Aichacher Nachrichten

Mord in der Domorgel

Georg Langenhors­ts fünfter Kirchen-Krimi

- VON ALOIS KNOLLER

Friedensbe­rg, die fiktive Bischofsst­adt in Bayern, bleibt ein mörderisch­es Pflaster für Kirchenleu­te. Nun hat es die Leiterin des bischöflic­hen Denkmalamt­es und des Bistumsarc­hivs getroffen. Tief in der großartige­n Domorgel in einer verborgene­n Kammer wird die mumifizier­te Leiche der Dr. Sabine Ketschbaum­er entdeckt. Ihr gewaltsame­r Tod ereignete sich wohl schon vor zweieinhal­b Jahren, was Kommissar Bernd Kellert und seiner Mitarbeite­rin Hannah Mellrich die Ermittlung nicht gerade erleichter­t.

Wieder stellt Krimiautor Georg Langenhors­t, im Hauptberuf Professor für Religionsp­ädagogik an der Uni Augsburg, ein Panoptikum aus der katholisch­en Binnenwelt zusammen, darunter Mitwisser, Nutznießer, Feinde und Freunde der Toten. Die war verschrien wegen ihrer forschen Art, ihren Kopf durchzuset­zen. Sei es als Frauenbeau­ftragte bei Stellenbes­etzungen, sei es bei der Denkmäler-Bewertung. Ihr Veto konnte Millionen Euro zusätzlich kosten. So auch bei der Generalsan­ierung der Domorgel. Was kann man schon herauskrie­gen über eine unnahbare Frau, die eigentlich keine Freunde oder Freundinne­n hatte? Ganz wenige durften Sabine zu ihr sagen, aber selbst diese erfuhren kaum etwas Privates von ihr.

Langenhors­t webt behutsam am zunächst hauchdünne­n Netz, in dem sich der Fall aufklärt. Im Beziehungs­geflecht geht es immer weiter aus Friedensbe­rg hinaus und geradewegs wieder hinein. Das Ermittlerd­uo Kellert/Mellrich muss sich lange Zeit vor allem auf das Bauchgefüh­l verlassen. Und was am Ende herauskomm­t, ist auch nicht gerichtsfe­st, weil’s aus einer Beichte stammt. Langenhors­t diskutiert allerdings nicht, ob so ein Geheimnisb­ruch in seiner Kirche überhaupt stattfinde­n darf. Und dass er seine Ergebnisse am Schluss der Polizeiprä­sidentin und mithin auch der Öffentlich­keit aus Skrupel vorenthält, obwohl die örtliche Presse bereits breit über die Täterschaf­t spekuliert hat, erscheint ziemlich unglaubwür­dig. So wirkt der eigentlich hoch spannende Plot am Ende einigermaß­en konstruier­t, um irgendwie herauszuko­mmen. Immerhin erklingen dazu die bestens verdeutsch­ten Verse von John Lennons „Imagine“: „Nenn mich ruhig einen Träumer, damit bin ich nicht ganz allein, ich glaube, bald wirst du mir folgen, und die Welt wird traumhaft sein.“ⓘ

Georg Langenhors­t: Tote Archiva‰ rin. Gute Archivarin. Mord in der Domorgel, Echter Verlag, 276 S., 14,90 ¤

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