Aichacher Nachrichten

Stadtrat stimmt Vertrag mit Fahrrad‰Bündnis zu

Die Einigung zwischen der Stadt und dem Bürgerbege­hren ist unter Dach und Fach. Nur fünf Ratsmitgli­eder waren dagegen. Doch alle rechtliche­n Risiken sind damit noch nicht ausgeräumt

- VON STEFAN KROG

Augsburg muss nun deutlich mehr für den Radverkehr tun: Der Vertrag zwischen dem Aktionsbün­dnis „Fahrradsta­dt jetzt“und der Stadt ist am Donnerstag im Stadtrat unterzeich­net worden. Mit der Vereinbaru­ng wird ein Bürgerents­cheid hinfällig. In dem Papier verpflicht­et sich die Stadt, Radwege auszubauen, Tempo 30 in einigen Straßen einzuführe­n und mehr Radstellpl­ätze zu schaffen. Zudem sollen im erweiterte­n Innenstadt­bereich mindestens 550 Autoparkpl­ätze wegfallen. Der Stadtrat stimmte der Einigung zwar gegen Stimmen von AfD und Stadtrat Peter Grab (WSA) zu, allerdings gab es lange Diskussion­en zur Frage, ob damit ein Bürgerents­cheid endgültig vom Tisch ist. Es bestehe ein gewisses rechtliche­s Risiko, räumte Stadtdirek­tor Thomas Schmidt-Tancredi ein.

Denn von den drei Initiatore­n des Radbegehre­ns hatte sich einer, Jens Wunderwald, kurz nach der Einigung überrasche­nd gegen den Vertrag ausgesproc­hen. Er will das Begehren nicht zurückzieh­en, sondern würde die gesammelte­n Unterschri­ften lieber einreichen. Das wäre rechtlich wohl auch ohne die Mitstreite­r möglich, allerdings müsste er die Unterschri­ftenlisten dafür haben. In einem ersten Schritt müsste Wunderwald bei seinen früheren Mitstreite­rn auf die Herausgabe der Listen klagen. Wunderwald, der die Sitzung als Zuschauer verfolgte, sagte, dass er sich diese Möglichkei­t offen halte. Noch habe er darüber nicht entschiede­n. Sollte Wunderwald tatsächlic­h einreichen, könnte die Stadt sich die Inhalte des Begehrens zu eigen machen oder ein Ratsbegehr­en dagegenset­zen, so Schmidt-Tancredi.

Aus der Opposition wurde Kritik an den Verhandlun­gen laut, die hinter verschloss­enen Türen stattgefun­den hatten und an denen CSU und Grüne beteiligt waren. Man habe andere Fraktionen außen vor gelassen, so Beate Schabert-Zeidler, Fraktionsv­orsitzende der Bürgerlich­en Mitte. „Wenn nicht nur die Grünen mit der CSU am Tisch gesessen wären, sondern auch andere mitreden hätten dürfen, wäre mehr drin gewesen“, so Sozialfrak­tionsChef Florian Freund (SPD).

Er erinnerte auch daran, dass die CSU im Gegensatz zu anderen Parteien das Radbegehre­n während des Wahlkampfs nicht unterstütz­t hatte. Vieles in dem Vertrag sei ohnehin schon auf dem Weg gewesen. „Und bei den 550 Parkplätze­n muss man dazu sagen, dass hier die Parkplätze, die im Zuge des Baus der Linie 5 wegfallen sollen, inbegriffe­n sind. Das wird noch Ärger mit den Betroffene­n im Rosenau- und Thelottvie­rtel geben, und Sie versuchen jetzt, das dem Begehren in die Schuhe zu schieben“, so Freund in RichStadts­pitze. Bruno Marcon („Augsburg in Bürgerhand“) sagte, das Vorgehen entspreche „nicht den demokratis­chen Grundregel­n“. Markus Striedl (AfD) merkte an, dass die Initiative Unterschri­ften für ein Bürgerbege­hren gesammelt habe und nicht für Verhandlun­gen im Hinterzimm­er.

Stadtspitz­e und Regierungs­koalition konterten. Nicht jedes Begehren eigne sich dafür, über Verhandlun­gen aus der Welt geschafft zu werden, so Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU). Allerdings sei das Radbegehre­n aus rechtliche­n Gründen ziemlich abstrakt formuliert gewesen. „Ich bin ein Fan davon, meine Energie lieber in Projekte als in Diskussion­en zu stecken“, so Weber. Man habe die Forderunge­n des Begehrens nun mit konkreten Projekten verbunden. Auch Schwarz-Grün verteidigt­e das Vorgehen. CSU-Fraktionsc­hef Leo Dietz sagte, die Gespräche von Schwarz-Grün mit den Fahrradakt­ivisten seien nötig gewesen, um abzuklopfe­n, ob der Vertragsen­twurf eine Mehrheit im Stadtrat bekommen könne. Grünen-Fraktionsc­hefin Verena von Mutius-Bartholy sagte, allen Parteien habe es freigestan­den, ebenfalls mit den Initiatore­n das Gespräch zu suchen.

Inhaltlich begrüßten Regierungs­parteien und weite Teile der Opposition die Einigung. Allerdings wurde auch deutlich, dass die Koalitions­partner sich dem Thema aus untung terschiedl­ichen Richtungen annähern und dies – womöglich im Hinblick auf die eigene Wählerscha­ft – auch ansprechen. Früher sei das Fahrrad bei der Verkehrspl­anung nebenher gelaufen, künftig stehe es im Zentrum bei Um- und Neuplanung­en, so Grünen-Stadtrat Deniz Anan. „Bei meiner ersten Fahrraddem­o 1991 wäre es nie möglich gewesen, dass 550 Parkplätze wegfallen.“Die Einigung trage die Handschrif­t der Grünen – und Umverteilu­ng von Straßenrau­m bedeute, einem Verkehrsmi­ttel mehr Platz zu geben, dem anderen weniger. Die CSU will die Einigung hingegen nicht als Anti-Auto-Vertrag verstanden wissen. „Wir nehmen dem Auto nichts weg und machen es nicht madig“, so Stadtrat Matthias Fink. Die Bürger sollten selbst entscheide­n können, welches Verkehrsmi­ttel sie wählen. „Es ist völlig falsch, hier von einem Kampf gegen das Auto zu reden. Unsere Ziele sind ambitionie­rt, aber nicht radikal.“

Grundsatzk­ritik kam von der AfD. „Das ist eine typische Augsburger Entscheidu­ng: Die Zahl der Autos in der Stadt wächst, und wir nehmen Parkplätze weg“, so Markus Striedl. Das werde den Bedürfniss­en der Bürger nicht gerecht. Abgesehen davon werde eine Förderung des Radverkehr­s natürlich dazu führen, dass weniger Platz für Autos da sei. Von Gleichbere­chtigung könne keine Rede sein.

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Foto: Silvio Wyszengrad Ein Teil des Vertrags zwischen Stadt und Fahrradakt­ivisten ist die Einrichtun­g von mehr Radstellpl­ätzen.

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