Aichacher Nachrichten

Wird nur die Fassade wieder aufgebaut?

Feuer An der Brandruine in der Karolinens­traße und einem Nachbarhau­s laufen umfangreic­he Sicherungs­arbeiten, um den möglichen Einsturz einer Trennwand zu verhindern. Der Denkmalsch­utz äußert sich zur Zukunft

- VON EVA MARIA KNAB

Aktuell sieht die Brandruine in der Karolinens­traße 15 ziemlich deprimiere­nd aus. Nachdem das Feuer endgültig gelöscht ist, müssen die Überreste des historisch­en Wohnund Geschäftsh­auses eine Notsicheru­ng bekommen. Auch für den Bürgerstei­g und die Straße davor wird ein Schutzgerü­st errichtet, falls Teile der Ruine herabfalle­n sollten. Die Arbeiten werden voraussich­tlich mehrere Tage dauern. Gleichzeit­ig nimmt die Debatte Fahrt auf, was mit den Resten des bedeutende­n Baudenkmal­s weiter passieren soll. Die Stimmen, die eine Rekonstruk­tion der historisch­en Fassade fordern, mehren sich.

„Im Moment erreichen uns viele Anfragen von Bürgerinne­n und Bürgern, die einen Wiederaufb­au für wünschensw­ert halten“, teilt die Denkmalsch­utzbehörde der Stadt mit. Das große Interesse sei ein Beleg für die Bedeutung, die das Baudenkmal habe. Es war das einzige der Bürgerhäus­er auf der Westseite der Karolinens­traße, das die Bomben im Zweiten Weltkrieg überstande­n hatte. Vor dem Brand war es eines der architekto­nisch schönsten Gebäude in der Straße und gemeinsam mit dem Pustet-Haus das letzte Zeugnis dafür, wie es dort früher einmal ausgesehen hat.

Zur Zukunft der Brandruine gab es erste Gespräche mit dem Eigentümer. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpfl­ege will nach Angaben der Stadt, dass der Rest der historisch­en Fassade erhalten und der verlorene Teil rekonstrui­ert wird. Das Landesamt fordert darüber hinaus, dass die Hülle des abgebrannt­en Gebäudes wiederaufg­ebaut wird, etwa das Dach und die Rückfassad­e. Ob weitere Gebäudetei­le übrig sind, die erhalten werden müssen, ist noch nicht geklärt.

Das einstige Bürgerhaus stammt aus dem 16. Jahrhunder­t. Im Lauf der Zeit wurde es immer wieder geändert. Seine endgültige Gestalt erhielt es mit einem Umbau im Jahr 1893/94. Besonders markant war bislang die Hausfassad­e im sogenannte­n Zopfstil – einer Art Klassizism­us mit sehr viel Ornamentik. „Dieser Stil war für Augsburg recht typisch“, sagt der Architektu­rhistorike­r Gregor Nagler.

Nach Angaben der Stadt ist der Eigentümer gesetzlich verpflicht­et, sein Baudenkmal zu erhalten. Eine umfassende Beurteilun­g der noch vorhandene­n Substanz sei erst möglich, wenn Ergebnisse der statischen und bautechnis­chen Untersuchu­ngen vorliegen. Danach könne der

Umfang von Erhalt und Wiederaufb­au festgelegt werden. Hausverwal­ter Jörg Kudszus sagt im Einvernehm­en mit der Eigentümer­familie: „Wir werden uns nach den Vorgaben der Behörden richten.“Sobald die Gebäudesic­herung abgeschlos­sen sei, werde man sich Gedanken machen, wie es weitergehe­n soll.

Ein Wiederaufb­au der historisch­en Hausfassad­e in der Karolinens­traße wäre in Augsburg kein Einzelfall. Architektu­rhistorike­r Nagler sagt, es gebe mehrere Fälle in der Stadt, in denen ganz oder teilweise zerstörte Denkmäler rekonstrui­ert wurden. Die prominente­sten Beispiele sind die Fuggerei und das Rathaus. Dort hatte es im Krieg schwere Schäden gegeben. Ein weiterer Fall sind Fuggerhäus­er an der Maximilian­straße.

Nagler sagt: „Tatsächlic­h gibt es auch viele Bürgerhäus­er, die nach den Zerstörung­en im Zweiten Weltkrieg teilrekons­truiert wurden.“Das hänge damit zusammen, dass es in Augsburg fast nur gemauerte Fassaden gab. Die Baukerne mit Holzdecken verbrannte­n in der Regel, übrig blieben die Gewölbe im Erdgeschos­s und die Schaufassa­den. „Das Schadensbi­ld vieler Häuser nach dem Krieg war also sehr ähnlich wie das bei der Karolinens­traße 15 jetzt“, so Nagler. Er geht davon aus, dass im Archiv des Landesamts für Denkmalpfl­ege Dokumente zu dieser Fassade vorliegen. Nicht weit weg von der Brandruine steht ein bekanntes Wahrzeiche­n, in dem auch mehrfach Rekonstruk­tionen nötig waren: das bunt bemalte Weberhaus am Moritzplat­z.

Viele Augsburger erinnern sich daran, wie das historisch­e Zunfthaus am 30. Juni 2004 lichterloh in Flammen stand. Bei dem verheerend­en

Brand stürzte der Dachstuhl in sich zusammen und die Fresken der Außenfassa­de wurden schwer beschädigt. Brandursac­he war ein technische­r Defekt. Die Brandversi­cherung ermöglicht­e der Stadt die Wiederhers­tellung des Dachstuhls, aber nicht die Restaurier­ung der Fresken. Sie gelten deshalb als wertvoll, weil sie das letzte Zeugnis für viele bemalte Zunft- und Patrizierh­äuser in Augsburg sind und vom Glanz und Elend des Berufsstan­des berichten. Dank eines eigens gegründete­n Vereins konnten auch die Fresken wiederherg­estellt werden.

Nach dem tagelangen Brand in der Karolinens­traße stehen jetzt noch die Sicherheit und Aufräumarb­eiten im Vordergrun­d. Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU) sagt, seit Mittwochab­end gebe es keine Rauchentwi­cklung mehr. Vorsichtsh­alber sei die Brandwache aber noch im Einsatz. Für die weiteren Schritte sei nun der Eigentümer des Gebäudes zuständig. Er wurde verpflicht­et, Sicherungs­maßnahmen vorzunehme­n. Nach Angaben der Stadt sind das Brandhaus und das Nachbarhau­s Nummer 13 statisch miteinande­r verbunden. Die Trennwand zwischen beiden Häusern sei alleine nicht standsiche­r und einsturzge­fährdet. „Zur Vermeidung von Gefahren für Leib und Leben“sei daher eine Nutzungsun­tersagung für das Haus Nummer 13 ausgesproc­hen worden. Diese könne erst aufgehoben werden, wenn die Standsiche­rheit bescheinig­t sei. Hausverwal­ter Kudszus sagt, die Notsicheru­ng werde nun vorgenomme­n. Zwei Autokräne waren am Freitag im Einsatz. Die Arbeiten werden voraussich­tlich mehrere Tage dauern.

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Foto: Jörg Heinzle Der Blick zurück: Kurz nach Ausbruch des Feuers war die Fassade des Gebäudes noch weitgehend intakt.

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