Aichacher Nachrichten

Vielen Vereinen droht die Auflösung

Immer wieder beraten Vereine im Wittelsbac­her Land in diesen Tagen über ihre Auflösung. Heute Abend steht in Todtenweis eine Entscheidu­ng an. Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf den wachsenden Mitglieder­schwund?

- VON STEFANIE BRAND

Die Diskussion, ob sie weiter bestehen sollen oder nicht, beschäftig­t derzeit viele Vereine. Woran das liegt.

Aichach‰Friedberg Die Jahreshaup­tversammlu­ng des Katholisch­en Frauenbund­es Todtenweis steht für heute Abend an. Auf der Tagesordnu­ng findet sich der Hinweis, dass es dabei sogar um die Auflösung des Vereins gehen könnte. Doch warum? Und welche Vereine im Landkreis Aichach-Friedberg haben ähnliche Probleme?

Frederike Jakob vom Vorstand des Todtenweis­er Frauenbund­es weiß zumindest für „ihren“Verein eine Antwort. Es sei die Beitragser­höhung, die dem Vorstand und vielen Mitglieder­n aufgestoße­n ist, erklärt sie auf Anfrage unserer Redaktion. Zwar wurde die Erhöhung auf jährlich 30 Euro von bisher 25 Euro, die vom Landesverb­and ausgeht, bereits vor zehn Jahren beschlosse­n. Dennoch sei sie und die weitere schrittwei­se Erhöhung von zwei Euro jährlich das falsche Signal in Corona-Zeiten, erklärt sie. Eine Mitglieder­befragung habe gezeigt, dass viele diese Beitragser­höhung als Kündigungs­grund ansehen.

Jetzt, am Tag der Versammlun­g, seien von den einst 100 Mitglieder­n noch drei oder vier geblieben. Die Kündigunge­n werden aber erst zum Jahresende wirksam. Aufgrund dieses Mitglieder­schwunds werde nicht etwa ein neuer Vorstand gesucht, der hinter der Beitragser­höhung steht, sondern die Auflösung des Vereins eingeläute­t. Vor allem die ambitionie­rte Eltern-Kind-Gemeinscha­ft, die im Ort aktuell drei Gruppen stellt, treffe die Auflösung hart. Denn gerade mit der ElternKind-Gruppe und dem Engagement junger Frauen habe der Verein eine gute, zukunftsfä­hige Altersstru­ktur gehabt, erzählt Frederike Jakob.

Beim Katholisch­en Frauenbund im Kühbacher Ortsteil Unterbernb­ach, der bereits seine Jahreshaup­tversammlu­ng abgehalten hat, wird gezittert. Aktuell gibt es mit Monika Walter zwar eine Anwärterin auf das Amt der Vorsitzend­en, doch als Schriftfüh­rerin und Kassenwart­in wollte sich Anfang Juli niemand aufstellen lassen. Das enttäuscht­e die engagierte junge Frau schon, berichtet sie auf Nachfrage. Sie selbst ist über ihre Mitgliedsc­haft und Tätigkeit in der Mutter-Kind-Gruppe

den Frauenbund gekommen – und um diese Gruppierun­g bangt sie mitunter am meisten. Die MutterKind-Gruppe besteht seit 20 Jahren. Würde sich der Frauenbund auflösen, würde es für die Eltern mit Kind wohl schwierig, Räumlichke­iten zu finden, in denen sich die Gruppe treffen kann. Ohne Verein besteht hier meist ein versicheru­ngstechnis­ches Problem.

Ohne genau zu wissen, wer zu den Mitglieder­n des Unterbernb­acher Frauenbund­s gehört, tut sich Monika Walter schwer, Mitstreite­r zu finden. Doch ihr Ehrgeiz und ihre Ideen, wie der Frauenbund auch für jüngere Frauen attraktive Angebote schaffen könnte, treiben sie an. Schulungsa­ngebote, Vorträge oder Gemeinscha­ftsveranst­altungen gebe es bereits, doch gerade Jüngere hatten wegen Corona keine Chance, diese Angebote zu nutzen. Zwei Monate gibt sich der Unterbernb­acher Verein noch, um die Stellen zu besetzen. Wenn nicht, droht auch diesem Zweigverei­n des Katholisch­en Frauenbund­es das Aus.

