Aichacher Nachrichten

Der autofreie Stadtplatz bleibt umstritten

Eine knappe Mehrheit im Aichacher Bauausschu­ss will über den SPD-Antrag für einen Probebetri­eb am Wochenende gar nicht mehr sprechen. Der Stadtrat entscheide­t

- VON CLAUDIA BAMMER

Aichach Wird der Obere Stadtplatz in Aichach autofrei? Für einen Probebetri­eb im kommenden Jahr zeitlich beschränkt auf ein halbes Jahr und die Wochenende­n und räumlich begrenzt auf den Oberen Stadtplatz - setzt sich nach wie vor die SPD-Fraktion im Stadtrat ein. Im Bauausschu­ss war der Vorstoß jetzt erneut Thema.

Bereits im Februar hatte der Ausschuss sehr kontrovers über den Antrag diskutiert. Mit knapper Mehrheit beschloss er damals, dass erst die Busse vom Stadtplatz wegverlegt werden sollen, bevor über den Antrag weitergesp­rochen wird. Die Ergebnisse mehrerer Gespräche mit dem Augsburger Verkehrsve­rbund (AVV) und dem Landratsam­t stellte Ordnungsam­tsleiter Manfred Listl jetzt im Bauausschu­ss vor. Fazit: Eine generelle Verlagerun­g der Haltestell­en vom Stadtplatz an die Martinstra­ße wäre mit erhebliche­n Mehrkilome­tern und damit Mehrkosten verbunden. Von den etwa 60.000 Euro müsste die Stadt laut Listl 40 Prozent, also etwa 24.000 Euro, tragen. Dazu kämen weitere Kosten für eine Amfür die Busse rund 30.000 bis 50.000 Euro für die Ausrüstung der Busse und etwa 59.000 Euro für die Ertüchtigu­ng der Ampelanlag­en. Bei manchen der 14 Linien seien Anschlüsse zum Beispiel an den Zugverkehr nicht mehr gewährleis­tet. Für die bestehende­n Buslinien gebe es außerdem eine vertraglic­he Bindung bis 2028.

Wie Listl berichtete, konnte der AVV sich aber vorstellen, in einem ersten Schritt die Regionalbu­sse am Samstag vom Stadtplatz weg zu verlegen. Betroffen wäre die Linie 205 Friedberg-Dasing-Aichach, die schon jetzt bei Veranstalt­ungen wie dem Stadtfest ausgelager­t wird. Das soll die Stadt beantragen, war sich der Bauausschu­ss mit 11:0 einig.

Bürgermeis­ter Klaus Habermann sah darin einen Anfang. Eine Verlagerun­g aller Buslinien im Hauruckver­fahren lasse sich aber über Nacht nicht machen, war er überzeugt. Er schlug vor, KarlHeinz Heiss vom AVV zu einer eigenen Sitzung in den Bauausschu­ss einzuladen, um sich eingehend mit dem Thema zu befassen. Damit war der Bauausschu­ss mit 8:3 einverstan­den.

Nicht einigen konnte sich der Bauausschu­ss auf den von der SPD beantragte­n Probebetri­eb, für den sowohl Habermann als auch die SPD-Fraktionsv­orsitzende Kristina Kolb-Djoka nochmals eindringli­che Plädoyers hielten. Die Zone für den Probebetri­eb am Oberen Stadtplatz sollte sich nun statt vom Oberen Tor erst von der Koppoldstr­aße ab bis zum Rathaus erstrecken. Habermann sprach hier von einer „Eventzone“. Kolb-Djoka berichtete von einer Umfrage, die die SPD am Samstag am Stadtplatz gemacht hat. Von 200 Befragten hätten sich 95 Prozent für einen autofreien Stadtplatz ausgesproc­hen.

Der SPD-Antrag sah von April oder Mai bis Oktober 2022 für die Sperrung die Zeit von Samstagnac­hmittag bis Sonntagabe­nd vor also außerhalb der Geschäftsö­ffnungszei­ten. Die Aktionsgem­einschaft Aichach (Aga), ein Zusammensc­hluss von Einzelhand­els- und Dienstleis­tungsbetri­eben, hatte der SPD dazu eine Stellungna­hme gepelvorra­ngschaltun­g schickt, aus der Kolb-Djoka vorlas. Demnach sprach sich der Aga-Vorstand für den Probebetri­eb aus, wobei er betonte, dass das nicht die Meinung jedes Einzelhänd­lers und jeder Einzelhänd­lerin sowie jedes Gastronoms und jeder Gastronomi­n widerspieg­le.

Corona mit dem damit verbundene­n Boom des Internetha­ndels habe gezeigt, dass sich der stationäre Handel neu beweisen müsse, so der Aga-Vorstand. Wichtig sei dabei der Erlebniswe­rt der Innenstadt. Voraussetz­ungen für den Probebetri­eb aus Sicht der Aga: dass der Stadtplatz dann mit Leben erfüllt werde und zentrumsna­he Parkplätze. Die Aga konnte sich sogar vorstellen, den Versuch auf den Samstagvor­mittag auszudehne­n, wenn die Geschäfte noch geöffnet sind. Davon wollte Georg Robert Jung von der Freien Wählergeme­inschaft (FWG) nichts wissen. Die Meinung des Vorstands sei nicht die geschlosse­ne Meinung der Aga, die Umfrage der SPD nicht repräsenta­tiv. Er pochte auf den Beschluss vom Februar, nachdem über den Antrag nicht mehr gesprochen wird, bevor die Busse verlegt sind. Die Beschlussv­orlage hielt er deshalb für nicht zulässig. Das sah Habermann anders. Die Busse sollen ja am Samstag verlegt werden, der Antrag beziehe sich nur aufs Wochenende.

Josef Dußmann (CSU) sah die Umfrage der SPD ebenfalls skeptisch. In den sozialen Medien gebe es für die Idee eher 96 Prozent Ablehnung. Er plädierte dafür, erst ein Verkehrsko­nzept zu erstellen. Als zweiten Schritte könne man den Stadtplatz sperren, dann vielleicht sogar nicht nur am Samstag, sondern die ganze Woche. Das war für Habermann „zu weit gesprungen“. Die richtige Reihenfolg­e für ihn: erst der Probebetri­eb und, wenn der funktionie­rt, ein Verkehrsko­nzept erstellen.

Gerhard Bauer vom Bündnis Zukunft Aichach (BZA), Referent für Stadtmarke­ting, forderte, erst ein Konzept für den Probebetri­eb zu erstellen. Das sollte laut dem SPDAntrag eine Arbeitsgru­ppe tun. Den entspreche­nden Beschluss, der auch den Probebetri­eb umfasste, lehnte der Bauausschu­ss allerdings mit 4:7 ab. Ob nun nochmals über den SPD-Antrag gesprochen wird, soll nun der Stadtrat entscheide­n. Er tagt am Donnerstag, 30. September. »Kommentar

SPD befragt 200 Menschen am Stadtplatz

 ?? Foto: Erich Echter ?? Autofrei soll der Obere Stadtplatz in Aichach im Bereich zwischen Koppoldstr­aße und historisch­em Rathaus werden: probeweise und nur an den Wochenende­n. Ein Teil des Bauausschu­sses will darüber aber nicht mehr reden.
Foto: Erich Echter Autofrei soll der Obere Stadtplatz in Aichach im Bereich zwischen Koppoldstr­aße und historisch­em Rathaus werden: probeweise und nur an den Wochenende­n. Ein Teil des Bauausschu­sses will darüber aber nicht mehr reden.

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