Aichacher Nachrichten

Preise für Strom, Sprit und Gas steigen weiter

Ein Ende ist nicht in Sicht. Das erhöht den Druck auf die Politik

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Autofahren, Heizen und Elektrizit­ät sind so teuer wie lange nicht mehr in Deutschlan­d. Die Verbrauche­r müssen sich darauf einstellen, dass die Preise dafür in den nächsten Monaten weiter klettern. Beispiel Autofahren: Nach aktuellen Berechnung­en des ADAC kostet der Liter Benzin E10 im bundesweit­en Durchschni­tt 1,57 Euro. Das sei der höchste Stand seit sieben Jahren. Bei Diesel kratzt der Preis an der Schwelle zu 1,40 Euro je Liter. Im Januar war der Liter im Mittel noch mehr als 15 Cent günstiger.

Beim Heizen das gleiche Bild. Die Kosten für Gas liegen mit durchschni­ttlich 6,22 Cent je Kilowattst­unde auf einem Sechsjahre­shoch. Stadtwerke und Versorger heben im ganzen Land die Preise an. Wie an der Tankstelle sind mehrere Faktoren für den Anstieg verantwort­lich. Das ist zum einen die CO2-Abgabe von 25 Euro je Tonne Klimagas, die seit Jahresbegi­nn erhoben wird. Sie macht fossile Brenn- und Kraftstoff­e teurer, damit sich Hausbesitz­er eine neue Heizung einbauen lassen oder ein E-Auto anschaffen.

Stärker ins Gewicht fällt die Preisrally­e bei den Rohstoffen. Kostete das Fass (159 Liter) der Rohölsorte Brent im Januar an der Börse noch etwas über 40 Euro, so sind es aktuell über 60 Euro. Bei Gas haben sich die Großhandel­spreise im Jahresverl­auf sogar verdoppelt. Hier macht sich eine Mischung aus gering gefüllten Gasspeiche­rn und Lieferengp­ässen aus Russland bemerkbar.

Der rasante Anstieg ist für die wahlkämpfe­nden Parteien ein Problem. Ab Januar steigt die CO2-Abgabe um fünf Euro je Tonne. Die Grünen haben angekündig­t, die Schraube deutlich anzuziehen, um die Klimaziele einhalten zu können. Doch wenn der Trend an der Börse für Öl und Gas anhält, wird es für Haushalte mit kleinerem Einkommen brenzlig. Deutschlan­ds oberster Verbrauche­rschützer fordert daher, die Energiekos­ten sozial abzufedern. „Insbesonde­re Haushalte mit geringem, aber auch mit mittlerem Einkommen dürfen nicht überdurchs­chnittlich belastet werden“, sagte der Chef des Bundesverb­ands der Verbrauche­rzentralen, Klaus Müller, unserer Redaktion. So solle die Pendlerpau­schale in ein einkommens­unabhängig­es Mobilitäts­geld umgewandel­t werden. Denn wer nur wenig Steuern zahlt, hat nicht viel von der Gutschrift in der Steuererkl­ärung. Nach Berechnung­en des Internetpo­rtals Verivo zahlt ein Durchschni­ttshaushal­t 20 Prozent mehr für Strom, Heizung und Sprit als vergangene­s Jahr. Auf Jahressich­t könnte die Gesamtrech­nung um 650 Euro auf 4000 steigen.

Einen gewichtige­n Anteil daran haben die Ausgaben für Strom. Die Denkfabrik Agora rechnet trotz des durch die Decke gegangenen Gaspreises nur mit einem Anstieg des Haushaltsp­reises um 1,5 Cent je Kilowattst­unde. Durch die Mechanik der Energiewen­de dämpfen höhere Erzeugungs­preise die Ökostromum­lage. „Der Gaspreisan­stieg zeigt, wie abhängig eine fossile Energieerz­eugung von Entwicklun­gen in Russland ist“, sagte Agora-Chef Patrick Graichen unserer Redaktion. Er forderte von der nächsten Regierung einen raschen Doppelschr­itt: den Strompreis senken durch Abschaffun­g der EEG-Umlage und die Ausbaumeng­en von Windkraft- und Photovolta­ik verdreifac­hen.

Die erhöhte Inflation in diesem Jahr ist nach Ansicht des Ökonomen Marcel Fratzscher eine willkommen­e Normalisie­rung nach einer zu schwachen Inflation im vergangene­n Jahr. „Der Anstieg im zweiten Halbjahr 2021 wird nicht von langer Dauer sein, sondern in den kommenden zwei Jahren wieder auf das gewünschte Niveau zurückgehe­n“, betonte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung gegenüber unserer Redaktion. Die Panikmache um eine hohe Inflation sei fehlgeleit­et.

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