Auch das Essen ist im Stadtrat ein Politikum
Nach der Klima-Sitzung gab es Ärger wegen Bergen von Pizzakartons. Nun war die Verpflegung höchst korrekt
Der Mensch ist, was er isst – schon der Philosoph Ludwig Feuerbach wusste im 19. Jahrhundert, dass Essen weit mehr ist als nur Nahrungsaufnahme. Essen ist, das zeigen die Debatten im Augsburger Stadtrat immer wieder, auch politisch. Wenn etwa über die Frage gestritten wird, wie hoch der Bio-Anteil am Schulessen sein soll. Die von Stadtrat Roland Wegner gegründete V-Partei fußt sogar ganz auf Essen – in diesem Fall rein vegan. Und natürlich ist es auch ein Politikum, was es während den Ratssitzungen zu essen gibt. Kürzlich hatte die schwarzgrüne Koalition sich da die Suppe sozusagen selbst versalzen – mit einer Pizza-Schlacht, ausgerechnet bei der Sondersitzung zum Klima.
Als der Stadtrat sich im Mai bis in die Nacht hinein die Köpfe heiß redete, hing vielen der Magen ziemlich am Boden. Umso willkommener war das Angebot von CSUFraktionschef Leo Dietz, für alle eine Pizza-Bestellung aufzugeben. Gut gemeint war es. Und geschmeckt hat es dem Vernehmen nach auch gut. Aber der Ärger war programmiert.
Berge von Pizzaschachteln – und das ausgerechnet an einem Tag, an dem es um die Frage geht, wie Augsburg dabei helfen kann, die Welt zu retten? Das passte nicht so richtig zusammen, ungefähr so schlecht wie Nutella und Mettwurst. Dazu kam auch noch anderer Ärger. Feinkost Kahn, der die Gastronomie in der Kongresshalle, wo der Stadtrat tagte, gepachtet hat, ging leer aus – und war dem Vernehmen nach sauer.
Bekanntlich wird aber nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird – entsprechend schnell legte sich die Aufregung um die Pizzen auch wieder. Und man lernte daraus bei Stadt und Stadträten. Als der Stadtrat an diesem Donnerstag mal wieder eine ganztägige Sitzung hinlegte, sollte jeder satt werden, aber niemand ein Haar in der Suppe finden. Feinkost Kahn kochte auf Vorbestellung ein politisch höchst korrektes veganes rotes Thai-Curry mit Asia-Gemüse und Reis. Es soll zwar Stadträte gegeben haben, die lieber schnell zum Italiener flitzen und doch Pizza aßen. Aber Stadtrat Roland Wegner, der seine Kolleginnen und Kollegen mit Eifer von den Vorteilen veganer Ernährung überzeugen will, jubilierte schon im Vorfeld über die Speisenauswahl. „Es freut mich, dass offensichtlich meine letzten themenbezogenen Wortbeiträge im Stadtrat zur Einsicht führten“, schrieb er umgehend an die Stadt.
Luft nach oben gibt es aber bekanntlich immer. Und so arbeitet Wegner nun daran, dass die beliebten Butterbrezen, die in den Sitzungen gereicht werden, künftig mit veganer Butter auf Sojabasis bestrichen werden – denn Butter, darauf weist er hin, sei noch klimaschädlicher als Fleisch. Was die anderen Stadträte dazu wohl sagen? Oder, um im Bild zu bleiben: Wer da wohl alles seinen Senf dazu geben wird?