Ein Pfiff überlagert das Spektakel
Fußball Der BVB und der FC Bayern liefern sich eines der besten Spiele dieser Saison. Um den strittigen Elfmeter zum 3:2 entbrennt nach Spielende aber eine hitzige Diskussion.
Dortmund Was hätte es über dieses Spiel alles zu sprechen gegeben: Borussia Dortmund und der FC Bayern lieferten sich am Samstagabend einen spektakulären Schlagabtausch, Chancen hatte es teilweise im Minutentakt gegeben. Stattdessen ging es nach dem 3:2-Sieg der Münchner nach Schlusspfiff fast nur um ein Thema: den Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Felix Zwayer, den die Bayern in Person von Robert Lewandowski zur Entscheidung nutzten. Eine Viertelstunde vor Schluss hatte Mats Hummels den Ball nach einer Ecke an den Arm bekommen. Zwayer ließ zunächst weiterspielen, entscheid sich aber nach Sichtung der Bilder zum Pfiff.
Die Elfmeter-Entscheidung wurde von Dortmunder Seite mit heftigen Vorwürfen begleitet. Die drastischsten und mutmaßlich folgenreichsten Worte kamen von Jude Bellingham. Der 18-jährige Mittelfeldspieler des BVB hatte die Führung seiner Mannschaft vorbereitet und beim norwegischen Sender Viaplay Fotball über Zwayer gesprochen: „Du gibst einem Schiedsrichter, der schon in Spielmanipulationen verwickelt war, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?“Damit spielte Bellingham auf die Ereignisse beim Bundesliga-Wettskandal 2004 an. Zwayer war damals einer der Hauptzeugen gegenüber dem ehemaligen BundesligaSchiedsrichter Robert Hoyzer, der wegen Spielmanipulationen zu einer zweieinhalb Jahren Haftstrafe verurteilt worden war.
Zwayer selbst soll als Linienrichter beim Spiel zwischen Wuppertal und den Werder-Amateuren Schmiergeld erhalten und den Verdacht gegen Hoyzer nicht gemeldet haben, weswegen er vom DFB rückwirkend für sechs Monate gesperrt worden war. Bellingham war damals gerade mal ein Jahr alt – in der Fußball-Szene vergisst man derlei Dinge aber eben nicht so leicht.
Im Jahr 2021 gilt Zwayer als rehabilitiert, ist Fifa-Schiedsrichter und wird vom DFB als einer der besten Schiedsrichter eingestuft, weswegen er auch das Topspiel zwischen BVB und FCB pfeifen durfte. Sehr wahrscheinlich also, dass der DFB die
Bellingham-Kritik nicht auf sich sitzen lassen wird. Von offizieller Seite gab es noch keine Stellungnahme.
Sehr wohl aber vonseiten der BVB-Verantwortlichen. Trainer Marco Rose hat wegen des gegebenen Elfmeters und einer Szene zuvor – Hernández hatte Reus im Bayern-Strafraum gestoppt, der Elfmeter-Pfiff war ausgeblieben – GelbRot gesehen. Nach dem Schlusspfiff zeigte sich der Coach etwas ruhiger, aber keinesfalls versöhnlich: „Das Spiel hätte einen anderen Ausgang und eine andere Entscheidungsfindung verdient.“Bayern-Coach Nagelsmann gab Rose in seiner Kritik teilweise recht. „Ich verstehe, dass die beiden Situationen Diskussionen auslösen können. In meinen Augen kann man beide Elfmeter geben.“
Vor allem der Umstand, dass Zwayer sich die Entscheidung für die Bayern, nicht jedoch den möglichen Elfmeter für Dortmund angesehen hatte, erregte den Ärger der Borussen. Kapitän Marco Reus sagte, nachdem er die Video-Bilder gesehen hatte: „Meine Elfmeterszene war auch 50:50. Das hätte er sich wenigstens anschauen müssen.“
Zwayer selbst verteidigte seine Sicht der Dinge und sah sich bei Sky im Recht. Der Videoschiedsrichter habe ihn darüber informiert, dass Hummels den Arm in einer unnatürlichen Armhaltung vom Körper weggestreckt habe. „Daraufhin habe ich es mir am Monitor angeschaut und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es ein strafbares Handspiel ist.“Bei der möglichen Elfmetersituation für Dortmund habe er weiterlaufen lassen, weil er allgemein eine großzügige Beurteilung von Zweikämpfen vorgenommen habe. Die Szene zwischen Reus und Hernández sei „nicht schwarz und nicht weiß“gewesen.
Borussia Dortmund Kobel – Meunier, Akanji, Hummels, Guerreiro (82. N. Schulz) – E. Can, Dahoud (60. Malen) – Brandt (69. M. Wolf), Reus, Bellingham – Haaland (82. S. Tigges)
Bayern München Neuer – Pavard, Upa mecano, Lucas Hernández (74. Süle), Davies – Goretzka (65. Musiala), Tolisso – Coman (88. Nianzou), Th. Müller, L. Sané (65. Gnabry) – Lewandowski
Tore 1:0 Brandt (5.), 1:1 Lewandowski (9.), 1:2 Coman (44.), 2:2 Haaland (48.), 2:3 Lewandowski (77./HE) Zus. 15.000