Gertraud Seidl vom Hollenbach­er Frauenbund möchte über eine Auflösung gar nicht nachdenken, erklärt aber: Eineinhalb Jahre Corona-bedingt in einem Verein nichts zu machen, sei „für jeden Verein der Tod“. Erschweren­d hinzu käme, dass auch der Vorstand in Hollenbach in die Jahre gekommen sei. Sie selbst ist 30 Jahre aktiv und hofft auf einen Fortbestan­d des Vereins.

Der Landesverb­and des Katholisch­en Deutschen Frauenbund­es (KDFB) möchte die Tendenz zum Auflösen der Zweigverei­ne nicht auf die Beitragser­höhung zurückführ­en. Ein Blick in die Historie zeige, dass nach der letzten Beitragser­höhung im Jahr 2010 keine Austrittso­der Auflösungs­welle folgte. Die höheren Beiträge sollen den Zweigverei­nen zugutekomm­en sowie dabei helfen, neue Perspektiv­en zu schaffen. Dazu zählen auch digitale Angebote. Schwindend­e Mitgliein derzahlen seien vor allem auf die Altersstru­ktur in den Vereinen und auf Corona zurückzufü­hren. Auch in vielen anderen Vereinen lasse sich beobachten, dass die Mitglieder „miteinande­r alt geworden sind“, heißt es vom KDFB. Die CoronaPand­emie habe bei den Ehrenamtli­chen dann für eine – nicht ganz unangenehm­e – Auszeit gesorgt.

Beim Wandervere­in Auf geht’s Adelzhause­n haben ganz andere Gründe zum Aus geführt, wie Vorsitzend­er Wolfgang Schroll auf Nachfrage erklärt: „Das Wandern ist zum Individual­sport geworden.“Das Vorhaben, am Sonntagmor­gen zu starten, um im Umkreis von etwa einer Stunde Fahrzeit zu wandern und danach gemeinsam zu frühstücke­n, sei ein rares Gemeinscha­ftserlebni­s geworden. Corona habe diese Situation noch verstärkt und die Suche nach Ehrenamtli­chen für die Vereine erschwert. Einst zählte der Verein über 140 Mitglieder. Doch diese wurden älter, und nun stellt der Verein seine Aktivitäte­n ein. Helmut Fröhlich vom Wander- und Verschöner­ungsverein Inchenhofe­n denkt noch nicht ans Aufhören, obgleich auch er die Tendenz einer Überalteru­ng erkennen kann. Es fehle an Nachwuchs, sagt der Zweite schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende im Deutschen Volkssport­verband (DVV). 2019 haben die Wanderer aus Inchenhofe­n zum letzten Mal ihren Wandertag veranstalt­et. Mittlerwei­le sind von den 100 Mitglieder­n noch zehn aktiv.

Beim Gartenbauv­erein Klingen läuft bereits der Prozess der Auflösung, der bis Jahresende abgeschlos­sen sein soll. Wie der langjährig­e ehemalige Vorsitzend­e Erich Eibl berichtet, konnten die aktuellen Vorstandsm­itglieder um Gabriele Holl trotz langer Suche keine Nachfolger finden. Einen Mitglieder­schwund gebe es nicht, aber die Bereitscha­ft gerade der Jüngeren, ein Ehrenamt zu übernehme, schwinde zusehends, so Eibl.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r (Symbolbild) ?? Die Mitglieder des Frauenbund­s bereichern ihre Kommunen in der Regel mit vielen Veranstalt­ungen, Aktionen und Rad‰ oder Busfahrten. Hier wurde ein Dorfbrunne­n in einen Osterbrunn­en verwandelt.
Foto: Bernhard Weizenegge­r (Symbolbild) Die Mitglieder des Frauenbund­s bereichern ihre Kommunen in der Regel mit vielen Veranstalt­ungen, Aktionen und Rad‰ oder Busfahrten. Hier wurde ein Dorfbrunne­n in einen Osterbrunn­en verwandelt.

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