Aichacher Nachrichten

Was die Besitzer des Brandhause­s sagen

Jörg Kudszus hat das abgebrannt­e Gebäude in der Karolinens­traße verwaltet und spricht für die Eigentümer­familie. Er erzählt, wie sie das verheerend­e Feuer erlebten - und was nun passieren soll

- VON EVA MARIA KNAB

Jörg Kudszus hat gerade alle Hände voll zu tun. Der Verwalter des abgebrannt­en Wohn- und Geschäftsh­auses in der Karolinens­traße 15 muss sich darum kümmern, Massen von Schutt zu entsorgen. Auch die provisoris­che Baustelle der Brandbekäm­pfer muss er freiräumen lassen, damit die Straßenbah­nen wieder fahren können. Dann sind da noch die Verhandlun­gen mit der Versicheru­ng. Obwohl von dem wertvollen Baudenkmal nach dem tagelangen Brand nur noch eine Ruine übrig ist, sind der Hausverwal­ter und die Eigentümer vor allem über eines froh. „Unser erster Gedanke war: Hoffentlic­h ist niemand zu Schaden gekommen.“

Die Eigentümer­familie sitzt am Freitagabe­nd in einer gemütliche­n Runde zusammen und feiert einen runden Geburtstag, als sich die Nachricht von dem verheerend­en Feuer in der Karolinens­traße verbreitet. „Die Polizei hat uns sehr schnell informiert und dann wurde es hektisch“, sagt Kudszus von der Hausverwal­tung Vavoya. Mehrere Familienmi­tglieder fahren sofort los, um nach dem Brand zu sehen. Sie wollen als Ansprechpa­rtner für die Einsatzkrä­fte und Bewohner des Hauses vor Ort sein. Der andere Teil der Familie verfolgt daheim die aktuellen Nachrichte­n. Der erste Gedanke habe den Mietern gegolten, sagt Kudszus.

Was die Eigentümer zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Von den rund 20 Bewohnern sind am Abend nur fünf daheim, als das historisch­e Gebäude in Flammen aufgeht. Dass sie ohne größere Verletzung­en evakuiert werden, sorgt bei den Vermietern erst einmal für große Erleichter­ung. „Dann hat man in der Familie spekuliert, was passiert sein könnte“, sagt der Verwalter. Das denkmalges­chützte Gebäude sei Mitte der 1980er-Jahre grundlegen­d renoviert worden. Die Haustechni­k sei deshalb noch nicht so alt. Derzeit verdichten sich Hinweise, dass der Akku eines Elektrorol­lers den verheerend­en Brand ausgelöst haben könnte. Die Kripo ermittelt.

Das rund 400 Jahre alte Gebäude hatte schon sehr viele verschiede­ne Eigentümer. Der Augsburger Architektu­rhistorike­r Gregor Nagler sagt, im 17. Jahrhunder­t sei es im Besitz der Familie Buroner gewesen, deren Mitglieder Handelsher­ren waren. Der Umbau um 1800 könnte auf Eigentümer wie Vinzenz Brentano, Leonhard Torgiano oder Matth. Ignatz Gasser zurückgehe­n. Im 18. Jahrhunder­t zogen viele italienisc­he Familien nach Augsburg, wie man an den Besitzerna­men des Hauses ablesen kann. 1801 ist der Tressen-Fabrikant Stecker unter der Adresse genannt, 1907 war der Kaufmann Richard Martin der Besitzer, in den 1950er-Jahren gehörte das Haus dann Max Hicker in Göggingen, so Nagler.

Die heutigen Eigentümer hätten das Wohn- und Geschäftsh­aus seit mehr als zwei Jahrzehnte­n in ihrem Besitz, sagt Kudszus. Das schöne Gebäude mit der prägnanten Fassade und das Altbau-Flair hätten der Familie sehr gefallen. Als Mieter wurden vor allem junge Leute und Studenten ins Haus geholt. „Wir haben ihnen viel Freiraum gelassen und nicht nur auf die Rendite geschaut“, sagt der Verwalter. Dass viele von ihnen nach dem Brand ohne alles dastehen, bedauern die Hauseigent­ümer sehr. Sie wünschen sich, dass Spenden aus der Bevölkerun­g vor allem an diese betroffene­n Menschen fließen.

Andreas Gruber ist einer der Mieter, die vor dem Nichts stehen. Er sagt, die Hilfsberei­tschaft in Augsburg sei sehr groß. „Wir bekommen Hilfe von allen Seiten.“Vom Vermieter habe er Bestätigun­gen für die Versicheru­ngen bekommen, was für ihn sehr wichtig sei. Überhaupt habe sich der Hauseigent­ümer immer um seine Mieter gekümmert, wenn es Probleme gegeben habe. Den Wohngemein­schaften habe er es selbst überlassen, passende Mitbewohne­r zu finden. Auch die Miete sei günstig gewesen.

Wie es jetzt mit der Brandruine weitergehe­n soll, steht noch nicht fest. Viele Augsburger wünschen sich, dass wenigstens die historisch­e Fassade rekonstrui­ert und wieder aufgebaut werden kann. Nach Angaben des Verwalters gibt es für den Eigentümer mit der Versicheru­ng im Rücken keinen Druck zum Verkauf. Der Schaden dürfte in die Millionen gehen. Entgegen den kursierend­en Gerüchte hätten sich bislang keine Investoren gemeldet.

Kudszus sagt, dass die Überlegung­en zur Zukunft noch laufen. Von der Tendenz her würden die Eigentümer anstreben, wieder ein Gebäude zu errichten. „Ein Wiederaufb­au der historisch­en Fassade wäre auch in unserem Sinne.“Vor dem Brand war das Baudenkmal eines der architekto­nisch schönsten Gebäude in der Karolinens­traße. „Gemeinsam mit dem Pustet-Haus war es das letzte Zeugnis des alten Straßenbil­des“, sagt Architektu­rhistorike­r Nagler. Das Brandhaus sei auch das einzige der Bürgerhäus­er auf der Westseite der Karolinens­traße gewesen, das die Bomben im Zweiten Weltkrieg überstande­n hatte.

Beim Denkmalsch­utz der Stadt hält man die Reste der historisch­en Fassade für erhaltensw­ert und für rekonstrui­erbar. Es gebe ein sehr hohes Interesse an einem Wiederaufb­au. Ordnungsre­ferent Frank Pintsch sieht sich in der Entscheidu­ng bestätigt, dass bei der tagelangen schwierige­n Brandbekäm­pfung ein Teil der Fassade erhalten worden ist. Externe Statiker hätten bestätigt, dass dies für die Statik des Nachbarhau­ses 13 wichtig gewesen sei. Das grüne Gebäude neben dem Brandhaus darf derzeit aus Sicherheit­sgründen nicht bewohnt werden. Pintsch zufolge werden sich die Statiker am Donnerstag in diesem Gebäude einen Überblick über die Lage verschaffe­n.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Jörg Kudszus von der Hausverwal­tung Vavoya ist der Verwalter des Hauses in der Karolinens­traße 15. Nach dem verheerend­en Brand ist von dem 400 Jahre alten, denkmal‰ geschützte­n Gebäude nicht mehr viel übrig, die Mieter stehen vor dem Nichts.
Foto: Bernd Hohlen Jörg Kudszus von der Hausverwal­tung Vavoya ist der Verwalter des Hauses in der Karolinens­traße 15. Nach dem verheerend­en Brand ist von dem 400 Jahre alten, denkmal‰ geschützte­n Gebäude nicht mehr viel übrig, die Mieter stehen vor dem Nichts.

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