Visionen für eine autofreie Maximilianstraße
Architekturstudenten haben Konzepte für eine grünere Zukunft von Augsburgs Prachtmeile entwickelt. Wie viel Veränderung braucht die Straße wirklich?
Schon lange wartet die Maximilianstraße auf eine Neugestaltung. Eine Voraussetzung dafür ist eine Eindämmung des Verkehrs auf der Prachtmeile, in dieser Frage sind sich Gegner und Befürworter einer autofreien Maxstraße einig. Im kommenden Jahr soll es dazu einen Versuch geben - ein Teil der Straße, der Abschnitt zwischen Merkur- und Herkulesbrunnen, soll zwölf Monate lang autofrei werden. Wie die Straße gestaltet werden könnte, wenn einmal gar keine Autos mehr auf ihr fahren, dazu haben sich Architekturstudenten der Hochschule Augsburg Gedanken gemacht. Einige ihrer Ideen stellten sie jetzt auf Einladung der Grünen-Stadtratsfraktion vor.
Die Utopien, die Studententeams vor interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie Stadträten aufzeichneten, entstanden ohne Denkverbote und politische Vorgaben, erklärte Professor Christian Bauriegel. So durften sie beispielsweise die Trambahnschienen in der Straßenmitte in ihren Entwürfen ignorieren - ja sogar für „überflüssig“erklären, wie ein
Vertreter der Fachforums Verkehr mit einer gewissen Empörung bemängelte. Auch die Idee eines neuen Gebäudes am Ende der Maxstraße wurde aus dem Publikum wegen angeblich schädlicher Umweltauswirkungen kritisiert, noch ehe die jungen Leute ihre Entwürfe überhaupt vorgestellt hatten.
Das Vorbild des ehemaligen Salzstadels, das bis 1809 mitten auf der Maximilianstraße stand, haben Antonia Finger und Dinah Lemm aufgegriffen und daraus einen modernen „Stadtstadel“entwickelt. „Der Stadel soll ein Ort zum Verweilen sein, mit Begegnungsflächen, Sitzbereichen sowie Wasser- und Grünflächen“, erklärten die angehenden Architektinnen.
Nach ihren Vorstellungen soll die Straße in eine Aneinanderreihung von kleineren Plätzen umgestaltet werden, mit einer gezielten Entsiegelung von Flächen, auf denen Bäume gepflanzt und Grünflächen angelegt werden könnten. Die Studentinnen griffen mit ihrem Entwurf auch das Problem der Erwärmung der Innenstädte auf, mit gleichzeitig großen Mengen von Niederschlägen, die künftig ein Problem werden könnten. Dagegen setzten sie unter anderem begrünte Fassaden, die für ein verbessertes Stadtklima sorgen sollen.
Noch ein Stück weiter geht der Entwurf, den Tobias Pillmeier und Felix Binder der Öffentlichkeit präsentierten. Ihr Entwurf „Downtown Ulrichsplatz“verlegt Teile der Maximilianstraße auf zwei Ebenen - mit einem schmalen Streifen für Zulieferer und Radfahrer am Rand der Bebauung und einem großzügigen Bereich mit Aufenthaltsqualität auf einer tieferen Ebene. Brücken überspannen dieses Tiefgeschoss und ermöglichen so den Zugang auf beide Straßenseiten. „Auf diese Weise bleibt die historische Sichtachse auf den Ulrich erhalten“, begründeten sie den Plan, Teile der Straße in die Tiefe zu verlegen.
Ein wichtiger Aspekt der Idee waren die zahlreichen Gewölbekeller, die unter der Maximilianstraße vermutet werden, und die für Planer eine große Herausforderung darstellen, wie Professor Bauriegel erläuterte. Bei Pillmeier und Binder werden die Gewölbekeller kurzerhand geöffnet und als Taverne oder Stadtcafé der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch eine Verbindung der Keller für geführte Touren könnten sich die Planer vorstellen. Der dritte Entwurf, den Moritz Rossdeutscher vorstellte, war eher eine Visualisierung des Wohnraumes, den Klimaflüchtlinge künftig in der Stadt beanspruchen könnten. Die Studenten griffen dieses Thema auf, indem sie zeppelingestützte Kunstinstallationen auf die historischen Häuser der Maximilianstraße aufhängen wollen.
In einer Gesprächsrunde auf der Veranstaltung sprach der GrünenStadtrat Deniz Anan mit Christian Bauriegel und der Vorsitzenden der Grünen im Münchner Stadtrat, Anna Hanusch, über die Chancen und Möglichkeiten autofreier Innenstadtstraßen. Architektin Hanusch berichtete von der „Rückeroberung des öffentlichen Raums“, beispielsweise der Sendlinger Straße in München. In der Landeshauptstadt habe man das Ziel, den Individualverkehr weitgehend aus der Altstadt zu verdrängen. Auch dort habe es zu Beginn starke Vorbehalte der ansässigen
Händler gegeben, die mittlerweile aber in Zustimmung umgeschlagen seien. Die Münchner Beispiele wie auch mehrere Studien zeigten, dass sich der Umsatz der Händler in Fußgängerzonen verbessere. „Man muss mit dem Versuch loslegen und sich trauen“, so Hanusch an die Adresse der Augsburger. Man könne noch so viele Studien in Auftrag geben - ob etwas funktioniert sehe man erst, wenn man es ausprobiert.
Christian Bauriegel brach eine Lanze für die Augsburger Maximilianstraße in ihrer jetzigen Form. „Die Maximilianstraße ist toll und braucht sicherlich keine radikalen Lösungen“, so der Professor. Er warnte die Verantwortlichen davor, aus der Straße eine „Eventmeile“zu machen. „Man muss sich immer fragen, wie viel Abwechslung verträgt so eine Straße“, sagt er in Hinblick auf Vorschläge von Baumpflanzungen und baulichen Veränderungen. „Ich spüre die Angst, was mit der Straße werden soll, wenn einmal keine Autos mehr da sind“, so Bauriegel. Die Maximilianstraße sei ohne Autos eine schöne Straße und verdiene eine behutsame Behandlung.