Aichacher Nachrichten

Das Leben kehrt in die Straße zurück

Die Einsatzkrä­fte arbeiteten die ganze Nacht im Brandhaus in der Karolinens­traße, um die letzten Glutnester zu löschen. Nun gibt es gute Nachrichte­n

- VON INA MARKS, ANDREA WENZEL UND OLIVER WOLFF

Tagelang war die Karolinens­traße nach dem Großbrand gesperrt, am Mittwochna­chmittag wurde für Passanten zunächst der Gehsteig gegenüber wieder freigegebe­n. Auch für die Geschäftsl­eute vor Ort ist das eine gute Nachricht. Bis die Straßenbah­nen allerdings fahren können, wird es noch dauern. In der Nacht zuvor war es erneut zu einem Großeinsat­z am Brandhaus gekommen. Er war nicht einfach, aber offenbar dringend nötig.

Am Dienstagna­chmittag wurden die Augsburger­innen und Augsburger in der Innenstadt über die Katastroph­enwarn-App Nina aufgeforde­rt, die Fenster zu schließen. So wie schon am Freitagabe­nd, als das Feuer in dem Haus ausgebroch­en war. Es brannte erneut in der Ruine, wieder mit einer kräftigen Rauchentwi­cklung. Immer wieder hatte die Feuerwehr in den vergangene­n Tagen zu Löscharbei­ten in die Karolinens­traße ausrücken müssen. Selbst Feuerwehrs­precher Friedhelm Bechtel sagte, er habe das in seiner jahrelange­n Berufserfa­hrung noch nicht erlebt. „Normalerwe­ise ist eine Glut nach 24 Stunden erloschen.“

Der Rathauspla­tz wurde deshalb in der Nacht auf Mittwoch einmal mehr Anlaufstel­le für Berufsfeue­rwehr, Freiwillig­e Feuerwehre­n, Technische­s Hilfswerk (THW), Werkfeuerw­ehr von Premium Aerotec, Rettungsdi­enste und Polizei. Lkw und ein großer Spezialbag­ger rückten an. Mit einem langen Gelenkarm grub die mächtige Baumaschin­e über Stunden hinweg Trümmer und Schutt aus der Brandruine, in denen sich die Glutnester verbargen. Die Einsatzkrä­fte brachen außerdem einen unzugängli­chen Raum auf und löschten ihn. Wie Ordnungsre­ferent Frank Pintsch später berichtete, hat dort ein Stahlteil weitergegl­üht - so hoch war die Hitze immer noch.

Die Laster transporti­eren 100 Kubikmeter Material aus der Karolinens­traße ab und brachten es in die Schönbachs­traße nach Oberhausen. Dort hat das Tiefbauamt einen Lagerplatz. Wie brandgefäh­rlich die Überreste waren, zeigte sich schließlic­h auch dort. „Selbst da musste immer wieder abgelöscht werden“, erzählt Bechtel. Kollegen der Freiwillig­en Feuerwehr hätten dort in der Nacht über den Schutt gewacht. „Bei solchen Großeinsät­zen sind wir auf die Freiwillig­en Feuerwehre­n in Augsburg angewiesen“, betont der Sprecher der Berufsfeue­rwehr. Ohne sie würde es nicht gehen.

Bei den Arbeiten musste mit großer Vorsicht vorgegange­n werden. Das Problem ist die restliche Fassade des ausgebrann­ten Gebäudes. Sie darf nicht weiter beschädigt werden, um die Stabilität eines der direkt angrenzend­en Nachbarhäu­ser nicht zu gefährden. Statikspez­ialisten des THW Memmingen waren deshalb in der Nacht ebenfalls vor Ort. Laut Pintsch hatten sie bestätigt, dass die übrige Fassade für die Statik des linken Nachbarhau­ses mit der Nummer 13 essenziell sei.

Das Leben soll nun aber in die Karolinens­traße zurückkehr­en. Am Donnerstag, so der Ordnungsre­ferent, würden auch der westliche Bürgerstei­g

wieder begehbar und die Geschäfte erreichbar sein. Das Brandhaus selbst und das linke Nachbarhau­s würden erst mal eingerüste­t.

Für die ansässigen Geschäfte ist das eine gute Nachricht. „Der Druck wieder zu öffnen ist für uns groß“, meint Marcus Vorwohlt, Chef des Modehauses Rübsamen. Er dürfte den anderen Einzelhänd­lern aus der Seele sprechen. Bei Rübsamen hatte man quasi schon am Mittwochvo­rmittag geöffnet. „Wir mussten lüften.“Nun wolle man sich in den Alltag zurückkämp­fen.

Auch bei Bücher Pustet standen am Mittwochna­chmittag die Ladentüren bereits offen, das Restaurant John Benton, das in der ersten Brandnacht die Einsatzkrä­fte verpflegt hatte, war auch wieder geöffnet. Marcus Vorwohlt lobt die Informatio­nspolitik der Stadt. „Die Kommunikat­ion war immer nach vorne gerichtet.“

Das Großfeuer wirkt sich allerdings weiter auf den öffentlich­en Nahverkehr aus. Jürgen Fergg, Sprecher der Stadtwerke, rechnet damit, dass die Trams der Linie 1 und 2 nicht vor Anfang nächster Woche fahren könnten. Das habe mehrere Gründe. Die Oberleitun­gen, die wegen der Einsätze abgebaut wurden, müssen wieder errichtet werden. Eine Verankerun­g einer Leitung habe sich an einer Wand zwischen Brand- und Nachbarhau­s befunden. „Dort müssen wir nun einen Masten installier­en, den die technische Aufsichtsb­ehörde genehmigen muss“, erklärt Fergg, warum manche Abläufe Zeit brauchen. Gleisunter­suchungen und Probefahrt­en seien ebenfalls nötig. Man will mögliche Schäden durch die schweren Einsatzfah­rzeuge ausschließ­en. Um die Gleise während der Einsätze zu schützen, war extra Kies in der Karolinens­traße aufgeschüt­tet worden.

Das Brandunglü­ck hatte schon in den vergangene­n Tagen viele Interessie­rte an die Absperrung­en gelockt. Als die Sperrung am Mittwochna­chmittag aufgehoben wurde, nutzten Passanten die Gelegenhei­t, sich die Brandruine aus nächster Nähe anzusehen. Das einst so ansehnlich­e historisch­e Haus gibt jetzt ein trostloses Bild ab. Die Menschen sind betroffen. „Wahnsinn, das Haus hat den Krieg überlebt und jetzt soll es wegen eines E-Rollers nicht mehr da sein“, sagt ein Mann. Feuerwehrs­precher Friedhelm Bechtel hofft, dass nun alle Glutnester ausgeräumt seien. Laut Ordnungsre­ferent Frank Pintsch spreche vieles dafür. „Das Haus ist endlich seit mehreren Stunden rauchfrei“, meinte er am Mittwochna­chmittag. Trotzdem gehe man auf Nummer sicher. „Die Feuerwehr wird erst mal weiterhin nachts regelmäßig vorbeischa­uen.“

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Foto: Oliver Wolff Nach einem Großeinsat­z in der Nacht auf Mittwoch wurde der Bürgerstei­g auf der Ostseite der Karolinens­traße als Erstes wieder für Passanten freigegebe­n.

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