Aichacher Nachrichten

Bringt ein Böllerverb­ot wirklich etwas?

Pandemie Wieder fällt das Feuerwerk zu Silvester aus. Doch halten sich die Leute daran? Ein Experte des LKA gibt Antworten

- VON MARIA‰MERCEDES HERING

Augsburg Über ein Böllerverb­ot war in den vergangene­n Wochen viel spekuliert worden. Die Stadt Augsburg erwog eines. Der Münchner Oberbürger­meister Dieter Reiter sprach sich gegen Feuerwerk in seiner Stadt aus. Auch in weiteren Kommunen gab es derlei Pläne. Seit Donnerstag ist nun klar, dass in ganz Deutschlan­d keine Böller und kein Feuerwerk verkauft werden dürfen. Mit Böllerverb­ot und Kontaktbes­chränkunge­n könnte es ein ähnlich stiller Jahreswech­sel werden wie schon im vergangene­n Jahr.

Denn wie im vergangene­n Dezember sind die Infektions­zahlen hoch. Alarmieren­d hoch, wie der amtierende Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) und Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts, in den vergangene­n Wochen immer wieder betont haben. Intensivst­ationen sind längst am Limit, in vielen Krankenhäu­sern werden nun planbare Operatione­n verschoben.

Der bayerische Gesundheit­sminister

Klaus Holetschek begrüßte das Böllerverb­ot ausdrückli­ch. „Klar ist: Die Situation auf den Intensivst­ationen ist extrem angespannt. Schaut man sich die aktuellen Inzidenzen an, wird sich die Lage dort auch zeitnah nicht entspannen.“Beim Abschießen von Feuerwerk komme es jedes Jahr zu zahlreiche­n Verletzung­en infolge von falscher Anwendung bei Böllern oder Raketen, so Holetschek. Diese seien teils schwerwieg­end und müssten oft notfallmäß­ig behandelt werden, was zusätzlich­e Kapazitäte­n in den Krankenhäu­sern binden würde. Holetschek ist überzeugt: „Jede vermeidbar­e Zusatzbela­stung muss in der derzeitige­n Lage unbedingt unterbunde­n werden.“

Wenn weniger Unfälle mit Feuerwerk passieren, helfe das also den Krankenhäu­sern in der schwierige­n Lage. Kein Verkauf von Feuerwerk, weniger Verletzung­en also? Immer wieder werden Stimmen laut, die behaupten: Wenn die Leute kein legales Feuerwerk kriegen, kaufen sie eben illegales aus dem Ausland. Und das, so der Gedanke, sei dann noch viel gefährlich­er.

Das Bayerische Landeskrim­inalamt (LKA) kann diesen Trend zum Ersatzkauf nicht bestätigen – im Gegenteil. Wie LKA-Sprecher Martin Hubert erklärt, sehen Spezialist­en eine andere Entwicklun­g: Wenn man Feuerwerk legal nicht kaufen könne, werde auch illegales dadurch weniger attraktiv. Denn wenn man eigentlich keine Böller kaufen kann, sind die, die explodiere­n, erst recht auffällig. Laut Hubert hat das LKA zum Jahreswech­sel 2020/21 fast keine Verstöße gegen das Sprengstof­fgesetz festgestel­lt. Und auch kaum Verletzung­en, wenngleich diese nicht alle beim LKA erfasst werden. Auch was die Einfuhr von illegalem Feuerwerk aus dem Ausland angeht, gibt Hubert Entwarnung. Auch hier sei zu bemerken gewesen, dass Feuerwerk bei einem Böllerverb­ot besonders auffällig und damit unattrakti­v sei.

Was Strafanzei­gen zum Jahreswech­sel angeht, verzeichne­t das LKA weder Anstieg noch Rückgang. Jedes Jahr sind das laut Martin Hubert rund 9000 Anzeigen. Aber die Delikte hätten sich verschoben, weg von Ordnungswi­drigkeiten wegen lauter Partys – die waren 2020 im Lockdown nicht möglich – hin zu Verstößen gegen das Infektions­schutzgese­tz. Klar ist: Partys lassen sich auch ohne Feuerwerk feiern. Ein Böllerverb­ot kann zwar Verletzung­en verhindern und Krankenhäu­ser zum Jahreswech­sel entlasten. Aber wenn sich viele Menschen treffen, ist auch das Infektions­risiko höher. Daher gibt es für Silvester weitere Regeln, um Kontakte zu begrenzen. So wird es am 31. Dezember und am 1. Januar ein An- und Versammlun­gsverbot geben. Und auf besonders publikumst­rächtigen Plätzen wird Feuerwerk komplett verboten.

 ?? Foto: Matthias Balk, dpa (Archivbild) ?? So sah es in München vor Corona zum Jahreswech­sel aus. Aber auch heuer wird der Himmel weitgehend dunkel bleiben.
Foto: Matthias Balk, dpa (Archivbild) So sah es in München vor Corona zum Jahreswech­sel aus. Aber auch heuer wird der Himmel weitgehend dunkel bleiben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany