Er quält sich durch die Berge
Der Oberbernbacher Viktor Reger umrundet den zweitgrößten Gebirgssee der Welt. In sieben Tagen legt der 41-Jährige 450 Kilometer zurück – das bleibt nicht ohne Folgen
AichachOberbernbach Die Serie ist gerissen. Extremsportler Viktor Reger hat sein großes Ziel, jeden Tag des Jahres mindestens zehn Kilometer zu laufen, verpasst. Der 41-Jährige hat sich im Gegenzug einen lange gehegten Traum erfüllt. Dafür reiste der Oberbernbacher extra in sein Geburtsland Kirgistan.
Genauer gesagt an den Yssykköl (übersetzt „heißer See“), dem zweitgrößten Gebirgssee der Welt. Der See liegt auf 1607 Höhenmetern, was die Aufgabe für Viktor Reger nicht einfacher machte. Denn der Oberbernbacher umrundete den See zu Fuß in nur sieben Tagen. Zwischen 50 und 80 Kilometer standen pro Tag auf dem Programm. Bis zu neun Stunden quälte sich Reger täglich. Insgesamt legte der Schreiner knapp 450 Kilometer und 2500 Höhenmeter zurück – reine Laufzeit 52,5 Stunden. „Es war härter als gedacht, weil es gefühlt immer bergauf ging. Man schaut nach vorne und weiß genau, dass es die nächsten fünf Kilometer nur nach oben geht. Es war zwar nicht sehr steil, aber man merkt es“, so Reger, der alleine auf der Strecke war. Ursprünglich wollte der 41-Jährige zusammen mit einem Bekannten laufen, doch der sagte kurzerhand ab. „Ich habe mir dann einen Einheimischen als Guide geholt, sonst wäre das überhaupt nicht möglich gewesen.“Der Guide brachte Reger abends ins Hotel und morgens wieder an den entsprechenden Punkt der See-Route. Zwischendrin versorgte der Einheimische Reger zu vereinbarten Zeiten mit Proviant. Reger: „Der dachte, ich mache das mit dem Rad. Als er hörte, dass ich laufe, musste er erst einmal nachschauen, ob das in sieben Tagen überhaupt möglich ist.“
Zwar spricht Reger fließend Russisch, dennoch gab es Verständigungsprobleme: „Die ersten Nächte hatte er ein Doppelzimmer gebucht. Ich kann beim kleinsten Atmen schon kaum schlafen und er hat durchgeschnarcht.“Und so musste Reger fast ohne Schlaf auf die Piste gehen. Die dritte Nacht war der
Oberbernbacher zwar alleine auf dem Zimmer, schlafen konnte er dennoch nicht: „Das Personal hat spät noch Geschirr eingeräumt. Ich war so gereizt, dass ich rausgestürmt bin und die Leute angeschrien habe. Danach war Ruhe“, erzählt Reger, der ansonsten wenig Kontakt zu den Einheimischen hatte. „Rund um den See ist ja auch nicht viel los. Wir mussten schon oft 30 Kilometer weit fahren, um eine Unterkunft zu bekommen.“
Das stellte sich als problematisch heraus, denn Reger fuhr praktisch morgens mit dem Auto erst wieder zurück. „Von der Motivation her furchtbar, weil du im Kopf schon 30 Kilometer weiter bist.“Auch Blasen hielten ihn nicht auf. Das größte Problem war für Reger aber der Verkehr auf der Schnellstraße rund um den See. „Da ging es zu. Ich habe mich anfangs gefühlt alle zwei Minuten umgedreht. Die fahren dort so schnell und rechnen auch nicht mit einem Läufer“, erzählt Reger. Deshalb wechselte er auf die linke Straßenseite, sodass ihn die
Autofahrer besser erkennen konnten. Doch auch so fühlte sich Reger nicht sicher und wich oft auf den Schotter aus. Dabei musste der Oberbernbach immer leicht schräg laufen, um die Unebenheiten auszugleichen – mit Folgen. Denn nach der letzten Etappe bemerkte Reger, dass seine Achillessehne schmerzte. Die Schmerzen waren so stark, dass er tatsächlich am Rückreisetag nicht mehr laufen konnte. „Das ist sehr ärgerlich, aber ansonsten hätte ich vermutlich länger nicht mehr auf die Strecke gehen können.“Einen Tag später war dann alles wieder gut und seither ist Reger wieder täglich unterwegs.
Mehr als 4000 Kilometer hat der 41-Jährige 2021 schon abgespult – bis Jahresende sollen es mehr als 6000 werden. Allein rund 250 Kilometer werden es im Oktober bei einem Marathon durch die NamibWüste (Namibia) sein. Dort wollte Reger schon vergangenes Jahr mitmachen, doch die Corona-Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung.