Aichacher Nachrichten

Ermittlung­en gegen stern TV

Im Heilprakti­ker-Prozess hat die Staatsanwa­ltschaft die Journalist­en im Visier

- VON ANDREAS MÜLLER

Schrobenha­usen Im Prozess gegen eine Schrobenha­usener Heilprakti­kerin und einen Ingolstädt­er Unternehme­r vor dem Landgerich­t Ingolstadt sollen am Mittwoch kommender Woche die Videos im Gerichtssa­al abgespielt werden, die stern TV mit versteckte­r Kamera in der Praxis der Heilprakti­kerin aufgenomme­n hat. Das war aber nicht die einzige interessan­te Mitteilung bei der Verhandlun­g am Mittwoch.

Den Angeklagte­n wird in erster Linie gewerbsmäß­iger Betrug vorgeworfe­n, weil sie das laut Anklage wirkungslo­se Präparat BG-Mun als Heilmittel gegen Krebs und andere schwere Krankheite­n verkauft haben sollen. Daneben müssen sich beide aber auch wegen Verstößen gegen das Arzneimitt­elgesetz verantwort­en. Dazu sollten am Mittwoch zwei Gutachter vom Bayerische­n Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it Auskunft geben. Doch schon der erste war nicht gut vorbereite­t.

Vier Wochen lang habe man sich eingehend mit BG-Mun befasst, betonte der Sachverstä­ndige. Vor allem Zucker, Wasser, Aminosäure­n und Proteine habe man in BG-Mun gefunden. Insgesamt seien neun Proben vom Landesamt untersucht worden: Fünf habe ihnen die Polizei zugeleitet und vier die Regierung von Oberbayern, die diese wiederum von der stern-TV-Reporterin, die die heimlichen Aufnahmen gemacht hat, erhalten habe. Die Proben hätten „keine signifikan­ten Unterschie­de“aufgewiese­n, berichtete der Gutachter.

Zur eigentlich­en Frage, ob BGMun als genehmigun­gspflichti­ges Arzneimitt­el einzustufe­n sei, kam man dann nicht mehr. Die Verteidige­r warfen dem Beamten nämlich methodisch­e und vor allem formelle Fehler vor, weil er in seinem Gutachten auf Anlagen Bezug genommen, diese aber nicht beigefügt hat. „Es kann nicht meine Aufgabe sein, mir die Anlagen zusammen zu suchen“, sagte Verteidige­r Stefan Roeder sichtlich verärgert. Die Sachverstä­ndigen sind nun für Mitte November

abermals geladen. Vor den Sachverstä­ndigen hatte eine Vertreteri­n der Regierung von Oberbayern ausgesagt, sie habe die Proben von der stern-TV-Reporterin angenommen und unveränder­t an das Landesamt weitergele­itet. Ihre Behörde selbst habe keine weiteren Maßnahmen ergriffen, „weil die Kripo ermittelt hat“, sagte die 64-jährige Apothekeri­n. Dieser Punkt wurde nicht weiter erörtert, ist aber deshalb interessan­t, weil die Bezirksreg­ierung als Aufsichtsb­ehörde des Landratsam­ts in die Entscheidu­ng eingebunde­n gewesen sein müsste, ob Renate G. weiter praktizier­en darf. Und dann verwies die Apothekeri­n noch auf ein Strafverfa­hren gegen den angeklagte­n Unternehme­r aus dem Jahr 2016, in dem dieser wohl einen Strafbefeh­l erhalten und akzeptiert hat. Auch damals ging es offenbar um BGMun. Offen blieb allerdings, ob das damalige Präparat mit dem heutigen identisch ist. Im weiteren Verlauf des Prozesses wird dies sicher noch vertieft beleuchtet.

Genau wissen wollten die Verteidige­r der Heilprakti­kerin, welche Rolle die stern-TV-Reporterin bei der Untersuchu­ng der BG-MunProben gespielt hat. Einer der drei Verteidige­r bezeichnet­e sie sogar als die „heimliche Choreograf­in“des Prozesses. Ob denn die Staatsanwa­ltschaft mittlerwei­le Schritte gegen die Reporterin wegen der heimlich aufgenomme­nen Videos eingeleite­t habe? Am Montag habe er Ermittlung­en gegen sie und ihren Kameramann in Gang gesetzt, antwortete Staatsanwa­lt Christian Reichert.

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Foto: Kaya Im Schrobenha­usener Heilprakti­ker‰ Prozess ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen ein stern‰TV‰Team.

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