Das halten Bürger von den Kanzlerkandidaten
Bundestagswahl Augsburgerinnen und Augsburger schildern ihre politische Stimmungslage und verraten, auf wen sie wohl setzen werden, wenn es um die Nachfolge Angela Merkels geht
Noch knapp drei Wochen sind es bis zur Bundestagswahl. Viele Bürgerinnen und Bürger haben bereits per Briefwahl abgestimmt, andere sind sich noch unsicher, wem sie ihre Stimme geben sollen. Obwohl der deutsche Bundeskanzler nicht direkt gewählt wird, orientieren sich viele an den zwei Kanzlerkandidaten und der -kandidatin. Wie kommen Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) bei den Menschen in Augsburg an? Wir haben uns in der Innenstadt umgehört.
„An einem Bundeskanzler sind mir Charisma, Volksnähe und Glaubwürdigkeit wichtig, und das erfüllt aus meiner Sicht leider keiner der Kandidaten“, findet die Augsburgerin Alexandra Epp. Sie gehe immer wählen, habe es aber noch nie so schwierig gefunden wie dieses Jahr, sich zu entscheiden, sagt sie. Sarah Roth geht es ähnlich. Sie erzählt, dass sie von der Politik in den vergangenen Jahren
genervt sei. Sie habe das Gefühl, Politikerinnen und Politiker stehen nicht mehr für das ein, was ihre Partei ausmache, sondern versuchen, die breite Masse anzusprechen, um möglichst viele Wählerstimmen abzugreifen. „Das macht die Politiker so unauthentisch.“
An einem Kanzler sei ihr Authentizität wichtig und sie wünsche sich, dass auch Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen einen festen Standpunkt einnehmen. „Die derzeitige Regierung ist immer sehr diplomatisch. Ich wünsche mir, dass auch mal etwas riskiert wird, selbst wenn dadurch Wählerstimmen verloren gehen.“Auch wenn die Entscheidung schwer falle, werde sie die Grünen wählen, weil sie das „kleinste Übel“seien. Sie stehe zwar nicht hundertprozentig hinter dieser Partei, aber kann mit dem Grundsatz am meisten mitgehen: „Wir jungen Menschen müssen noch lange auf dieser Welt leben. Bei den Grünen habe ich am ehesten das Gefühl, dass etwas dafür getan wird.“
„Ich halte von allen drei Kandidaten sehr wenig“, sagt Udo Eichenseher. Er unterstütze die Grünen, aber finde, mit Annalena Baerbock haben sie die falsche Kandidatin aufgestellt. „Trotzdem wähle ich die Grünen, der Klimaschutz ist im Moment einfach am wichtigsten.“Entscheidend an einem Kanzler oder einer Kanzlerin ist seiner Meinung nach der Mut zu Visionen und der Mut, auch mal Fehler zu machen und sie einzugestehen. Das fehle ihm bei allen drei Bewerberinnen und Bewerbern, gibt er zu.
Bernhard Schwertner ist auf dem Fuggerplatz anzutreffen. „Ein Bundeskanzler braucht Ausstrahlung und irgendwas, das ‘Klick’ macht und intuitiv überzeugt“, sagt er. Die Kanzlerkandidaten finde er nicht überzeugend, ihnen fehle ein gewisses Charisma: „Es ist, als müsste man zwischen drei Äpfeln den am wenigsten fauligen wählen.“Olaf Scholz würde ihm noch am ehesten als Kanzler zusagen, wählen werde er auf jeden Fall gehen. „Wer nicht wählt, fördert die AfD“, ist Schwertner überzeugt.
Am Martin-Luther-Platz sitzt Annemarie Mantel auf einer Bank und erzählt, dass ihr besonders in der Corona-Zeit Politik sehr wichtig sei. An einem Bundeskanzler finde sie Zuverlässigkeit wichtig, vor allem die Verlässlichkeit der Worte und inwiefern diese sich in den Handlungen widerspiegeln. Sie persönlich würde Scholz wählen, da er sich mit Finanzen gut auskenne und ihr das in der Pandemie unentbehrlich erscheine, meint Annemarie Mantel.
Es ist nicht einfach, in der Innenstadt jemanden zu finden, der sich offen zu Armin Laschet bekennt. Ein Augsburger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, ist überzeugter CSU-Wähler, findet aber, Laschet sei der falsche Kandidat: „Friedrich Merz wäre der Richtige gewesen.“Trotzdem habe er bereits per Briefwahl für die CDU und somit für Armin Laschet gestimmt, erzählt er. „Ich wünsche mir von einem Kanzler, dass etwas für unser Land getan wird.“Laschet, fürchtet er, könne dies nicht umsetzen.
Alexander Kellermann ist gerade volljährig geworden und darf bei der Bundestagswahl zum ersten Mal abstimmen. Er unterstützt die Grünen, sei sogar in der Partei aktiv. Jedoch erscheint ihm Annalena Baerbock als Kanzlerin nicht geeignet, da würde er lieber Scholz bevorzugen, gibt er zu. „Ein Kanzler sollte empathisch sein und Einfühlungsvermögen für alle Schichten in der Gesellschaft aufbringen“, sagt Kellermann. Außerdem finde er es notwendig, dass ein Kanzler Prioritäten setzen kann und weiß, welche Probleme am dringendsten angegangen werden müssen.