Verhärtete Fronten im Gemeinderat
Sitzung Wie kann von Wiesenbach bis Reicherstein schnellstmöglich ein Radweg gebaut werden? Der Gemeinderat Pöttmes ist uneins. Zumal es auch um die Zukunft der Kreisstraße AIC 28 geht
Pöttmes So schnell wie möglich soll der Geh- und Radweg zwischen den Pöttmeser Ortsteilen Wiesenbach und Reicherstein kommen. Darin ist sich der gesamte Marktgemeinderat einig. Doch darüber, wie das Vonstattengehen soll, gingen die Meinungen am Donnerstagabend weit auseinander. Vor allem angesichts des Bestrebens des Landkreises, die Kreisstraße AIC28, an der der Radweg verlaufen soll, zur Gemeindestraße abzustufen. Damit müsste die Gemeinde künftig für Straßenunterhalt, Sanierungen oder einen eventuellen Ausbau aufkommen. Viele Ratsmitglieder sahen angesichts des teils desolaten Zustandes der Straße gewaltige Kosten auf die Gemeinde zukommen. Nach einer sehr kontroversen Debatte setzten sich zwei der drei Fraktionen durch.
Bürgermeister Mirko Ketz (CSU), der selbst in Echsheim wohnt, hatte zuvor erneut deutlich gemacht: „Die Leute aus dem Oberland wollen diesen Radweg, [...] weil die Benutzung der Straße eine Gefahr darstellt. [...] Wir sollten in irgendeiner Weise eine Antwort geben.“Die gab der Marktgemeinderat im Verlauf einer langen Sitzung auch - allerdings anders als von Ketz erhofft.
Er hatte sich für den Vorschlag des Landkreises starkgemacht. Dieser will seit vielen Jahren die drei Kilometer lange AIC28 zwischen Wiesenbach und Reicherstein von der Kreis- zur Gemeindestraße abstufen und beruft sich dabei auf gesetzliche Kriterien. Seine Hauptargumente sind - kurz gefasst - das geringe Verkehrsaufkommen und die seiner Ansicht nach fehlende überörtliche Bedeutung der Straße. Bevor diese an die Gemeinde übergeht, will der Landkreis sie in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzen. Quasi als Zuckerl hat er der Gemeinde angeboten, sich mit ihr die Kosten für den Radweg zu teilen. Die 135.000 Euro dafür gab der Kreisausschuss im Juli frei.
Die CSU sah darin die schnellste Option, den Radweg zu realisieren. Fraktionssprecher Christian Vetter plädierte dafür, das Angebot des Landkreises anzunehmen. Sissi Veit-Wiedemann befürchtete, ansonsten müssten die Menschen im Oberland erneut viele Jahre auf den Radweg warten.
Bürgerblock und CWG überzeugte das nicht. BürgerblockFraktionssprecher Thomas Golling stellte klar: „Wir wollen den Radweg. Aber ich denke, wir haben andere Optionen.“Seine Fraktion halte die AIC28 für eine Kreisstraße, auch wenn das Landratsamt das anders sehe. Eine Übernahme durch die Gemeinde sei „wie ein Blankoscheck an den Landkreis“. Was die Gemeinde davon habe und wann, sei viel zu unkonkret. Golling: „Hier zu unterschreiben, wäre Wahnsinn.“
Die CWG sah es ähnlich. Fraktionssprecher Alwin Wagner hielt die rechtliche Grundlage der Einschätzung des Landkreises für nicht solide. Er sah in dessen Vorschlag „fast schon Erpressung“. Die Daten zum Verkehrsaufkommen habe schließlich der Landkreis erhoben - wobei den Sitzungsunterlagen auch Messungen des Verkehrsvereins Pöttmeser Oberland beigefügt waren, die zu ähnlichen Ergebnissen gekommen waren. Auch die Bewertung, die Straße sei überörtlich nicht bedeutsam, komme vom Landkreis.
Beides müsse hinterfragt werden. Wolfgang Baierl (Bürgerblock) stellte vor allem auf den Zustand der Straße ab: „Die Straße ist kompletter Schrott.“Sie werde die Gemeinde „richtig viel Geld“kosten. Baierl: „Wir dürfen auf keinen Fall diese Straße übernehmen.“Den Einwand von Ketz, die vom Bürgerblock erhofften Fördergelder werde es möglicherweise nicht mehr geben, ließ die Fraktion nicht gelten. Thomas Huber zeigte sich überzeugt, dass es weiterhin Fördergelder für den Bau von Radwegen geben werde - möglicherweise sogar höhere als derzeit.
Auch wenn die Debatte sachlich geführt wurde, waren die Fronten verhärtet. Wie schon im August, als die Gemeinderäte das Thema wegen zahlreicher offener Fragen einstimmig auf September verschoben. Ketz reagierte: Nicht weniger als 19 Anhänge fanden sich am Donnerstag allein zu diesem Tagesordnungspunkt in den Sitzungsunterlagen Gesprächsnotizen, Sitzungsprotokolle, Aktenvermerke und diverse Mails und Schreiben. Der Bürgermeister hielt damit alle offenen Fragen für beantwortet und den Fall für klar.
Nicht so Bürgerblock und CWG. Sie hatten sich vor der Sitzung offenbar abgestimmt und erteilten dem CSU-Antrag, den Vorschlag des Landkreises anzunehmen, eine Abfuhr. Er fiel mit 8:12 durch (beim Bürgerblock fehlte Zweiter Bürgermeister Manfred Graser entschuldigt). Mit dem umgekehrten Ergebnis von 12:8 Stimmen setzten die beiden Fraktionen durch, dass die Gemeinde eine Planung für einen selbstständigen Geh- und Radweg entlang der Kreisstraße in Auftrag gibt und die Optionen für das Teilstück Echsheim-Reicherstein prüft, wo der Gemeinde noch immer Grundstücke fehlen. Ketz hielt es jedoch für „sehr fraglich“, ob ein eigenständiger Radwegebau rechtlich möglich ist. Daher wurde in den Beschluss aufgenommen, dass vor der Auftragsvergabe eine rechtliche Prüfung stattfinden soll.
Wie Ketz am Tag nach der Sitzung sagte, holt das Landratsamt nun eine Stellungnahme der Regierung von Schwaben ein. Sollten beide zu dem Schluss gelangen, dass die Gemeinde an der Kreisstraße eigenständig keinen Radweg bauen darf, müsste der Gemeinderat erneut über das Vorgehen sprechen.
Bürgerblock und CWG waren nicht überzeugt