An die Arbeit
Koalition Mit einem 98,8-Prozent-Votum des Parteitags unterstreicht die SPD ihren Willen zur Ampel-Regierung. Der künftige Kanzler wird sogar emotional, als er die Delegierten beschwört.
Berlin „Dann an die Arbeit“, sagt Olaf Scholz, gewohnt nüchtern. Soeben haben die Delegierten auf dem kleinen SPD-Parteitag den Koalitionsvertrag gebilligt. Dem Bündnis mit Grünen und FDP steht damit auf sozialdemokratischer Seite nichts mehr im Weg. Dass der künftige Regierungschef nicht nur seine nüchterne, geschäftsmäßige Seite hat, sondern es auch versteht, Gefühle zu wecken, hat sich vor der Abstimmung gezeigt.
Für seine Verhältnisse ungewohnt emotional wirbt der Hamburger für das Ampel-Bündnis. „Das wird eine Regierung mit drei Parteien, die mehr Fortschritt für Deutschland wagen wollen“, beschwört er die gut 600 Delegierten. Es gebe jetzt die Chance für einen Aufbruch. Den Ampel-Parteien gehe es „nicht um eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern um eine Politik der großen Wirkung“, wirbt Scholz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags.
In dem Papier finde sich vieles aus dem Programm wieder, mit dem die SPD zur Wahl angetreten war, so der bisherige Vizekanzler und Bundesfinanzminister. Etwa der Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde. Der werde kommen, „ganz sicher“. Verbesserungen werde es aber auch für Mieter und Familien geben, die Ampel-Parteien hätten sich zudem auf zahlreiche Maßnahmen zum Schutz des Klimas geeinigt. Klar macht Scholz aber auch, dass die künftige Regierung sich voll auf die Bekämpfung der CoronaPandemie konzentrieren werde. Er verteidigt die schärferen Beschränkungen vor allem für Ungeimpfte und wirbt für einen Schub bei Impfungen. Die wichtigste Aufgabe der künftigen Regierung sei es, die Gesundheit der Bürger zu schützen.
Der „kleine Parteitag“war allein zur Entscheidung über den Koalitionsvertrag einberufen worden. Am kommenden Wochenende wird die SPD dann ihren regulären Parteitag abhalten, bei dem es auch um wichtige personelle Weichenstellungen geht. So wird Norbert Walter-Borjans sich aus der Parteispitze zurückziehen, die er bislang gemeinsam mit Saskia Esken bildet. Seinen Platz soll Lars Klingbeil übernehmen. Der noch amtierende Generalsekretär hat die SPD-Kampagne für die Bundestagswahl verantwortet und anschließend für die SPD-Seite die Koalitionsverhandlungen moderiert. „Ich bin wahnsinnig stolz auf das, was wir da gemeinsam verhandelt haben“, sagt Klingbeil. Neuer Generalsekretär soll Kevin Kühnert werden, der frühere Juso-Chef, der Olaf Scholz einst als Parteichef verhindert hatte. Nun ist er bald qua Amt für die Kampagne zur Wiederwahl von Scholz als Bundeskanzler in vier Jahren zuständig.
Wie sich die Zeiten doch ändern bei der SPD. Vor knapp vier Jahren hatte die Partei nur äußerst widerstrebend den Gang in eine weitere Große Koalition mit der Union angetreten. Zahlreiche prominente Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wären lieber in die Opposition gegangen. Die Entscheidungen fällte schließlich die Basis. Rund zwei Drittel der Mitglieder, die ihre Stimmen abgaben, waren dann doch fürs Mitregieren. Dass nach dem Wahlsieg im September am Regierungswillen der SPD diesmal keinerlei Zweifel besteht, war dagegen klar. Statt auf einen Mitgliederentscheid setzte die Partei wieder auf einen Parteitag. Auf dem stimmen schließlich 98,8 Prozent der Delegierten für die Ampel. Mit lang anhaltendem Applaus wird das Ergebnis quittiert.
Die SPD hat, anders als Grüne und FDP, noch nicht bekannt gegeben, mit welchen Persönlichkeiten sie die ihr zustehenden Ministerien besetzen will. An diesem Montag dürfte feststehen, wer neben dem Kanzleramt die sechs Ressorts Innen und Heimat, Arbeit und Soziales, Verteidigung, Gesundheit, Bauen sowie Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung übernimmt. Am Mittwoch soll Olaf Scholz vom Bundestag als Nachfolger von Angela Merkel (CDU) zum Kanzler gewählt werden.