Die Briefwahl boomt
Politik Im Landkreis Aichach-Friedberg stimmen bei der Bundestagswahl deutlich mehr Menschen als sonst per Brief ab. Viele Kommunen haben die 50-Prozent-Marke bereits geknackt. Einige sprechen von einer regelrechten Antragsflut
Die Zahl der Menschen im Landkreis Aichach-Friedberg, die ihre Stimme schriftlich abgeben, wächst stark an und ist deutlich höher als sonst.
AichachFriedberg Nur noch gut eine Woche, dann öffnen im Wittelsbacher Land die Wahllokale für die Bundestagswahl. Doch heuer wird es am Sonntag, 26. September, ruhiger in den Stimmkabinen. Viele der Wahlberechtigten haben sich gegen den Gang zur Wahlurne entschieden, stattdessen machen zahlreiche Wähler und Wählerinnen ihr Kreuzchen am Küchentisch – per Briefwahl. Deutlich mehr als sonst, wie eine Umfrage bei den Kommunen ergibt.
Von einer „buchstäblichen Antragsflut“spricht Stefan Beer vom Ordnungsamt in Aichach. Bis Freitag haben von 15.940 Wahlberechtigten 7405 die Briefwahlunterlagen bestellt, also etwa 46 Prozent. Beer rechnet damit, dass es um die 8000 werden. Die Corona-Pandemie sorge für einen besonders starken Anstieg, sagt er. Viele wollen lieber nicht in ein Wahllokal gehen. Von denen, die Briefwahl beantragen, tun das rund 58 Prozent auf digitalem Weg. Beer erklärt sich diese Entwicklung damit, dass es bequem ist: „Man scannt den QR-Code ab und setzt ein Häkchen.“Dann müsse der Antrag nur noch abgeschickt werden.
Er beobachtet schon seit Jahren, dass Briefwahl immer beliebter wird. Laut Beer kommt coronabedingt noch ein „Digitalisierungsund Online-Trend“dazu. Den erhöhten Aufwand fängt die Stadt mit Bestandspersonal und mithilfe ihrer Azubis ab. Zudem hat die Stadt Aichach zehn Briefwahlbezirke eingerichtet – doppelt so viele wie bei der vorherigen Bundestagswahl. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch in Friedberg ab. Rund 23.000 Menschen sind wahlberechtigt, davon haben bereits 11.000 die Briefwahlunterlagen beantragt, etwa 48 Prozent. Wahlleiter Stefan Kreitmeyr spricht von einer „Dauerbelastung“für die Mitarbeiter im Bürgerbüro. Die Wahlbriefe müssen je nach Urnenwahlbezirk sortiert werden. Die Anzahl der Briefwahlbezirke habe sich seit der letzten Bundestagswahl von acht auf heuer 13 erhöht, so Kreitmeyr. Die 50-Prozent-Marke hat Aindling geknackt: Von rund 6000 Wahlberechtigten hat bereits die Hälfte Briefwahl beantragt. Deutlich mehr als bei der letzten Bundestagswahl, 1700 waren es hier am Ende. Ruth Alt von der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Aindling spricht von einem enormen Mehraufwand. Kuverts, Merkblätter die Organisation sei viel zeitaufwendiger, darüber hinaus steigen die Kosten. Zudem rechnet Alt mit viel Arbeit am Wahlabend selbst. „Es gilt die doppelte Menge an Kuverts
schlitzen“, sagt sie. Doch die Verwaltung hat vorgesorgt. Statt vier Briefwahllokale wie bei der vorherigen Bundestagswahl, sind es heuer sechs. Dazu haben sie die Anzahl der Wahlhelfer von sieben auf bis zu zwölf erhöht.
Dass nicht nur Corona ausschlaggebend für den enormen Anstieg ist, darüber sind sich alle einig. Melanie Reichhold von der VG Pöttmes ist sich sicher, dass die Briefwahl allgemein beliebter wird. Sie sei bequemer und die Bürger und Bürgerinnen würden sich daran gewöhnen. Sie spricht in der VG Pöttmes, zu der die Gemeinden Pöttmes und Baar gehören, von einem „extremen Anstieg“. Rund 5000 sind dort wahlberechtigt und gut 2900 haben die Briefwahl beantragt, also etwa 58 Prozent. Bei der vorherigen Bundestagswahl waren es noch etwa 1300 Briefwahlanträge. Diese Steigerung ist auch in der Verwaltung spürbar, der organisatorische Mehraufwand sei immens. „Wir machen nichts anderes mehr“, erzählt Reichhold. „Wenn kein Parteienverkehr ist, dann schicken wir fast nur Wahlunterlagen heraus.“
Von einem erhöhten Aufwand spricht auch Daniela Bichler von der VG Dasing. Diese umfasst neben Dasing auch die Gemeinden Adelzzu hausen, Eurasburg, Obergriesbach und Sielenbach. In der VG Dasing sind 9877 Bürger und Bürgerinnen stimmberechtigt. Davon hat bereits rund die Hälfte die Briefwahl beantragt.
Das hält auch die Mitarbeiter in Atem. „Der Briefkasten ist voll“, sagt Daniela Bichler. „Mehr Leute kommen zum Beantragen oder nutzen den QR-Code“, erzählt sie. Sechs Briefwahlbezirke gebe es dieses Jahr in der Verwaltungsgemeinschaft, zwei davon in Dasing selbst.
In Mering steigt die Zahl der Briefwähler ebenfalls weiter. 5334 der 10.840 Wahlberechtigten haben die Briefwahlunterlagen, Stand Donnerstag, beantragt. Bernhard Bordon von der Verwaltungsgemeinschaft Mering überrascht das nicht. „Ich mache seit vielen Jahren Wahlen und wir haben einen stetigen Anstieg“, sagt er. Wegen der großen Nachfrage wurde die Anzahl der Wahlbezirke auf zehn erhöht. Doch schon vor Corona bildete sich diese Entwicklung ab. Es sei einfach bequemer für die Wähler. „Wir bieten einen Full Service an“, sagt Bordon. Persönlich oder online – die Wahlunterlagen können auch in Mering gebührenfrei direkt ins Haus beantragt werden.