Das sagt Airbus zum Streik bei Premium Aerotec
Tarif Der Unmut der Beschäftigten über die Hängepartie bei dem Augsburger Luftfahrt-Zulieferer ist groß. Bei einem Warnstreik legen sie den Augsburger Standort beinahe komplett still. Nun reagiert die Konzernmutter
Augsburg Es ist laut geworden. Rund 1500 von 2700 Beschäftigten von Premium Aerotec sind laut IG Metall am Freitagvormittag zur zentralen Kundgebung beim Warnstreik gekommen. Vor der Zentrale und dem von der Abspaltung bedrohten Werksteil 4 an der Haunstetter Straße im Augsburger Süden schwingt die Menge nicht nur die roten IG Metall-Fahnen, sie macht auch ordentlich Lärm mit ausgeteilten Klatschfächern, als Florian Braun, der Vertrauensmann der Gewerkschaft im Betrieb, die Kundgebung eröffnet: „Die Nieten im Nadelstreifenanzug wollen uns verscherbeln, aber das lassen wir nicht zu. Wir halten zusammen!“
Was die Beschäftigten so auf die Palme bringt, sind die Pläne des Airbus-Konzern zum Umbau der Flugzeugfertigung. Die Montage von Strukturteilen und Ausrüstungen, die Airbus in Hamburg betreibt, soll mit einem weiteren Airbus-Standort in Stade sowie den Premium Aerotec-Standorten in Augsburg, Bremen und Nordenham in einer neuen Tochterfirma gebündelt werden, der sogenannten Neue Aerostructure GmbH (ASA). Einer von vier Augsburger Premium Aerotec-Werksteilen (Werk 4) soll im Zuge der Neustrukturierung zusammen mit dem Premium AerotecStandort in Varel abgespalten und an einen Investor verkauft werden. In beiden Werken finde vor allem die Fertigung kleinerer Einzelteile statt, die ein Investor schlagkräftiger aufstellen könne, sagt Airbus.
Insgesamt nahmen laut Gewerkschaftsangaben rund 2300 Premium Aerotec-Beschäftigte in Augsburg am Warnstreik teil – ein Großteil der Belegschaft ohne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Urlaub und Krankenstand. Deutschlandweit waren es demnach über 10100.
Hauptredner Jürgen Kerner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, betonte in seiner Rede die Verantwortung von Airbus für die festgefahrene Lage: „Wir haben von Anfang an klargemacht: Schlanke und effiziente Strukturen in der Wertschöpfungskette gestalten wir gerne mit, gegen eine Zerschlagung von Standorten bei Airbus und Premium Aerotec werden wir aber Widerstand organisieren. Die Arbeitgeberseite hat unsere ausgestreckte Hand ausgeschlagen. Wenn die Auseinandersetzung um die Zukunft von Airbus nun eskaliert, liegt das allein in der Verantwortung des Managements.“
Die Verhandlungen mit der IG Metall über einen Sozialtarifvertrag laufen seit Anfang September. Bisher hat man sich zweimal getroffen, ging jedoch ergebnislos auseinander. Einen neuen Termin gibt es noch nicht. In einer Reaktion auf den Warnstreik äußert sich nun Airbus erstmals zu konkreten Angeboten des Unternehmens: „Wir verstehen, dass die derzeitige Situation Unsicherheiten hervorruft und respektieren das Recht unserer Beschäftigten, ihren Sorgen in Form eines Warnstreiks Ausdruck zu verleihen. Wir sind bereits mit unseren Sozialpartnern in Verhandlungen und haben konkrete Zugeständnisse für die Neuorganisation und ihre Umsetzung einschließlich Sicherungsmechanismen für die Standorte und Beschäftigung unterbreitet.“So heißt es in einem Schreiben des Konzerns an unsere Redaktion.
Konkret biete man eine Standortgarantie bis 2025 für alle Unternehmensteile, die in das Sektionsmontage-Unternehmen ASA wechseln sollen, also auch für alle drei Augsburger Werksteile, die nach einer Abspaltung übrig blieben. Den künftigen ASA-Beschäftigten garantiere man den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen – wie lange dieses Versprechen gilt, steht aber nicht in dem Schreiben. Der Konzern versichert zudem, dass die Sektionsmontage, also das Zusammenbauen großer Flugzeugteile, weiterhin Kerngeschäft für das Unternehmen bleibe. Auch Tarifbindung und Mitbestimmung blieben für die ASA-Beschäftigten erhalten.
Doch was passiert mit den Mitarbeitern von Werk 4, die nach einem Verkauf nicht mehr zum Konzern gehören würden? „Was das Einzelteilgeschäft betrifft, haben wir den Sozialpartnern zugesichert, dass zentrale Auswahlkriterien für einen Investor ein tragbares industrielles Konzept sowie die Beibehaltung der sozialen Standards sind. Airbus wird einem Investor zudem anbieten, an dem Einzelteilunternehmen im Rahmen einer Übergangsbeteiligung mit bis zu 25 Prozent beteiligt zu bleiben“, schreibt das Unternehmen.
Wer potenzielle Investoren sein könnten, ist bislang nicht bekannt. Michael Leppek, der Augsburger IG-Metall-Chef, sagte unserer Redaktion dazu: „Mir fällt niemand ein, der diese Mindestanforderungen erfüllt.“Immerhin sind sich Unternehmen und Gewerkschaft in einem einig: Eine Lösung soll am Verhandlungstisch erzielt werden. Die Terminsuche läuft angeblich.
Die Beteiligung am Warnstreik war hoch.