Rückkehr auf den Campus sorgt für Verwirrung
Bildung Studierende sind verunsichert, wie viel Präsenzlehre an den Augsburger Hochschulen zum Start des Wintersemesters tatsächlich geboten wird. Sind Corona-Kontrollen machbar, wenn Hunderte gleichzeitig kommen?
Lisa Kirmser studiert an der Uni Augsburg Sozialwissenschaften im dritten Semester. Nach drei „Corona-Semestern“mit Online-Lehre hatte sie sich darauf gefreut, die Universität im Herbst endlich von innen zu sehen. Umso erstaunter war sie beim Blick auf den Lehrplan in ihrem Fach: „Ich hätte vier Seminare dieses Jahr, alle sind online geplant.“Insgesamt sei bei den allermeisten Kursen in ihrem Studiengang vermerkt, dass sie online stattfinden sollen. Das Verhältnis von Online zu Präsenz sei für sie „sehr unbefriedigend“. Zumal der Freistaat in der Pandemie eine Rückkehr zur Normalität an den Hochschulen anstrebt.
„Die Präsenzlehre wird die Regel und nicht die Ausnahme sein“, hat Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) angekündigt. Ab Oktober gilt an bayerischen Hochschulen die 3G-Regel. Studierende müssen entweder geimpft, genesen oder getestet sein, um an Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Eine Restart-Initiative mit zahlreichen Angeboten soll die Rückkehr auf den Campus begleiten und wissenschaftliche oder soziale Lücken schließen.
Für rund 20.000 Studierende der Uni Augsburg starten die Vorlesungen Mitte Oktober. Dort wertet man das Wintersemester 2021/22 als ein Übergangssemester hin zum regulären Präsenzbetrieb im Sommer 2022. Man wolle die Lehre flexibel planen, sodass ein Wechsel ins Digitale unkompliziert möglich wäre, falls in der Pandemie die „rote Krankenhausampel“anspringt, teilt Pressesprecherin Manuela Rutsatz mit. Motto: So viel Präsenzlehre, wie möglich und so viel Digitallehre ergänzend, wie nötig. Aktuell läuft an der Universität noch die Planung, weil die neuen politischen Vorgaben erst vor Kurzem eintrafen. Rutsatz sagt: „Sicher wird der größere Teil aller Veranstaltungen in Präsenz stattfinden.“
Studentenvertreter Erik Pallas hat Zweifel, ob es so kommen wird.
Unipräsidentin pocht auf Präsenz, de facto sind aber sehr viele Veranstaltungen digital“, kritisiert der Präsident des Studentischen Konvents. Pallas fordert, die Planungen zu überarbeiten. Insbesondere Studierende vom ersten bis vierten Semester müssten auf den Campus zurückgeholt werden. „Es ist allerhöchste Zeit, dass Studentinnen und Studenten wieder ein richtiges Unileben erleben können“, sagt er. Das Studentenleben bestehe schließlich nicht nur aus Vorlesungen, auch soziale Kontakte seien wichtig.
Wie viele Studierende tatsächlich auf den Campus können, hängt mit
Infektionsschutzverordnung zusammen. Unisprecherin Rutsatz sagt, „wir haben als zentrale Vorgaben die 3G-Kontrolle und Maskenpflicht“. Die Maskenpflicht gelte am Platz, wenn die Abstände von 1,5 Metern nicht eingehalten werden können. Zur Kontrolle von Geimpften, Genesenen und Getesteten werde es Stichproben an den Gebäudeeingängen und in den Gebäuden geben. Vor Ort gebe es ein Testzentrum, das für Studierende und Beschäftigte bis voraussichtlich Dezember 2021 kostenfrei zur Verfügung stehe. Offenbar ist die große Mehrheit der Studentinnen und Studenten bereits geimpft. Die Uni„Die versität hatte eine Umfrage laufen. Deren Ergebnisse wurden nicht öffentlich gemacht. Dem Vernehmen nach soll die Impfquote der Studierenden bei 85 Prozent liegen.
Auf dem Unicampus dürfte nach aktuellem Stand wieder einiges geboten sein. Pallas sagt, aus dem Restart-Programm stünden Gelder bereit. Die Studentenvertreter planen nun Aktionen und Events, die über das Gelände der Uni verteilt werden. Zum ersten Mal seit zwei Jahren soll es wieder eine „Initiativenstraße“geben. Dort können Studierende ihre Aktivitäten vorstellen und Kontakte knüpfen. Pallas sagt aber auch, „der Wunsch der Unileider tung ist, dass es keine versteckten Partys geben soll“.
An der Hochschule Augsburg sind die Planer noch schwer am Schwitzen. Vizepräsident László Kovács sieht Probleme bei den 3G-Kontrollen. Er interpretiert die staatlichen Vorgaben so, dass Hochschulen in dieselbe Kategorie wie Restaurants fallen und engmaschig kontrolliert werden muss. „Dieser Aufwand ist weder personell noch zeitlich leistbar, wenn Hunderte gleichzeitig auf den Campus kommen“, sagt er. Auch der Impfstatus der Studierenden dürfe nicht abgefragt werden. Denkbar sei eine Selbstverpflichtung, in der Studierende zusichern, dass sie die 3G-Regel im Rahmen des Hochschulbetriebs einhalten. Andernfalls würde es im Herbst wieder auf ein OnlineSemester hinauslaufen, fürchtet er.
Geplant wäre nach Angaben des Vizepräsidenten das Gegenteil: Die Hochschule wolle sich möglichst wieder für alle Aktivitäten öffnen. „Und damit meine ich nicht nur Vorlesungen. Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, dass unser Hochschulkino auch wieder Vorstellungen anbieten wird.“Vom Prinzip her sei angestrebt, dass rund 80 Prozent der Lehrveranstaltungen in Präsenz und rund 20 Prozent online stattfinden sollen. Wobei auch gemischte Formate möglich seien. Das Verhältnis von Präsenz zu online könne je nach Fakultät variieren. Studienanfängern will man unter den neuen Voraussetzungen wieder Begrüßungs- und Einführungsveranstaltungen vor Ort anbieten.
Studienberatung, die Bibliothek oder auch das Rechenzentrum würden sich am Orientierungstag am 4. Oktober gerne wieder live präsentieren. Die Planer der Hochschule warten dringend darauf, dass der Freistaat konkrete Regelungen zu den Corona-Kontrollen veröffentlicht und dann Stichproben ausreichen werden. Bislang gibt es nur ein inoffizielles Papier. Kovács zufolge läuft die Zeit davon. Für die rund 6700 Studierenden beginnen die Vorlesungen am 4. Oktober.