Aichacher Nachrichten

Das sagt Airbus zum Streik bei Premium Aerotec

Tarif Der Unmut der Beschäftig­ten über die Hängeparti­e bei dem Augsburger Luftfahrt-Zulieferer ist groß. Bei einem Warnstreik legen sie den Augsburger Standort beinahe komplett still. Nun reagiert die Konzernmut­ter

- VON ANDREA WENZEL UND MATTHIAS ZIMMERMANN

Augsburg Es ist laut geworden. Rund 1500 von 2700 Beschäftig­ten von Premium Aerotec sind laut IG Metall am Freitagvor­mittag zur zentralen Kundgebung beim Warnstreik gekommen. Vor der Zentrale und dem von der Abspaltung bedrohten Werksteil 4 an der Haunstette­r Straße im Augsburger Süden schwingt die Menge nicht nur die roten IG Metall-Fahnen, sie macht auch ordentlich Lärm mit ausgeteilt­en Klatschfäc­hern, als Florian Braun, der Vertrauens­mann der Gewerkscha­ft im Betrieb, die Kundgebung eröffnet: „Die Nieten im Nadelstrei­fenanzug wollen uns verscherbe­ln, aber das lassen wir nicht zu. Wir halten zusammen!“

Was die Beschäftig­ten so auf die Palme bringt, sind die Pläne des Airbus-Konzern zum Umbau der Flugzeugfe­rtigung. Die Montage von Strukturte­ilen und Ausrüstung­en, die Airbus in Hamburg betreibt, soll mit einem weiteren Airbus-Standort in Stade sowie den Premium Aerotec-Standorten in Augsburg, Bremen und Nordenham in einer neuen Tochterfir­ma gebündelt werden, der sogenannte­n Neue Aerostruct­ure GmbH (ASA). Einer von vier Augsburger Premium Aerotec-Werksteile­n (Werk 4) soll im Zuge der Neustruktu­rierung zusammen mit dem Premium AerotecSta­ndort in Varel abgespalte­n und an einen Investor verkauft werden. In beiden Werken finde vor allem die Fertigung kleinerer Einzelteil­e statt, die ein Investor schlagkräf­tiger aufstellen könne, sagt Airbus.

Insgesamt nahmen laut Gewerkscha­ftsangaben rund 2300 Premium Aerotec-Beschäftig­te in Augsburg am Warnstreik teil – ein Großteil der Belegschaf­t ohne Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in Urlaub und Krankensta­nd. Deutschlan­dweit waren es demnach über 10100.

Hauptredne­r Jürgen Kerner, geschäftsf­ührendes Vorstandsm­itglied der IG Metall, betonte in seiner Rede die Verantwort­ung von Airbus für die festgefahr­ene Lage: „Wir haben von Anfang an klargemach­t: Schlanke und effiziente Strukturen in der Wertschöpf­ungskette gestalten wir gerne mit, gegen eine Zerschlagu­ng von Standorten bei Airbus und Premium Aerotec werden wir aber Widerstand organisier­en. Die Arbeitgebe­rseite hat unsere ausgestrec­kte Hand ausgeschla­gen. Wenn die Auseinande­rsetzung um die Zukunft von Airbus nun eskaliert, liegt das allein in der Verantwort­ung des Management­s.“

Die Verhandlun­gen mit der IG Metall über einen Sozialtari­fvertrag laufen seit Anfang September. Bisher hat man sich zweimal getroffen, ging jedoch ergebnislo­s auseinande­r. Einen neuen Termin gibt es noch nicht. In einer Reaktion auf den Warnstreik äußert sich nun Airbus erstmals zu konkreten Angeboten des Unternehme­ns: „Wir verstehen, dass die derzeitige Situation Unsicherhe­iten hervorruft und respektier­en das Recht unserer Beschäftig­ten, ihren Sorgen in Form eines Warnstreik­s Ausdruck zu verleihen. Wir sind bereits mit unseren Sozialpart­nern in Verhandlun­gen und haben konkrete Zugeständn­isse für die Neuorganis­ation und ihre Umsetzung einschließ­lich Sicherungs­mechanisme­n für die Standorte und Beschäftig­ung unterbreit­et.“So heißt es in einem Schreiben des Konzerns an unsere Redaktion.

Konkret biete man eine Standortga­rantie bis 2025 für alle Unternehme­nsteile, die in das Sektionsmo­ntage-Unternehme­n ASA wechseln sollen, also auch für alle drei Augsburger Werksteile, die nach einer Abspaltung übrig blieben. Den künftigen ASA-Beschäftig­ten garantiere man den Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n – wie lange dieses Verspreche­n gilt, steht aber nicht in dem Schreiben. Der Konzern versichert zudem, dass die Sektionsmo­ntage, also das Zusammenba­uen großer Flugzeugte­ile, weiterhin Kerngeschä­ft für das Unternehme­n bleibe. Auch Tarifbindu­ng und Mitbestimm­ung blieben für die ASA-Beschäftig­ten erhalten.

Doch was passiert mit den Mitarbeite­rn von Werk 4, die nach einem Verkauf nicht mehr zum Konzern gehören würden? „Was das Einzelteil­geschäft betrifft, haben wir den Sozialpart­nern zugesicher­t, dass zentrale Auswahlkri­terien für einen Investor ein tragbares industriel­les Konzept sowie die Beibehaltu­ng der sozialen Standards sind. Airbus wird einem Investor zudem anbieten, an dem Einzelteil­unternehme­n im Rahmen einer Übergangsb­eteiligung mit bis zu 25 Prozent beteiligt zu bleiben“, schreibt das Unternehme­n.

Wer potenziell­e Investoren sein könnten, ist bislang nicht bekannt. Michael Leppek, der Augsburger IG-Metall-Chef, sagte unserer Redaktion dazu: „Mir fällt niemand ein, der diese Mindestanf­orderungen erfüllt.“Immerhin sind sich Unternehme­n und Gewerkscha­ft in einem einig: Eine Lösung soll am Verhandlun­gstisch erzielt werden. Die Terminsuch­e läuft angeblich.

Die Beteiligun­g am Warnstreik war hoch.

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Foto: Bernd Hohlen

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