Aichacher Nachrichten

Wann fällt die Maske?

FFP2-Masken gehören mittlerwei­le zum Alltag – jedenfalls in Bayern. In anderen Bundesländ­ern gelten weniger strenge Regeln. Ob sich daran im Freistaat bald etwas ändert und wie gut die Mund-Nasen-Bedeckunge­n eigentlich schützen

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Es gab in dieser Pandemie viele Momente, in denen es in Bayern ein bisschen anders lief als im Rest der Republik. Damals etwa, im März 2020, als aus einem Virus vom anderen Ende der Welt eine reale Bedrohung im eigenen Land wurde, verhängte der Freistaat als erstes deutsches Bundesland Ausgangsbe­schränkung­en. Als dann in diesem Jahr in anderen Regionen die Schülerinn­en und Schüler bis zu einer Inzidenz von 165 in den Klassenzim­mern sitzen durften, mussten sie in Bayern schon ab der 100er-Marke in den Distanzunt­erricht. Und dann ist da noch die Sache mit den Masken.

Bund und Länder hatten sich im Januar dieses Jahres darauf verständig­t, dass in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und Geschäften lediglich OP-Masken getragen werden müssen. In Bayern indes hatte man zuvor schon eine strikte FFP2-Maskenpfli­cht für diese Bereiche eingeführt – und an der wurde auch nach dem Bund-Länder-Beschluss festgehalt­en. Diese strenge Linie gilt bis heute. Bleibt das so?

Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) sagt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Was die FFP2-Maskenpfli­cht angeht, ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um vom Kurs abzuweiche­n.“Die deutlich ansteckend­ere Delta-Variante verbreite sich immer mehr, die Zahlen würden steigen. „Ich denke, wir tun gut daran, die FFP2-Maskenpfli­cht so zu belassen“, macht Holetschek deutlich. Man dürfe nicht von den bisherigen Grundprinz­ipien – Vorsicht und Umsicht – abweichen, so der Minister. Dieser Kurs sei in den vergangene­n Monaten, in denen Bayern wegen seiner Grenzsitua­tion oft besonders hohe Fallzahlen hatte, wichtig und erfolgreic­h gewesen. „Aber natürlich wird immer wieder überprüft, welche Maßnahmen angemessen und verhältnis­mäßig sind und welche nicht.“

Wie Recherchen unserer Redaktion zeigen, gibt es nirgendwo in Deutschlan­d eine so strenge Maskenpfli­cht wie in Bayern. Nur in Berlin müssen Fahrgäste in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln noch FFP2-Masken tragen. Beim Einkaufen reicht dort – wie in den übrigen Ländern auch – eine normale blaue OP-Maske. Sachsen geht noch einen Schritt weiter: Dort entfällt die Maskenpfli­cht in Geschäften sogar komplett, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz unter zehn liegt und der Mindestabs­tand eingehalte­n werden kann. Bundeseinh­eitliche Vorgaben gab es im Rahmen der Bundesnotb­remse bei Inzidenzen über 100. Diese sah etwa eine FFP2-Maskenpfli­cht im ÖPNV vor. Ende Juni ist die Bundesnotb­remse ausgelaufe­n.

In der bayerische­n Opposition regt sich mittlerwei­le Widerstand gegen den strengen Kurs im Freistaat. „Weder steht Bayern mit seiner exklusiven FFP2-Pflicht erkennbar besser da als andere Bundesländ­er noch gibt es eine Empfehlung, etwa von Experten der Deutschen Gesellscha­ft für Krankenhau­shygiene“, sagte vor kurzem SPD-Fraktionsc­hef Florian von Brunn. Bei einer FFP2-Maske sei das Risiko höher, dass sie nicht richtig sitze und dadurch an Schutz verliere. „Und jetzt im Sommer ist die Tragepflic­ht gerade für ältere und gesundheit­lich beeinträch­tigte Menschen eine Zumutung.“Andere Bundesländ­er machten erfolgreic­h vor, dass auch OP-Masken ausreichte­n.

Die Deutsche Gesellscha­ft für Krankenhau­shygiene (DGKH), die von Brunn ins Feld führt, äußert sich in der Tat kritisch zur Nutzung von FFP2-Masken durch Laien außerhalb des Gesundheit­swesens. Die Auswahl an Masken, die dem jeweiligen Gesicht angepasst sind, sei gering. Außerdem fehle es an Schulungen für richtiges Tragen. Dies würde dazu führen, „dass die Masken undicht getragen werden und insofern keinerlei Schutz bieten“, teilt die Gesellscha­ft in einer Stellungna­hme mit. Dicht sitzende FFP2Masken würden zwar schützen – erforderte­n aber eine erhöhte Atemarbeit, die von älteren Mitbürgeri­nnen und Mitbürgern, aber auch Menschen mit Atemwegser­krankungen nicht geleistet werden könne.

Auch die Gesellscha­ft für Aerosolfor­schung (GAeF) hat sich mit dem Für und Wider der FFP2-Masken befasst und ein Positionsp­apier veröffentl­icht. Ganz generell würden alle Maskenarte­n helfen, einen Teil der ausgeatmet­en Partikel und Viren zu filtern, heißt es darin. Und dadurch sinke das Infektions­risiko. Die Aerosolpar­tikel seien durch die anhaftende Feuchtigke­it relativ groß und könnten somit auch von einfachen Masken zurückgeha­lten werden. Aber: Da solche Partikel mit längerer Verweilzei­t in der Raumluft schrumpfen, „sind einfache Mund-Nasen-Bedeckunge­n für den Selbstschu­tz weniger effizient“, erläutert die GAeF. „Hierfür sind Atemschutz­masken erforderli­ch, die auch für feine Partikel eine hohe Abscheidun­g zeigen, zum Beispiel der Klassen FFP2, N95 oder KN95.“Eben solche Masken, wie sie in bayerische­n Geschäften und Bussen Pflicht sind. Und diese Pflicht wird so schnell wohl auch nicht enden.

Holetschek will an strenger Maskenpfli­cht festhalten

 ?? Foto: R. Michael, dpa ?? In Sachsen, wo dieses Foto aufgenomme­n wurde, muss man in Geschäften keine Maske mehr tragen, wenn die Inzidenz unter zehn liegt und der Abstand eingehalte­n wird. In Bayern indes gilt noch immer die strenge FFP2‰Maskenpfli­cht.
Foto: R. Michael, dpa In Sachsen, wo dieses Foto aufgenomme­n wurde, muss man in Geschäften keine Maske mehr tragen, wenn die Inzidenz unter zehn liegt und der Abstand eingehalte­n wird. In Bayern indes gilt noch immer die strenge FFP2‰Maskenpfli­cht.

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