Völlig überzogene Aktion der Ermittler
Die Ermittlungen gegen Staatssekretär Wolfgang Schmidt bergen einigen Sprengstoff. Für Schmidt und seinen Chef, den Bundesfinanzminister und SPDKanzlerkandidaten Olaf Scholz. Vor allem aber für das Verhältnis zwischen Justiz und Politik.
Schmidt ist ein umtriebiger Mann mit einem schnellen Twitter-Finger. Aber er ist keiner, der leichtfertig Dinge tut. Der Hamburger hat Rechtswissenschaften studiert, sein zweites juristisches Staatsexamen abgelegt. Es darf also unterstellt werden, dass er über Paragrafen und Gesetze Bescheid weiß. Mag sein, dass er sich trotzdem geirrt und Dinge veröffentlicht hat, die noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Aber mal ehrlich: Rechtfertigen ein paar Sätze aus einem Durchsuchungsbeschluss, den Laien ohnehin nicht verstehen, diese Welle, die von der Staatsanwaltschaft Osnabrück da angeschoben wurde? Nein, tun sie nicht. Die Wahrheit ist: Wäre gerade kein Wahlkampf, hätte sich niemand für Schmidts Tweet interessiert. Er hätte vielleicht intern einen mahnenden Klaps auf die Finger bekommen. Damit wäre die Sache aber auch erledigt gewesen.
Die von einem CDU-Mann geleitete Staatsanwaltschaft Osnabrück muss sich fragen lassen, ob sie angemessen gehandelt hat. Schmidt hat keine Staatsgeheimnisse durchgestochen, womöglich wäre hier ein milderes Mittel geeigneter gewesen als die Einleitung eines Verfahrens. Denn gerade in einem Bundestagswahlkampf, noch dazu in einem solch knappen Rennen wie in diesem Jahr, müssen die Justizbehörden besondere Sorgfalt walten lassen. Tun sie es nicht, setzen sie sich dem bösen Verdacht aus, Einfluss auf den Ausgang der Wahl nehmen zu wollen. Sollte sich der Eindruck festsetzen, die Justiz sei politisch, ist das gefährlich. Noch ist es in Deutschland nicht so weit, das muss aber auch so bleiben.
Aber auch die Politiker aus den gegnerischen Lagern müssen sich am Riemen reißen. Vor allem bei Union und FDP haben sich einige Fachleute zu Wort gemeldet, die scharfe Kritik an Schmidt und Scholz äußern, es aber besser wissen. Schließlich steht bislang erst ein Anfangsverdacht im Raum. Und der kann sich ganz schnell in Luft auflösen.