Zeqiri und die zweite Chance
Der Schweizer stand schon vor seinem Wechsel nach England mit dem FCA in Kontakt. Nun hat es geklappt. Was der 22-jährige Stürmer bei den Augsburgern vorhat
Manchmal geht alles ganz schnell. Am Donnerstagabend war Andi Zeqiri erst in Augsburg eingetroffen, am Freitag trainierte er erstmals beim FCA mit, am Samstag wurde er beim 0:0 in Berlin eine halbe Stunde vor Schluss eingewechselt. Keine Eingewöhnungszeit, gleich rein in die Bundesliga. Für Zeqiri kein Problem. Überrascht sei er nicht gewesen. „Ich bin immer bereit für die Herausforderung. Der Trainer hat Vertrauen in mich“, meint der Stürmer.
Das hat Markus Weinzierl in der Tat. Beide hatten sich kurz vor der perfekt gemachten Ausleihe in einem Videocall unterhalten. Zeqiri war vor einem Jahr nach Brighton in die englische Premier League gewechselt. Schon damals hatte der FCA großes Interesse an ihm. Zeqiri aber entschied sich für England. „Die Premier League war ein Traum für mich“, sagt der 22-Jährige. Und: „Das ist jetzt meine zweite Chance hier.“Die will er nutzen. Er braucht Spielpraxis, die hatte er in Brighton nicht immer. Auf 13 Partien kam er in der vergangenen Saison dort, ein Treffer gelang ihm. Zeqiri aber möchte mehr. Er will regelmäßig spielen, regelmäßig treffen, er will sich entwickeln. Diese Chance bietet ihm der FCA. „Wir sind von ihm überzeugt. Er ist ein
Spielertyp, den wir mit seiner Schnelligkeit und seinem guten linken Fuß brauchen können“, meinte Markus Weinzierl nach dem torlosen Remis bei Union Berlin. Da hatte Zeqiri bereits eine gute Möglichkeit auf seinen ersten Treffer, schoss aber am Tor vorbei. Es wäre der Traumeinstand gewesen. „Ein Punkt war okay, wir hätten aber auch gewinnen können“, sagt er.
Die vergangenen Wochen seien anstrengend gewesen. Erst das Ende der Transferphase mit dem letztlichen Leihgeschäft nach Augsburg. Dann die erstmalige Nominierung für die Schweizer Nationalmannschaft. „Das war ein Traum“, sagt der 22-Jährige. Da Zeqiri neben der Schweizer auch die Staatsangehörigkeit des Kosovo besitzt, kamen von dort in den vergangenen zwei Jahren regelmäßige Anfragen. Der Kosovo hätte den Linksfuß gerne im Team gehabt. Zeqiri entschied sich aber für die Schweiz. „Die Schweiz hat mir viel gegeben, jetzt will ich etwas zurückgeben“, erklärt er.
Zeqiri ist in Lausanne aufgewachsen, im französischsprachigen Teil der Schweiz. Deutsch spricht er nicht. Italienisch versteht er gut, beim Reden tut er sich schwer. Englisch hat er in seiner Zeit in Brighton gelernt. Für einen Schweizer Spieler sind Fremdsprachen wichtig. Im Nationalteam ist Deutsch die Hauptsprache, es gibt aber auch etliche französischsprachige Akteure. Im Betreuerteam sind viele Italiener. Die Verständigung aber sei kein Problem. „Auf dem Feld versteht man alles sofort“, sagt der 22-Jährige. Und: „Unser Trainer spricht ein bisschen englisch.“Murat Yakin hat die Nationalmannschaft im August übernommen. Zeqiri kennt ihn noch aus seiner Zeit in der Schweizer Liga, als Yakin in Sion und Schaffhausen trainierte.
Auch in Augsburg kommt Zeqiri mit Englisch zunächst gut zurecht. „Mit Ruben spreche ich englisch, mit ihm war ich ja auch schon beim Nationalteam. Viele Spieler sprechen englisch, da kann ich mich schnell einfinden“, meint er. Er verspricht aber auch: „Ich werde jetzt intensiv deutsch lernen, das brauche ich hier beim FCA und im Nationalteam.“Er unterstreicht das mit einem heftigen Nicken.
Zeqiri sitzt im VIP-Bereich der WWK-Arena. Er trägt ein ärmelloses Shirt. Es ist Mittagszeit, die erste Einheit des Tages ist vorbei. Zeqiri ist guter Laune. Er freut sich, hier in Augsburg zu sein. „Ich bin sehr glücklich. Die letzten Wochen waren anstrengend. Ich hatte etliche Möglichkeiten, habe mich aber sofort für Augsburg entschieden. Der Trainer und das Team haben mich gut empfangen“, sagt er. Er soll die Offensive beleben, das wird von ihm erwartet. Tore soll er erzielen, das erwartet er auch von sich selbst. Er habe ein klares Ziel im Kopf, eine Anzahl an Treffern, die ihm gefallen würde. Verraten möchte er die nicht. „In erster Linie möchte ich dem Team helfen“, sagt er. Um in der Liga zu bleiben. Zeqiri weiß, worum es beim FC Augsburg in erster Linie geht.
Sein erstes Jahr in England sei sehr lehrreich gewesen, bei Brighton hat er einen Vier-JahresVertrag unterschrieben. Nun möchte er das Gelernte während der Ausleihe nach Augsburg in der Bundesliga umsetzen. „Die Ligen sind ähnlich. Du musst im Kopf bereit sein. Wenn du glaubst, hier ist es einfacher, klappt es nicht“, sagt er. Sein erstes Spiel von Beginn an könnte am Samstag (15.30 Uhr) gegen Borussia Mönchengladbach sein. „Das wird kein leichtes Spiel, wir müssen zusammen kämpfen“, fordert er.
Eine wichtige Station war für ihn bei Juventus Turin. Er war 2016/17 dort im Nachwuchsbereich, durfte aber auch bei den Profis mittrainieren. Bei Spielern wie Leonardo Bonucci oder Giorgio Chiellini. Beide hatte er zuletzt beim Spiel der Schweiz gegen Italien wieder getroffen. Gerade in Sachen Mentalität hat er in Italien viel gelernt. „Als Kind denkt man, Talent alleine reicht. Das reicht aber nicht. Es ist viel harte Arbeit, man muss viel opfern“, sagt Andi Zeqiri.