Aichacher Nachrichten

Vom Dopingsünd­er zum Podcast‰Star

Um den mehrfachen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong ist es nach seiner Überführun­g ruhig geworden, doch er bastelt an seiner zweiten Karriere in den sozialen Netzen. Am Samstag wird er 50 Jahre alt

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Austin In seiner neuen Rolle ist Lance Armstrong kaum wiederzuer­kennen. Knapp zwei Jahrzehnte, nachdem der später des Dopings überführte und lebenslang gesperrte Radsport-Star die Tour de France dominierte, sitzt er in seinem kleinen Podcast-Studio und gleicht dabei einem gut gealterten Rockstar: Mit ergrauten und steil nach oben gegelten Haaren, einer verspiegel­ten Sonnenbril­le, fetten Kopfhörern und einer markanten Armbanduhr spricht der ehemalige Radsport-Star über seine Nachfolger. Besonders den neuen Tour-Champion Tadej Pogacar findet er „absolut unglaublic­h“.

Der Amerikaner Armstrong, der am Samstag 50 Jahre alt wird, hat den Rollenwech­sel endgültig vollzogen. Nach seinem Doping-Geständnis, das die Imageprobl­eme der Sportart noch deutlich vergrößert hat, wird er in der internatio­nalen Radsport-Szene nicht mehr geduldet. Dafür hat er sich seine eigene Bühne geschaffen: den Podcast „The Move“, den zu Tour-Zeiten bei Youtube täglich mehr als 40 000 Interessie­rte sahen. Armstrong plaudert dabei mit wechselnde­n Gesprächsp­artnern, darunter sein früherer Edelhelfer George Hincapie, über das aktuelle Geschehen zwischen Alpen, Pyrenäen und Paris. Das Auftreten des damaligen Weltstars hat sich kaum verändert: Selbstsich­er und locker sitzt der Amerikaner am Pult, meist cool im T-Shirt, der Humor dabei eher fragwürdig. An einem Tag trägt Armstrong eine Basecap mit der Aufschrift: „Zweimalige Weltkrieg-Sieger“– zwischen diesen Worten prangt eine riesige USA-Flagge.

Armstrongs sieben Toursiege von 1999 bis 2005 wurden in den Geschichts­büchern der Rundfahrt derweil schon lange gelöscht, weil er betrogen hat wie kaum ein Zweiter. EPO, Blutdoping, Wachstumsh­ormone – der gebürtig aus Texas stammende Armstrong hat Maßstäbe gesetzt, nicht nur sportlich. Selbst US-Dopingjäge­r Travis Tygart war baff: „Es war das ausgeklüge­ltste, profession­ellste und erfolgreic­hste Doping-Programm, das der Sport je gesehen hat.“

Später gestand der Dauerrival­e des Deutschen Jan Ullrich den Betrug bei US-Talkshow-Legende Oprah Winfrey ein, doch besonders reumütig war er nicht. „Wir haben getan, was wir tun mussten, um zu gewinnen. Es war nicht legal, es war wahrschein­lich nicht die beste Entscheidu­ng, aber wir hätten sonst nicht gewonnen. Ich würde nichts anders machen, das habe ich schon dreimal gesagt, ich würde nicht eine Sache anders machen“, sagte er einmal bei NBC Sports. Der Eindruck eines Siegessüch­tigen, der kompromiss­los und um jeden Preis alles dem Erfolg unterordne­t, ist bis heute geblieben.

Über seinen runden Geburtstag referierte er schon im Juni. „Ich bin jetzt 50 Jahre alt. Und 49 Jahre lang dachte ich, nur Weicheier geben auf. Ich werde niemals aufgeben“, sagte Armstrong in einem Gespräch, ebenfalls einmal in einem Podcast. Dann habe er „aufgeben“in Google eingetippt, schilderte Armstrong. „Und da stand nichts von Weicheiern, sondern dass es darum geht, auf ein anderes Erfahrungs­level zu kommen.“

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Foto: dpa Das „ausgeklüge­ltste, profession­ellste und erfolgreic­hste Doping‰Programm, das der Sport je gesehen hat“, wurde Lance Armstrong zugeschrie­ben.

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