„Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten“
Die Linken fordern einen deutlichen Kurswechsel und greifen die FDP scharf an
Vor etwa 300 Zuhörern und Zuhörerinnen haben die Linken am Dienstagabend auf dem Moritzplatz ihre zentrale Wahlkampfveranstaltung in Augsburg abgehalten. Parteivorsitzende Janine Wissler forderte einen Kurswechsel in der Sozial-, Gesundheits- und Steuerpolitik, der nur mit einer Linken-Beteiligung an der Bundesregierung möglich sei. Die Linken hoffen vor allem auf Zweitstimmen, um dem Augsburger Kandidaten Frederik Hintermayr den Einzug in den Bundestag zu ermöglichen. Er steht auf der Landesliste auf Platz 8. Damit es für ihn reicht, müssten die Linken in Bayern noch zulegen.
„SPD und Grüne fordern auf ihren Wahlplakaten Dinge wie höheren Mindestlohn und bezahlbares Wohnen. Aber wie lange will die SPD denn noch mitregieren, um das durchzusetzen?“, fragte Wissler.
Die am Dienstag vom Kabinett verabschiedete Erhöhung der HartzIV-Sätze um drei Euro sei eine Schande. „Hartz IV ist Armut per Gesetz“, so Wissler, die eine grundsätzliche Reform forderte. Auch die Mindestlohn-Erhöhung vor zwei Wochen um zehn Cent auf 9,60 Euro sei unzureichend. Die Linken fordern in ihrem Wahlprogramm 13 Euro.
Nicole Gohlke, Spitzenkandidatin in Bayern, griff die FDP scharf an. Steuererleichterungen für Wohlhabende, bei denen der Staat am Ende weniger Geld habe, seien Klientelpolitik am Allgemeinwohl vorbei. „Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten“, so Gohlke. Die Coronapandemie habe die soziale Spaltung der Gesellschaft noch vertieft. Abgeordnete Susanne Ferschl (Kaufbeuren) warb für eine Mietendeckelung. Das Thema sei gerade in Augsburg, wo die Mieten in den vergangenen Jahren massiv stiegen, akut. Ferschl wies darauf hin, dass es in Augsburg – statistisch die ärmste Stadt Bayerns – viele arme Rentner und Beschäftigte im Niedriglohnsektor gebe.
Hintermayr, der gelernter Krankenpfleger ist, forderte eine Stärkung der Pflege. Das Fallpauschalensystem, das feste Vergütungen für bestimmte Behandlungen vorsieht, statt tatsächliche Verläufe zu berücksichtigen, gehöre abgeschafft. „Wichtig ist, dass die Patienten gesund werden und nicht, dass Kliniken Gewinne erwirtschaften“, so Hintermayr. Diese gehörten zur Daseinsvorsorge, genauso wie Polizei und Feuerwehr. „Wer käme auf die Idee, dass diese Institutionen Gewinne erwirtschaften sollen“, so Hintermayr.
Die Linken hatten ihre Veranstaltung ursprünglich auf dem Rathausplatz abhalten wollen, wegen der noch laufenden Arbeiten in der Karolinenstraße nach dem Brand wurde der Ort aber verlegt. Der nächste Wahlkampfauftritt in Augsburg steht am Freitag um 15.30 Uhr an. Unions-Kandidat Armin Laschet spricht dann auf dem GaswerkAreal.