Göggingen ist der Nabel Augsburgs
Der geografische Mittelpunkt der Stadt liegt nicht etwa auf dem Rathausplatz, sondern an einem eher schnöden Ort. Über die Jahrhunderte hat er sich oft verändert
Der Mittelpunkt von Europa ist im litauischen Purnusˇke˙s, der Mittelpunkt von Deutschland im thüringischen Niederdorla und der Mittelpunkt von Bayern im oberbayerischen Kipfenberg. Aber wo befindet sich eigentlich der Mittelpunkt von Augsburg? Wer jetzt denkt, es könnte der Rathausplatz sein, liegt falsch. Das wahre Zen
Augsburgs ist ein eher schnöder Ort. Betrachtet man die Sache vom Gefühl her, kann ein Mittelpunkt überall sein: zuhause, bei einem lieben Menschen, in der alten Heimat ... Geografen tun sich da leichter, denn der Mittelpunkt eines Landes oder einer Stadt, lässt sich relativ leicht vermessen. In Augsburg hat er sich über die Jahrhunderte immer wieder verändert, ja selbst auf kürzere Zeitspannen betrachtet hat sich hier einiges getan.
Seit dem Jahr 1972 liegt der Mittelpunkt Augsburgs einige Kilometer außerhalb der Innenstadt, im nordöstlichen Göggingen. Dort war Augsburgs geografisches Zentrum für längere Zeit auf dem Gelände eines LEW-Umspannwerks in der Eichleitnerstraße 20. Nach der vergangenen größeren Stadtgrenzänderung beim Güterverkehrszentrum im Jahr 2012 findet man ihn nun an einem eher schnöden Ort: auf den Kundenparkplätzen eines MüllerDrogeriemarktes in der Eichleitnerstraße 3.
Man kann das alles auch in Zahlen ausdrücken: Die aktuellen Stadtmittelpunkt-Koordinaten lauteten 48° 20’ 44’’ Nord / 10° 53’ 7’’ Ost, weiß das Geodatenamt, wie die kommunale Vermessungsbehörde in Augsburg heißt. Allerdings gibt es mehrere Arten von Mittelpunkten. Durchgesetzt hat sich der geometrische Schwerpunkt, den man theoretisch auch durch Ausbalancieren einer ausgeschnittenen Landkarte bestimmen könnte. Für die aktuelle Berechnung des Augsburger Mittelpunktes haben die städtischen Vermesser die zentimetergenauen Koortrum dinaten von rund 3400 Grenzpunkten an der 91,0 Kilometer langen Stadtgrenze herangezogen.
Zweimal seit 2012 verschob sich der Stadtmittelpunkt vor dem Gögginger Drogeriemarkt um wenige Dezimeter. Zum einen 2015, als die Stadtgrenze zu Friedberg und damit auch die Landkreisgrenze zu Aichach-Friedberg dem Verlauf der Großen Ostumgehung angepasst wurde.
Zum anderen 2018, als im Bereich der sechsspurig ausgebauten Autobahn A8 die Stadtgrenze zu Gersthofen und damit auch die Grenze zum Landkreis Augsburg verändert wurde.
Seit dem Mittelalter lag der Augsburger Mittelpunkt innerhalb der Stadtmauern bei St. Ulrich und Afra. Als die Freie Reichsstadt im Jahr 1602 von Bischof Heinrich von Knöringen den nördlichen Siebentischwald erwerben konnte, verschob sich der Stadtmittelpunkt vor das Rote Tor. Nach den ersten sechs Eingemeindungen zwischen den Jahren 1910 und 1916 wanderte Augsburgs Zentrum in den nördlichen Innenstadtbereich. Bei den vergangenen vier Eingemeindungen von 1972 kamen die Städte Haunstetten und Göggingen sowie die Gemeinden Inningen und Bergheim zur Stadt Augsburg. Der enorme Flächenzuwachs von 61 Quadratkilometern im Südwesten sorgte dafür, dass seitdem der Stadtmittelpunkt außerhalb des ursprünglichen Stadtgebietes liegt, nämlich im nordöstlichen Göggingen. Göggingen, der Nabel Augsburgs – die Bewohnerinnen und Bewohner im Stadtteil dürfte das freuen ...