Warum der Effzeh ein großer Klub ist
Für eine Zweijährige ist ein ausgewachsener Bernhardiner eine ziemliche imposante Erscheinung. Das zottelige Wesen mit dem weiten Maul und den vier riesigen Pfoten überragt das Kind um etliche Zentimeter. Und die Erkenntnis, dass der Hund mit dem Fässchen um den Hals meist als Helferlein in der Not eingreift, ist im Kleinkindalter auch noch nicht gewonnen. Erst im Zuge des Heranwachsens wird das Mädchen begreifen, dass ein Bernhardiner kaum Grund zur Sorge bedeutet. Dass er eher zum knuddeligen Kumpel denn zum blutrünstigen Monster dient.
Letztlich ist im Leben alles eine Frage der Perspektive. Weil der Sport allgemein und die FußballBundesliga im Speziellen dazu zählen, auch dort. Je nachdem, welche Kriterien der Betrachter anlegt, verschiebt sich die Sichtweise. Kölns Trainer Steffen Baumgart etwa sieht seinen Klub in Deutschland als einen der größten an (auch unbegründet würde ihm jeder Jeck zustimmen). Baumgart argumentiert, sein FC sei schließlich hinter dem FC Bayern, Borussia Dortmund und Schalke 04 der Verein mit den meisten Mitgliedern. Was Baumgart vermitteln wollte – und womit er teils recht hat –, ein Klub kann ohne Trophäensammlung Strahlkraft entwickeln.
Bedauerlicherweise steht die Zahl der Vereinstreuen nicht zwingend in direktem Verhältnis zu Erfolg. Der HSV, St. Pauli, Dynamo Dresden oder Fortuna Düsseldorf verbuchen bedeutend mehr Mitglieder als der FC Augsburg oder Greuther Fürth, doch die einen dümpeln in der Zweitklassigkeit, während die anderen auf der großen BundesligaBühne gegen den Ball treten.
Sich einzig auf eine Perspektive einzulassen, könnte also in die Irre führen. Ob Baumgart seinen Klub weiterhin für einen der größten hält, wenn Leipzig oder Wolfsburg mit monetären Annehmlichkeiten locken würden? Auch Finanzkraft ist eine Form von Größe.
Nicht zu vergessen die sportliche Perspektive. Wer Spielern und Trainern nach Vereinswechseln glaubt, ein ziemlich wichtiges Kriterium für die Vertragsunterschrift. Oder noch konkreter: die torlosen Partien an diesem Spieltag. Die einen sagen: offensive Schwäche. Andere sprechen von defensiver Stärke. Entscheiden Sie selbst.
Wenn der FC Bayern am Saisonende die Meisterschale gewinnt, würde das kaum überraschen. Es wäre der zehnte nationale Titelgewinn in Folge. Jene, die es mit den Münchner halten, würde die Dominanz freuen, andere würden Langeweile beklagen. Es bleibt dabei: Alles eine Frage der Perspektive.