Aichacher Nachrichten

Diese Karten haben noch nicht ausgedient

Business‰Knigge Wie sollte sie aussehen? Wann überreiche ich sie? Und vor allem: Brauche ich sie überhaupt noch? Was Experten zum Umgang mit Visitenkar­ten im digitalen Zeitalter raten

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Berlin 100 Stück im „American Style“für 140 Euro als „Statement für Eleganz und Minimalism­us“. Oder einfach „100 Stück für 3,98 Euro über Nacht“. Die Vielfalt bei Visitenkar­ten ist groß, der Preisunter­schied nicht minder. Wer beruflich nicht auf das Kärtchen verzichten will oder kann, steht vor der Frage: Worauf kommt es an?

„Das Allerwicht­igste ist: Sie müssen sich mit der Karte identifizi­eren können“, findet Clemens Graf von Hoyos, Vorstandsc­hef der Deutschen-Knigge-Gesellscha­ft. Silke Freudenber­g, Coachin und Eventmanag­erin, erzählt von einer Frau, die einen „sehr klassische­n und formalen Eindruck“gemacht habe und dann eine Visitenkar­te mit Schmetterl­ingen überreicht habe. „Das war echt überrasche­nd und bestätigt, dass Visitenkar­ten nicht nur Kontaktdat­en liefern, sondern auch viel über eine Person aussagen.“

Aber hat die Visitenkar­te im digitalen Zeitalter nicht längst ausgedient? Findet doch seit Beginn der Pandemie das Business-Leben überwiegen­d digital statt. Auf die repräsenta­tiven Kärtchen scheint das keinen Einfluss gehabt zu haben: „Der

Visitenkar­te geht’s prima. Wir sehen keinerlei Anzeichen, dass sie aus der Mode kommt“, sagt Bettina Knape vom Bundesverb­and Druck und Medien (BVDM). Coachin Freudenber­g erlebt oft Junguntern­ehmer, die wieder zum Papier greifen: „Natürlich können sie sich mit dem Handy schnell connecten. Doch es ist ein Unterschie­d, ob man sich online oder persönlich begegnet. Und da darf sie nicht fehlen.“

Hoyos erzählt von einer nicht-repräsenta­tiven Spontan-Umfrage unter 2200 Knigge-Seminartei­lnehmern im August: Knapp die Hälfte gab an, noch Visitenkar­ten zu nutzen. Es kommt aber auch auf die Branche an: In der IT werde sie als überflüssi­g empfunden. Eine digitale Alternativ­e tut es hier. Personen, die im Management oder Verkauf arbeiten, erachten sie aber als wichtig und verwenden sie regelmäßig zur Kontaktauf­nahme. Für Geschäftsf­ührer, Agenturen und auch Selbststän­dige sei es „eine Frage des Prestiges“, so Hoyos.

Silke Freudenber­g sagt, dass Business-Cards heute noch in allen Branchen eine Rolle spielen. Vor allem: „Wer ein eigenes Business hat, sollte sich auf jeden Fall Visitenkar­ten zulegen.“

Auch oder gerade im digitalen Zeitalter soll die Visitenkar­te dann für viele etwas Besonderes sein. „Es gibt eine Verschiebu­ng zu höherwerti­gen Visitenkar­ten“, sagt Bettina Knape vom BVDM. Dies liege auch daran, dass modernere Produktion­smethoden sie günstiger machen. Beim Druckerzeu­gnis-Anbieter Vistaprint stellt man fest, dass die Kunden Wert auf hohe Papierund Druckquali­tät legen. Zudem würden individuel­le und profession­elle Designs in den Fokus rücken. Auch für Hoyos ist Qualität wichtig: Die Visitenkar­te sollte seiner Meinung nach Wertigkeit ausstrahle­n.

Laut Vistaprint berücksich­tigen immer mehr Kundinnen und Kunden bei der Gestaltung ihrer Visitenkar­te die Verbindung zur digitalen Welt. Sie versehen ihre Karten mit einem QR-Code, der auf die Unternehme­nswebsite verlinkt. Oder sie geben nur ihre WebsiteAdr­esse anstelle einer Postanschr­ift an. Hoyos hält die Verbindung von Offline- und Online-Kommunikat­ion für sinnvoll: Kürzlich habe er eine Visitenkar­te erhalten, bei der ein Sticker drahtlos zur Online-Variante verlinkte. Freudenber­g empfiehlt ihren Klienten, Visitenkar­ten und eine aussagekrä­ftige Webseite im gleichen Design zu erstellen und dazu passend ein entspreche­ndes profession­elles Profil in Job-Netzwerken wie LinkedIn oder Xing.

Und zu welchem Zeitpunkt sollte ich meine Karte überreiche­n? „Ich plädiere für so früh wie möglich“, sagt Hoyos. Spätestens wenn der Name nicht verstanden wurde, könne man die Karte anbieten. Ansonsten rät er dazu: Bei einem Meeting überreicht man die Karte, bevor sich alle setzen. Beim Lunch kann man es unverfängl­ich zu Beginn machen, nachdem man Platz genommen hat, oder kurz bevor man den Tisch verlässt, verbunden mit einer Einladung zu einem nächsten Treffen. Und bei einer Messe nur, wenn die Absicht besteht, aus (Geschäfts-)Interesse in Kontakt zu bleiben. Grundsätzl­ich gilt: Visitenkar­ten sollten Berufstäti­ge ihrem Gegenüber nicht aufdrängen.

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Foto: Klaus‰Dietmar Gabbert, dpa Trotzt dem digitalen Wandel: Die Visitenkar­te kommt beim Netzwerken nicht aus der Mode.

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