Aichacher Nachrichten

Weit mehr als ein Parkhaus‰Streit

Justiz Der Bundesgeri­chtshof deutet an, dass das Urteil im Fall um ein herunterge­kommenes Gebäude in Augsburg auch Konsequenz­en für Wohnungsei­gentümer haben könnte

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Karlsruhe/Augsburg Selbst eine völlig herunterge­kommene Immobilie muss aller Voraussich­t nach von der Eigentümer­gemeinscha­ft saniert werden, wenn sonst die weitere Nutzung unmöglich wäre. Auf dieses Urteil steuert der Bundesgeri­chtshof (BGH) in einem Streit aus Augsburg zu. Laut Gesetz entfällt zwar die Sanierungs­pflicht, wenn ein Gebäude „zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört“ist. Damit dürften aber nur echte Zerstörung­en durch Feuer oder Überflutun­g gemeint sein, wie die Vorsitzend­e Richterin Christina Stresemann in der Karlsruher Verhandlun­g am Freitag sagte – und kein Verfall. Die endgültige Entscheidu­ng soll am 15. Oktober verkündet werden.

In dem Augsburger Streit geht es, wie berichtet, um ein baufällige­s Parkhaus am Fuße des bekannten Hotelturms. Zwar ist dieser Fall eher speziell, aber: „Alles, was wir hier an Grundsätze­n aufstellen, wird auch für Wohnungen gelten“, sagte Stresemann. Nach Vorberatun­gen hält ihr Senat deshalb eine großzügige­re Auslegung des Paragrafen für problemati­sch. Die Richterinn­en und Richter sehen die Gefahr, dass Eigentümer­n quasi die Wohnung entzogen wird – etwa weil ein einsturzge­fährdetes Treppenhau­s nicht mehr betreten werden darf.

Das mehr als 40 Jahre alte Augsburger Parkhaus mit 550 Stellplätz­en auf elf Etagen ist größtentei­ls stillgeleg­t. Das ist ein Problem, weil den Besuchern des nahen Kongressze­ntrums Parkmöglic­hkeiten fehlen. Nur eine GmbH will ihre drei Etagen weiter an das Hotel im Hotelturm vermieten, mit 115 Metern Höhe ein Wahrzeiche­n der Stadt. Die anderen Eigentümer – darunter zwei Großeigent­ümer – hatten wegen Mängeln beim Brandschut­z mehrheitli­ch ein Nutzungsve­rbot für das gesamte Parkhaus beschlosse­n. Eine gemeinsame Sanierung ist nicht vorgesehen, die GmbH könne höchstens auf eigene Kosten tätig werden. Bisher war die GmbH dagegen vergeblich vor Gericht vorgegange­n. Das Landgerich­t München I hatte zuletzt entschiede­n, dass hier ausnahmswe­ise auf die Sanierung verzichtet werden könne. Deren Kosten würden auf 4,9 Millionen Euro geschätzt. Das sei mehr, als das herunterge­kommene Parkhaus wert sei – rund 3,6 Millionen Euro.

Für den BGH ist das allerdings kein Argument. Eine mögliche wirtschaft­liche Überforder­ung einzelner Eigentümer könne nicht dazu führen, dass eine Sanierung ausbleibe, sagte Stresemann. Sie legte den Parkhaus-Eigentümer­n nahe, sich irgendwie zu einigen. Das wäre auch die Voraussetz­ung für eine Auflösung der Gemeinscha­ft. Im Augsburger Bauausschu­ss waren vor drei Monaten Pläne für einen Abriss des Parkhauses vorgestell­t worden. Wie die Stadt damals berichtete, sollen dort eine Tiefgarage mit 635 Plätzen und ein weiterer, 66 Meter hoher Wohnturm samt Nebengebäu­de entstehen.

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Archivfoto: Wall Ein Felsbrocke­n blockiert seit Jahren die Einfahrt des Parkhauses.

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