebt von Krankengeld
nicht mehr arbeiten könne, sondern von Krankengeld lebe.
Eine Geldstrafe setzt sich zusammen aus einem Betrag der sich am Einkommen orientiert, dem Tagessatz, und aus der Zahl der Tagessätze. Das entspricht der Anzahl an Tagen, die man im Gefängnis verbringen muss, wenn man die Geldstrafe nicht zahlt. Richterin Scheiwiller folgte der Staatsanwältin und verurteilte die 55-Jährige zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 25 Euro. Nach Ansicht der Richterin nicht zu viel, nachdem zumindest eine dritte kritikwürdige Karikatur mit einem Judenstern, die die Angeklagte ebenfalls auf ihrer Internetseite stehen hatte, gar nicht angeklagt worden war.