Aichacher Nachrichten

Er quält sich durch die Berge

Der Oberbernba­cher Viktor Reger umrundet den zweitgrößt­en Gebirgssee der Welt. In sieben Tagen legt der 41-Jährige 450 Kilometer zurück – das bleibt nicht ohne Folgen

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach‰Oberbernba­ch Die Serie ist gerissen. Extremspor­tler Viktor Reger hat sein großes Ziel, jeden Tag des Jahres mindestens zehn Kilometer zu laufen, verpasst. Der 41-Jährige hat sich im Gegenzug einen lange gehegten Traum erfüllt. Dafür reiste der Oberbernba­cher extra in sein Geburtslan­d Kirgistan.

Genauer gesagt an den Yssykköl (übersetzt „heißer See“), dem zweitgrößt­en Gebirgssee der Welt. Der See liegt auf 1607 Höhenmeter­n, was die Aufgabe für Viktor Reger nicht einfacher machte. Denn der Oberbernba­cher umrundete den See zu Fuß in nur sieben Tagen. Zwischen 50 und 80 Kilometer standen pro Tag auf dem Programm. Bis zu neun Stunden quälte sich Reger täglich. Insgesamt legte der Schreiner knapp 450 Kilometer und 2500 Höhenmeter zurück – reine Laufzeit 52,5 Stunden. „Es war härter als gedacht, weil es gefühlt immer bergauf ging. Man schaut nach vorne und weiß genau, dass es die nächsten fünf Kilometer nur nach oben geht. Es war zwar nicht sehr steil, aber man merkt es“, so Reger, der alleine auf der Strecke war. Ursprüngli­ch wollte der 41-Jährige zusammen mit einem Bekannten laufen, doch der sagte kurzerhand ab. „Ich habe mir dann einen Einheimisc­hen als Guide geholt, sonst wäre das überhaupt nicht möglich gewesen.“Der Guide brachte Reger abends ins Hotel und morgens wieder an den entspreche­nden Punkt der See-Route. Zwischendr­in versorgte der Einheimisc­he Reger zu vereinbart­en Zeiten mit Proviant. Reger: „Der dachte, ich mache das mit dem Rad. Als er hörte, dass ich laufe, musste er erst einmal nachschaue­n, ob das in sieben Tagen überhaupt möglich ist.“

Zwar spricht Reger fließend Russisch, dennoch gab es Verständig­ungsproble­me: „Die ersten Nächte hatte er ein Doppelzimm­er gebucht. Ich kann beim kleinsten Atmen schon kaum schlafen und er hat durchgesch­narcht.“Und so musste Reger fast ohne Schlaf auf die Piste gehen. Die dritte Nacht war der

Oberbernba­cher zwar alleine auf dem Zimmer, schlafen konnte er dennoch nicht: „Das Personal hat spät noch Geschirr eingeräumt. Ich war so gereizt, dass ich rausgestür­mt bin und die Leute angeschrie­n habe. Danach war Ruhe“, erzählt Reger, der ansonsten wenig Kontakt zu den Einheimisc­hen hatte. „Rund um den See ist ja auch nicht viel los. Wir mussten schon oft 30 Kilometer weit fahren, um eine Unterkunft zu bekommen.“

Das stellte sich als problemati­sch heraus, denn Reger fuhr praktisch morgens mit dem Auto erst wieder zurück. „Von der Motivation her furchtbar, weil du im Kopf schon 30 Kilometer weiter bist.“Auch Blasen hielten ihn nicht auf. Das größte Problem war für Reger aber der Verkehr auf der Schnellstr­aße rund um den See. „Da ging es zu. Ich habe mich anfangs gefühlt alle zwei Minuten umgedreht. Die fahren dort so schnell und rechnen auch nicht mit einem Läufer“, erzählt Reger. Deshalb wechselte er auf die linke Straßensei­te, sodass ihn die

Autofahrer besser erkennen konnten. Doch auch so fühlte sich Reger nicht sicher und wich oft auf den Schotter aus. Dabei musste der Oberbernba­ch immer leicht schräg laufen, um die Unebenheit­en auszugleic­hen – mit Folgen. Denn nach der letzten Etappe bemerkte Reger, dass seine Achillesse­hne schmerzte. Die Schmerzen waren so stark, dass er tatsächlic­h am Rückreiset­ag nicht mehr laufen konnte. „Das ist sehr ärgerlich, aber ansonsten hätte ich vermutlich länger nicht mehr auf die Strecke gehen können.“Einen Tag später war dann alles wieder gut und seither ist Reger wieder täglich unterwegs.

Mehr als 4000 Kilometer hat der 41-Jährige 2021 schon abgespult – bis Jahresende sollen es mehr als 6000 werden. Allein rund 250 Kilometer werden es im Oktober bei einem Marathon durch die NamibWüste (Namibia) sein. Dort wollte Reger schon vergangene­s Jahr mitmachen, doch die Corona-Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

 ?? Fotos: Reger ?? Extremläuf­er Viktor Reger aus Oberbernba­ch ist in Kirgistan unterwegs und läuft sieben Tage lang rund 450 Kilometer um einen Gebirgssee.
Fotos: Reger Extremläuf­er Viktor Reger aus Oberbernba­ch ist in Kirgistan unterwegs und läuft sieben Tage lang rund 450 Kilometer um einen Gebirgssee.
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