Aichacher Nachrichten

„Die Zeit meiner Chemothera­pie hätte nicht jeder so mitgemacht wie mein Mann“

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In der Serie „Familienal­bum“erzählen wir die Geschichte­n von großen und kleinen Familien, von Regenbogen­familien, Patchworkf­amilien oder Mehr-Generation­en-Familien, kurz: von jedem, der sich als Familie fühlt. Dieses Mal mit Desiree. Sie und ihr Mann sind Eltern von drei Kindern. Keine Selbstvers­tändlichke­it, denn eine Chemothera­pie hätte ihren Kinderwuns­ch fast zerstört.

Familie Ich lebe mit meinem Mann Fabian und meinen drei Kindern in Gersthofen. Der Ältere, Elias, ist jetzt fast drei Jahre alt. Die Jüngeren, Isabella und Jakob, sind Zwillinge und erst acht Monate. Zu meiner Familie zähle ich auch meine Eltern, meine Oma, die Familie meines Mannes und meinen Bruder. Die mischen alle bei uns mit und sind eine wichtige Stütze. Denn dass wir heute so als Familie zusammenle­ben, ist für uns nicht selbstvers­tändlich. Vor sechs Jahren bin ich an Lymphdrüse­nkrebs erkrankt. 27 war ich damals. Das hat uns komplett die Füße weggezogen. Für mich hieß das: Chemothera­pie, ein halbes Jahr lang.

Damit lässt sich die Krankheit gut behandeln. Aber die Medikament­e können zu Unfruchtba­rkeit führen. Das war eine schlimme Zeit für uns. Denn wir hatten immer gesagt, dass wir uns Kinder wünschen. Und zwar am liebsten drei. Anfänge Kennengele­rnt haben wir uns 2011 in einem Augsburger Club. Ein Jahr später sind wir in eine Doppelhaus­hälfte in Gersthofen gezogen. Die letzten zehn Jahre waren nicht immer einfach. Die Zeit meiner Chemothera­pie hätte nicht jeder so mitgemacht wie mein Mann. Er war einkaufen, hat Essen gekocht, den Haushalt gemacht. Es ist bestimmt auch nicht leicht zu sehen, wie die eigene Partnerin sich verändert: Meine Haare sind ausgefalle­n und ich habe mich schwach gefühlt. Aber Fabian hat mir nie das Gefühl gegeben, dass ich anders wäre. Der schönste Moment in dieser Zeit war unsere Hochzeit, standesamt­lich, mit Perücke. Die kirchliche Trauung mussten wir verschiebe­n. Nach etwa sechs Monaten hatte ich den Krebs besiegt. Was auch dazu führte, dass wir wieder mehr über unsere Familienpl­anung nachgedach­t haben. Und doch wieder nur Rückschläg­e erlebt haben. Denn 2017 hatte ich eine Eileitersc­hwangersch­aft. Und das kann gefährlich werden. Vor allem, wenn man es nicht bemerkt, so wie ich. Gerettet hat mich eine Notoperati­on. Damals dachten wir uns nur: Kann das jetzt nicht irgendwann aufhören mit den Schicksals­schlägen? Vor allem, weil es noch schwierige­r wurde, Kinder zu bekommen. Und umso glückliche­r war ich dann, als ich ein Jahr später mit Elias schwanger wurde. Und dass es dann zwei Jahre später noch mal klappt – und dann auch noch Zwillingen –, das hätten wir nie für möglich gehalten.

Alltag Manchmal sagen Leute zu mir: „Oh Gott, du Arme, das ist ja schon viel Arbeit.“Natürlich ist es viel. Aber ganz ehrlich? Ich freue mich über jeden Tag. Ich habe zum Glück auch viel Hilfe. Jeden Montag, Dienstag und Mittwoch kommt meine Oma und nimmt mir mittags die Zwillinge ab. Donnerstag­s kommt meine Mama und freitags fahren wir alle zu meinen Eltern. Dafür bin ich sehr dankbar.

Auszeit Meine ganz persönlich­e Auszeit nehme ich mir mittags. Wenn meine Oma mit den Zwillingen unterwegs ist, lese ich mit Elias ein Buch. Und dann machen wir beide einen Mittagssch­laf. Was mir aber fehlt: Mein Mann und ich nehmen nie zu zweit eine Auszeit. Es ist bestimmt schon über acht Monate her, dass wir mal zusammen was essen waren.

Streitpunk­te Natürlich ist es manchmal viel. Wenn mein Mann abends auf die Baustelle fährt, erwische ich mich manchmal dabei, wie ich sage: „Jetzt muss ich wieder mit den Kindern alleine bleiben.“Das ist ein

Vorwurf, über den er sich ärgert. Denn anders klappt es nun mal nicht mit dem Hausbau. In solchen Fällen reden wir vielleicht mal eine Stunde nicht miteinande­r. Aber wir haben schon so viel zusammen durchgemac­ht, dass einem das wie eine Kleinigkei­t vorkommt.

Glücksmome­nte Glücksmome­nte erleben wir täglich, wenn nicht sogar stündlich. Jedes Mal, wenn wir erleben, wie die Kinder sich entwickeln. Elias zum Beispiel, der so freundlich und selbstbewu­sst ist und uns mittlerwei­le in Grund und Boden redet. Aber auch wenn alle drei miteinande­r im Bett liegen und kuscheln. Das macht uns unglaublic­h stolz. Und in solchen Momenten wird mir klar: Das ist alle Mühe wert. ⓘ

Was ist Ihre Geschichte?

Wollen Sie auch von Ihrer Familie erzählen und verraten, was Sie und Ihre Lieben besonders macht? Dann melden Sie sich – gern mit einer Telefonnum­mer – unter der Mail‰Adresse familienal­bum@augsburger‰allgemeine.de.

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