Aichacher Nachrichten

Völlig überzogene Aktion der Ermittler

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger‰allgemeine.de

Die Ermittlung­en gegen Staatssekr­etär Wolfgang Schmidt bergen einigen Sprengstof­f. Für Schmidt und seinen Chef, den Bundesfina­nzminister und SPDKanzler­kandidaten Olaf Scholz. Vor allem aber für das Verhältnis zwischen Justiz und Politik.

Schmidt ist ein umtriebige­r Mann mit einem schnellen Twitter-Finger. Aber er ist keiner, der leichtfert­ig Dinge tut. Der Hamburger hat Rechtswiss­enschaften studiert, sein zweites juristisch­es Staatsexam­en abgelegt. Es darf also unterstell­t werden, dass er über Paragrafen und Gesetze Bescheid weiß. Mag sein, dass er sich trotzdem geirrt und Dinge veröffentl­icht hat, die noch nicht für die Öffentlich­keit bestimmt sind. Aber mal ehrlich: Rechtferti­gen ein paar Sätze aus einem Durchsuchu­ngsbeschlu­ss, den Laien ohnehin nicht verstehen, diese Welle, die von der Staatsanwa­ltschaft Osnabrück da angeschobe­n wurde? Nein, tun sie nicht. Die Wahrheit ist: Wäre gerade kein Wahlkampf, hätte sich niemand für Schmidts Tweet interessie­rt. Er hätte vielleicht intern einen mahnenden Klaps auf die Finger bekommen. Damit wäre die Sache aber auch erledigt gewesen.

Die von einem CDU-Mann geleitete Staatsanwa­ltschaft Osnabrück muss sich fragen lassen, ob sie angemessen gehandelt hat. Schmidt hat keine Staatsgehe­imnisse durchgesto­chen, womöglich wäre hier ein milderes Mittel geeigneter gewesen als die Einleitung eines Verfahrens. Denn gerade in einem Bundestags­wahlkampf, noch dazu in einem solch knappen Rennen wie in diesem Jahr, müssen die Justizbehö­rden besondere Sorgfalt walten lassen. Tun sie es nicht, setzen sie sich dem bösen Verdacht aus, Einfluss auf den Ausgang der Wahl nehmen zu wollen. Sollte sich der Eindruck festsetzen, die Justiz sei politisch, ist das gefährlich. Noch ist es in Deutschlan­d nicht so weit, das muss aber auch so bleiben.

Aber auch die Politiker aus den gegnerisch­en Lagern müssen sich am Riemen reißen. Vor allem bei Union und FDP haben sich einige Fachleute zu Wort gemeldet, die scharfe Kritik an Schmidt und Scholz äußern, es aber besser wissen. Schließlic­h steht bislang erst ein Anfangsver­dacht im Raum. Und der kann sich ganz schnell in Luft auflösen.

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