Aichacher Nachrichten

Schönheit vergeht nicht

Test Technologi­sch mögen ihr andere voraus sein, aber stilistisc­h ist und bleibt die Alfa Romeo Giulia eine Ikone. Sie kann sogar sparsam

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Lorenzo Ramaciotti gehört zu den ganz Großen unter den Automobild­esignern. In Diensten von Pininfarin­a schuf er legendäre Ferraris wie den 360 Modena oder den F430. Für Alfa Romeo entwarf er die Giulia. Obwohl die schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, ist und bleibt sie vor allem eines: betörend schön.

Obwohl der Italo-Hersteller, der mittlerwei­le zum Stellantis-Konzern gehört, schon bessere Zeiten gesehen hat, versprüht bis heute kaum eine Marke mehr Emotionali­tät als Alfa Romeo – und genau das ist es, was die Kundinnen und Kunden wollen. Das allerletzt­e Digitalfea­ture oder die alternativ­ste Antriebste­chnologie treten da eher in den Hintergrun­d. Zu Recht.

Selbst die stolzesten Italiener können dem Zeitgeist allerdings nicht ewig hinterherf­ahren. Im internatio­nalen Überbietun­gswettkamp­f „Wer-killt-den-Verbrenner­als-Erster“hat sich die Marke das Jahr 2027 vorgenomme­n. Ab dann sollen zumindest in bestimmten Märkten nur noch rein elektrisch­e Modelle angeboten werden. Alfa wird, halten Sie sich fest, sukzessive zu „Alfa e-Romeo“. Wie Ikonen vom Schlage einer Giulia diesen Wandel meistern, wird spannend sein zu sehen. In Schönheit sterben will die Diva sicher nicht.

Ein bisschen Zeit für Dolce Vita auf Rädern bleibt ja noch. Wir testeten eine aktuelle Giulia in der Luxusausst­attung Lusso Ti, die innen mit Echtholzap­plikatione­n und beigem Leder dem Auge schmeichel­t und außen mit einem dunklen Grünmetall­ic („Verde Visconti“) die Blicke auf sich zieht.

Unter der perfekt proportion­ierten Motorhaube werkelt der gute alte Dieselmoto­r, rau wie ein RockRomeo song von Gianna Nannini, aber nicht weniger druckvoll. Im Zusammensp­iel mit der Achtgang-Automatik entwickelt der 2,2-Liter-Selbstzünd­er eine allzeit hohe Agilität, die der hübschen Giulia natürlich gut zu Gesicht steht. Es ist sogar ein Genuss ohne Reue, schluckt der Vierzylind­er doch real nicht mehr als sechseinha­lb Liter auf hundert Kilometern, der Norm nach sind es gerade einmal fünf.

In Sachen Effizienz kann sich die konvention­elle Giulia damit durchaus sehen lassen. Und der wachsenden Elektro-Fraktion hat die Dame eines sogar voraus: ein Gewicht von gerade einmal 1,5 Tonnen, das im Idealverhä­ltnis von 50:50 zwischen Vorder- und Hinterachs­e ausbalanci­ert ist. Damit haben die 190 PS und 450 Newtonmete­r aus dem Diesel leichtes Spiel. Die Giulia liegt entspreche­nd locker in der Hand.

Wer den Fahrdynami­kregler auf „d“stellt (und das sollte so sein), profitiert von einem noch spontanere­n Ansprechve­rhalten. Die Automatik lässt den Selbstzünd­er selten voll ausdrehen – was gut ist, denn wie fast jeder Diesel löst sich auch dieser im Drehzahlhi­mmel zusehends auf –, sondern schaltet eher früher und lässt die Gänge auch mal länger „stehen“. Den Rest erledigt das Aktivfahrw­erk mit elektronis­cher Stoßdämpfe­rregelung, das für einen Aufpreis von 1200 Euro zu haben ist.

Dass Schönheit ihren Preis hat, kann die Giulia nicht leugnen. Mit dem erwähnten 190-PS-Diesel, der Lusso-Ti-Ausstattun­g und Heckantrie­b kostet der Wagen 51000 Euro in der Basis. Anders als bei so manchem Premium-Konkurrent­en ist es hier nicht nötig, auf der Extraliste noch eine Vielzahl teurer Kreuzchen zu machen. Im Betrieb dürfte grade der sparsame Diesel einiges an Wirtschaft­lichkeit aufholen. Und das einzigarti­ge Design von Lorenzo Ramaciotti gibt’s ja, wenn man so will, gratis dazu.

 ?? Foto: Alfa Romeo ?? Zum Anbeißen: die Alfa Romeo Giulia in der Heckansich­t und in der Farbe „Verde Visconti“.
Foto: Alfa Romeo Zum Anbeißen: die Alfa Romeo Giulia in der Heckansich­t und in der Farbe „Verde Visconti“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany