Vielen Vereinen droht die Auflösung
Immer wieder beraten Vereine im Wittelsbacher Land in diesen Tagen über ihre Auflösung. Heute Abend steht in Todtenweis eine Entscheidung an. Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf den wachsenden Mitgliederschwund?
Die Diskussion, ob sie weiter bestehen sollen oder nicht, beschäftigt derzeit viele Vereine. Woran das liegt.
AichachFriedberg Die Jahreshauptversammlung des Katholischen Frauenbundes Todtenweis steht für heute Abend an. Auf der Tagesordnung findet sich der Hinweis, dass es dabei sogar um die Auflösung des Vereins gehen könnte. Doch warum? Und welche Vereine im Landkreis Aichach-Friedberg haben ähnliche Probleme?
Frederike Jakob vom Vorstand des Todtenweiser Frauenbundes weiß zumindest für „ihren“Verein eine Antwort. Es sei die Beitragserhöhung, die dem Vorstand und vielen Mitgliedern aufgestoßen ist, erklärt sie auf Anfrage unserer Redaktion. Zwar wurde die Erhöhung auf jährlich 30 Euro von bisher 25 Euro, die vom Landesverband ausgeht, bereits vor zehn Jahren beschlossen. Dennoch sei sie und die weitere schrittweise Erhöhung von zwei Euro jährlich das falsche Signal in Corona-Zeiten, erklärt sie. Eine Mitgliederbefragung habe gezeigt, dass viele diese Beitragserhöhung als Kündigungsgrund ansehen.
Jetzt, am Tag der Versammlung, seien von den einst 100 Mitgliedern noch drei oder vier geblieben. Die Kündigungen werden aber erst zum Jahresende wirksam. Aufgrund dieses Mitgliederschwunds werde nicht etwa ein neuer Vorstand gesucht, der hinter der Beitragserhöhung steht, sondern die Auflösung des Vereins eingeläutet. Vor allem die ambitionierte Eltern-Kind-Gemeinschaft, die im Ort aktuell drei Gruppen stellt, treffe die Auflösung hart. Denn gerade mit der ElternKind-Gruppe und dem Engagement junger Frauen habe der Verein eine gute, zukunftsfähige Altersstruktur gehabt, erzählt Frederike Jakob.
Beim Katholischen Frauenbund im Kühbacher Ortsteil Unterbernbach, der bereits seine Jahreshauptversammlung abgehalten hat, wird gezittert. Aktuell gibt es mit Monika Walter zwar eine Anwärterin auf das Amt der Vorsitzenden, doch als Schriftführerin und Kassenwartin wollte sich Anfang Juli niemand aufstellen lassen. Das enttäuschte die engagierte junge Frau schon, berichtet sie auf Nachfrage. Sie selbst ist über ihre Mitgliedschaft und Tätigkeit in der Mutter-Kind-Gruppe
den Frauenbund gekommen – und um diese Gruppierung bangt sie mitunter am meisten. Die MutterKind-Gruppe besteht seit 20 Jahren. Würde sich der Frauenbund auflösen, würde es für die Eltern mit Kind wohl schwierig, Räumlichkeiten zu finden, in denen sich die Gruppe treffen kann. Ohne Verein besteht hier meist ein versicherungstechnisches Problem.
Ohne genau zu wissen, wer zu den Mitgliedern des Unterbernbacher Frauenbunds gehört, tut sich Monika Walter schwer, Mitstreiter zu finden. Doch ihr Ehrgeiz und ihre Ideen, wie der Frauenbund auch für jüngere Frauen attraktive Angebote schaffen könnte, treiben sie an. Schulungsangebote, Vorträge oder Gemeinschaftsveranstaltungen gebe es bereits, doch gerade Jüngere hatten wegen Corona keine Chance, diese Angebote zu nutzen. Zwei Monate gibt sich der Unterbernbacher Verein noch, um die Stellen zu besetzen. Wenn nicht, droht auch diesem Zweigverein des Katholischen Frauenbundes das Aus.
Gertraud Seidl vom Hollenbacher Frauenbund möchte über eine Auflösung gar nicht nachdenken, erklärt aber: Eineinhalb Jahre Corona-bedingt in einem Verein nichts zu machen, sei „für jeden Verein der Tod“. Erschwerend hinzu käme, dass auch der Vorstand in Hollenbach in die Jahre gekommen sei. Sie selbst ist 30 Jahre aktiv und hofft auf einen Fortbestand des Vereins.
Der Landesverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) möchte die Tendenz zum Auflösen der Zweigvereine nicht auf die Beitragserhöhung zurückführen. Ein Blick in die Historie zeige, dass nach der letzten Beitragserhöhung im Jahr 2010 keine Austrittsoder Auflösungswelle folgte. Die höheren Beiträge sollen den Zweigvereinen zugutekommen sowie dabei helfen, neue Perspektiven zu schaffen. Dazu zählen auch digitale Angebote. Schwindende Mitgliein derzahlen seien vor allem auf die Altersstruktur in den Vereinen und auf Corona zurückzuführen. Auch in vielen anderen Vereinen lasse sich beobachten, dass die Mitglieder „miteinander alt geworden sind“, heißt es vom KDFB. Die CoronaPandemie habe bei den Ehrenamtlichen dann für eine – nicht ganz unangenehme – Auszeit gesorgt.
Beim Wanderverein Auf geht’s Adelzhausen haben ganz andere Gründe zum Aus geführt, wie Vorsitzender Wolfgang Schroll auf Nachfrage erklärt: „Das Wandern ist zum Individualsport geworden.“Das Vorhaben, am Sonntagmorgen zu starten, um im Umkreis von etwa einer Stunde Fahrzeit zu wandern und danach gemeinsam zu frühstücken, sei ein rares Gemeinschaftserlebnis geworden. Corona habe diese Situation noch verstärkt und die Suche nach Ehrenamtlichen für die Vereine erschwert. Einst zählte der Verein über 140 Mitglieder. Doch diese wurden älter, und nun stellt der Verein seine Aktivitäten ein. Helmut Fröhlich vom Wander- und Verschönerungsverein Inchenhofen denkt noch nicht ans Aufhören, obgleich auch er die Tendenz einer Überalterung erkennen kann. Es fehle an Nachwuchs, sagt der Zweite schwäbische Bezirksvorsitzende im Deutschen Volkssportverband (DVV). 2019 haben die Wanderer aus Inchenhofen zum letzten Mal ihren Wandertag veranstaltet. Mittlerweile sind von den 100 Mitgliedern noch zehn aktiv.
Beim Gartenbauverein Klingen läuft bereits der Prozess der Auflösung, der bis Jahresende abgeschlossen sein soll. Wie der langjährige ehemalige Vorsitzende Erich Eibl berichtet, konnten die aktuellen Vorstandsmitglieder um Gabriele Holl trotz langer Suche keine Nachfolger finden. Einen Mitgliederschwund gebe es nicht, aber die Bereitschaft gerade der Jüngeren, ein Ehrenamt zu übernehme, schwinde zusehends, so Eibl.