Nahverkehr braucht mehr Hilfe
Um die 40 Jahre hat es gedauert, bis aus den ersten Gedankenspielen zu einer Straßenbahn nach Königsbrunn im kommenden Dezember Realität wird. Die größte Stadt im Landkreis Augsburg bekommt dann endlich einen Schienenanschluss. Dass das Straßenbahnnetz in Augsburg dafür neu geordnet werden muss, ist kein Anlass für Aufregung. Fahrgäste auf Pfersee/Stadtbergen müssen sich umgewöhnen, aber das war’s auch schon. Dass sich, wie von den Stadtwerken in Aussicht gestellt, durch die Neustrukturierung auf der „Schul- und Hochschullinie“die Situation wesentlich entzerrt, kann man aber mit Skepsis sehen. Zusätzliche Fahrzeuge können bisher und auch künftig nicht eingesetzt werden, weil sich nichts daran ändert, dass der Abschnitt zwischen Königsplatz und Rotem Tor mit drei Linien voll ausgelastet ist.
Allerdings sind das alles Überlegungen, die mit der Realität der vergangenen eineinhalb Jahre wenig zu tun hatten. Das Nahverkehrsangebot ist nach wie vor reduziert, weil weniger Fahrgäste unterwegs sind. Und wann eine Rückkehr aufs alte Niveau wieder möglich sein wird, ist nach wie vor ungewiss. In eineinhalb Jahren haben sich Gewohnheiten und Lebensumstände (Homeoffice) der Fahrgäste vielleicht dauerhaft geändert.
Bisher haben die Verkehrsbetriebe ihr Taktangebot einigermaßen aufrechterhalten können. Fahrgäste kommen, wenn kein Lockdown herrscht, trotz Taktausdünnung relativ schnell an ihr Ziel, auch weil der Staat den Augsburger Nahverkehr aus dem ÖPNV-Rettungsschirm in den Corona-Jahren 2020 und 2021 voraussichtlich mit jeweils rund zehn Millionen Euro unterstützt. Vermutlich wird der Staat den deutschen Nahverkehrsbetrieben dauerhaft stärker unter die Arme greifen müssen, um ihnen aus der Corona-Krise zu helfen (andernfalls drohen dauerhaft Takt-Einschränkungen), aber auch, um den Klimaschutz voranzubringen.