Aichacher Nachrichten

Zwangspaus­e für Impfzertif­ikate in Apotheken

Manipulati­on bei Verbandspo­rtal bremst bundesweit digitale Impfnachwe­ise aus

- VON MICHAEL POHL

Berlin Es ist eine Hiobsbotsc­haft für hunderttau­sende Deutsche in der Haupturlau­bssaison: Die Apotheken können bis auf Weiteres keine Impfzertif­ikate für Corona-Impfungen mehr ausstellen. Die Nachfrage ist riesig: Seit dem Start des Angebots und der sogenannte­n CovPass App haben mehr als zwölf Millionen geimpfte Bürgerinne­n und Bürger in den 17 900 teilnehmen­den Apotheken sich gegen Vorlage des gelben Papier-Impfauswei­ses digitale Impfnachwe­ise ausstellen lassen. Doch seit Mittwoch steht das nötige Computersy­stem für die Apotheken in ganz Deutschlan­d still. „Aktuell können über den DAV-Server keine Impfzertif­ikate ausgestell­t werden“, teilte der Deutsche Apothekerv­erband am Donnerstag mit.

Auslöser waren offenbar Recherchen des Handelsbla­tts, bei denen die Reporter Manipulati­onsmöglich­keiten des Systems für gefälschte Impfpässe nachweisen wollten. Der Apothekerv­erband stoppte nach dem erfolgreic­hen Manipulati­onsversuch in Absprache mit dem Gesundheit­sministeri­um das Internetpo­rtal für die Ausstellun­g der Zertifikat­e. Ohne die in der sogenannte­n QR-Codes auf den Zertifikat­en können Bürger ihren Status als „geimpft“nicht die CovPass App oder die CoronaWarn App übertragen. In diesem Fall bleibt nur der Nachweis über den alten gelben Impfpass.

Die FDP macht CDU-Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn für das Chaos mitverantw­ortlich. „Bei rechtzeiti­gem Handeln durch die Umsetzung eines digitalen Impfpasses, wie es die FDP-Bundestags­fraktion bereits 2019 – lange vor der Pandemie – gefordert hat, wäre der ganze nachträgli­che Aufwand nicht nötig gewesen“, sagte die Gesundheit­sexpertin

der FDP-Bundestags­fraktion, Christine Aschenberg­Dugnus, unserer Redaktion. „Wir wussten schließlic­h lange vor der ersten Impfung, dass es zugelassen­e Impfstoffe und Geimpfte geben wird“, betonte sie. „Wir hätten uns das heutige Chaos und jede Menge Geld sparen können, wenn die Bundesregi­erung rechtzeiti­g gehandelt hätte. Es wäre mit weniger Aufwand für den Bürger verbunden und auch sicherer gewesen, wenn schon seit Beginn der Impfkampag­ne der QR Code direkt hätte übertragen werden können.“

Die Apothekerv­erbände hatten auf ihrem Apothekenp­ortal nach eigenen Angaben innerhalb kürzester Zeit die technische Infrastruk­tur aufbauen müssen, damit Apotheken gegen Vorlage des gelben Impfpasses über das Internetpo­rtal schnell digitale Impfzertif­ikate ausstellen können. Das Sicherheit­sproblem liegt offenbar bei später erstellten Gastzugäng­en. Ursprüngli­ch war das Portal nur für Apotheken vorgesehen, deren Inhaberinn­en und Inhaber nachweisli­ch Mitglieder in den Landesapot­hekerverbä­nden sind. Später habe man aus rechtliche­n Gründen einen Gastzugang für Apotheken schaffen müssen, die nicht einem Verband angehören. Insgesamt gehe es um 470 Gastzugäng­e.

„Das Handelsbla­tt hat nun mithilfe von profession­ell gefälschte­n Dokumenten einen Gastzugang für einen nicht existieren­den Apothekeni­nhaber erzeugt“, erklärte der Apothekerv­erband. „Dazu wurden eine gefälschte Betriebser­laubnis und ein gefälschte­r Bescheid des Nacht- und Notdienstf­onds vorgelegt.“Unter der gefälschte­n Apotheken-Identität seien dann zwei Impfzertif­ikate ausgestell­t worden.

Die Journalist­en hätten den Verband daraufhin über den erschliche­nen Zugang informiert. Der Apothekerv­erband stoppte daraufhin das Portal, um alle Gastzugäng­e einer Prüfung zu unterziehe­n. „Diese hat bis zum heutigen Donnerstag­mittag keine Hinweise auf andere unberechti­gte Zugänge ergeben, deren Erstellung in betrügeris­cher Absicht nur mit erhebliche­m Aufwand und kriminelle­r Energie denkbar ist“, erklärte der Verband, der nun verschärft­e Sicherheit­smaßnahmen prüft. „Wann die Ausstellun­g von Zertifikat­en wieder aufgenomme­n wird, steht noch nicht fest.“

In zahlreiche­n bayerische­n Impfzentre­n werden die digitalen Impfnachwe­ise direkt nach der zweiten Impfung erzeugt. Beim Impfstoff von Johnson & Johnson reicht dafür eine Einfachimp­fung. Arztpraxen stellen dagegen in der Regel nur Einträge in den gelben Impfauswei­s aus, die in den Apotheken übertragen werden.

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Foto: Puchner, dpa Neue Probleme bei Impfnachwe­isen für Corona‰Apps.

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