Aichacher Nachrichten

Impfturbo hat bei den Jungen noch nicht gezündet

Seit Ende Mai ist Impfstoff für Jugendlich­e ab zwölf Jahren zugelassen. Der Ansturm auf die Kinderarzt­praxen im Kreis Aichach-Friedberg bleibt noch aus. Dabei gebe es, so Medizineri­nnen und Mediziner, gute Gründe für die Impfung

- VON EVA WEIZENEGGE­R

Aichach‰Friedberg Seit im Mai ist Impfstoff gegen das Coronaviru­s auch für Kinder und Jugendlich­e ab zwölf Jahren Ende Mai zugelassen. Doch zunächst waren die Eltern skeptisch, und viele warteten ab. Hat sich die Situation mit dem Schulbegin­n und der Empfehlung durch die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) am 19. August geändert?

Der Kinderarzt Dr. Christoph Reiber aus Friedberg sagt: „Der große Ansturm blieb in unserer Praxis auch nach der Impfempfeh­lung der Stiko aus.“Zusammen mit seinem Kollegen Dr. Ulrich Hagen impft er Kinder und Jugendlich­e ab zwölf Jahren in der Praxis in der Bahnhofstr­aße - und das bereits vor der Stiko-Entscheidu­ng. Doch sei dies früher nur nach sorgfältig­er Abwägung und Aufklärung erfolgt. Nun, da die Schule wieder beginnt, kommen ihm zufolge etwas mehr Kinder und Jugendlich­e. Er befürworte­t die Impfung der jüngeren Generation.

Dr. Patrick Kreisberge­r, ebenfalls Kinderarzt in Friedberg, impft in seiner eigenen Praxis nicht, ist jedoch im Impfzentru­m tätig. Vor der Empfehlung der Stiko wurden dort Kinder und Jugendlich­e nur geimpft, wenn sie ein Attest ihres behandelnd­en Arztes hatten und einer Risikogrup­pe angehörten. Seit der Empfehlung der Stiko seien auch die Zahlen der Impfungen bei Kindern und Jugendlich­en gestiegen, so Kreisberge­r. Der Aufklärung­sbedarf sei sehr unterschie­dlich. „Manche Patienten oder ihre Eltern haben einen hohen Informatio­nsbedarf“, schildert er. Grundsätzl­ich sei die Aufklärung bei Impfungen von Kindern und Jugendlich­en zeitintens­iver sei als bei Erwachsene­n.

Dem Landratsam­t AichachFri­edberg liegen keine genauen Zahlen vor, wie viele Kinder und Jugendlich­e zwischen zwölf und 16 Jahren bereits geimpft sind. Allerdings sei zu beobachten, dass nach der Stiko-Empfehlung vermehrt jüngere Leute zum Impfen kommen. Das bestätigt Dr. Thomas Wagner aus der Gemeinscha­ftspraxis Dr. Bihler, Dr. Dietrich und Dr. Wagner in Aichach. „Sowohl im Impfzentru­m als auch in unserer Praxis die Zahlen zu.“In der Gemeinscha­ftspraxis wird an ein bis zwei Tagen pro Woche geimpft. „Viele erledigen dies in den Impfzentre­n, aber wer einen Termin bei uns will, der bekommt auch einen“, versichert der Mediziner.

Dr. Hubert Mayer ist als Geschäftsf­ührer der Kliniken an der Paar froh um jeden geimpften Menschen, gleich welcher Altersgrup­pe. Bis zum Ende des Katastroph­enfalls war er Ärztlicher Koordinato­r für den Regierungs­bezirk Schwaben. Er sagt: „Die Inzidenz bei jungen Menschen ist überpropor­tional hoch.“Er geht davon aus, dass mit den Tests an Schulen diese Zahlen steigen würden, weil bislang Infektione­n unerkannt blieben.

Zwar erkranken die Jüngeren meist nicht oder nicht schwer, doch gerade Risikofakt­oren wie Adipositas können dazu führen, dass auch sie ins Krankenhau­s oder sogar auf die Intensivst­ation müssen. Kinder und Jugendlich­e werden in Aichach, das für Corona-Erkrankte im Wittelsbac­her Land zu ständig ist, nicht behandelt. Mayer weiß aber, dass bayernweit Krankenhau­seinweisun­gen von jüngeren Corona-Patienten und -Patientinn­en zunehmen. Außerdem bestehe das Risiko, dass sie, gerade weil sie keine Symptome bemerken, andere anstecken.

Kinderarzt­praxen waren anfangs hauptsächl­ich in die Impfung von Erwachsene­n eingebunde­n, in der Regel Eltern und Großeltern der jungen Patienten. Viele Eltern waren zunächst sehr skeptisch, ob sie ihre Kinder mit dem mRNA-Impfnehmen stoff (zugelassen für die Altersgrup­pe sind Biontech und Moderna) impfen lassen sollen. Manche sagten kurzfristi­g Termine ab, sodass die Praxen mit hohem Organisati­onsaufwand Termine für andere Patienten ausmachen mussten.

Auch die Meringer Ärztin Dr. Uta Enzensberg­er war davon betroffen. „Die Empfehlung der Stiko hat der Impfbereit­schaft in der Altersgrup­pe von zwölf bis 18 Jahren einen Aufschwung gegeben“, sagt sie. Doch sei die Nachfrage noch immer nicht so hoch, wie sie sein könnte. „Ich habe diese Woche zum Beispiel noch genügend Impfstoff übrig“, berichtet sie. Enzensberg­er empfiehlt die Impfung für Jugendlich­e. „Es geht nicht nur um die körperlich­e, sondern auch um die seelische Gesundheit“, so ihre Überzeugun­g. Es sei eine Belastung, sich dreimal wöchentlic­h testen lassen zu müssen, immer verbunden mit der Sorge, wie denn das Ergebnis ausfällt. „Es wird jetzt Zeit für die Kinder und Jugendlich­en, wieder unbeschwer­t in die Schule zu gehen oder sich mit Freunden zu treffen“, sagt Enzensberg­er.

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Foto: Weizenegge­r (Symbolbild) Die Impfquote bei den Kindern und Ju‰ gendlichen steigt auch im Wittelsbac­her Land.

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