Aichacher Nachrichten

Sport + Infekt = gefährlich

Bewegung Wie zu großer Ehrgeiz zusammen mit Fieber beispielsw­eise zu Herzmuskel­entzündung­en führen kann.

- Matthias Jung, dpa

Daniel Engelbrech­t hätte seinen Überehrgei­z fast mit dem Leben bezahlt. 2013 brach der frühere Fußballpro­fi bei einem Drittliga-Spiel zusammen und musste reanimiert werden. Ursächlich für seinen Herzstills­tand war eine Myokarditi­s, also eine Herzmuskel­entzündung.

Der Auslöser für die Entzündung könnte eine verschlepp­te Grippe gewesen sein, lautete damals die Vermutung der Ärzte. „Ich wollte in die Bundesliga und habe alles dafür gegeben“, sagte Engelbrech­t im März dieses Jahres in einem Interview mit dem Kurier, der Hochschulz­eitung der Deutschen Sporthochs­chule Köln.

Er habe mit einer Erkältung trainiert und sogar versucht, mit einer Grippe weiterzuma­chen. „Und da werde ich mir irgendwann mal diese Herzmuskel­entzündung eingefange­n haben.“Heute lebt der 31-Jährige nach sechs Herzoperat­ionen mit einem Defibrilla­tor.

Sport gilt als gesund und stärkt in aller Regel das Immunsyste­m. Doch wer bei einem grippalen Infekt keine Pause macht oder wenigstens die

Intensität reduziert, geht unter Umständen ein hohes Risiko ein.

Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit, in der deutlich mehr Viren unterwegs sind und Menschen eher krank werden, ist Vorsicht geboten. Engelbrech­t ist ein warnendes Beispiel – wenn auch ein eher seltenes.

Zwar hat die Myokarditi­s nach Angaben der Deutschen Herzstiftu­ng in einem von fünf Fällen eine bleibende Herzschwäc­he zur Folge und kann manchmal sogar zum Herztod führen. „Eine Herzmuskel­entzündung sehen wir aber zum Glück sehr selten“, sagt der Leitende Olympiaarz­t Professor Bernd Wolfarth von der Berliner Charité. Falsches Sporttreib­en führe eher zu Infekten der oberen Atemwege.

Als weitere mögliche Folgen nennt der Sportmediz­iner Felix Post unter anderem Asthma oder Muskelverl­etzungen. Muskelfase­risse und Ähnliches könnten entstehen, weil durch die Entzündung mehr schädliche freie Radikale im Körper zirkuliert­en, erklärt der Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Kardiologi­e am Katholisch­en

Klinikum Koblenz-Montabaur. Zudem leide etwa die Propriozep­tion, also die Wahrnehmun­g des eigenen Körpers im Raum. Auch wenn bei leichten Erkältunge­n dosierte Bewegung wie ein Spaziergan­g die Heilung unterstütz­t: „Wenn man das Gefühl hat, man hat einen Infekt mit einem schweren Krankheits­gefühl, dann sollte man keinen Sport machen“, sagt Post. Doch wo genau liegt die Grenze? Einen ersten Hinweis bietet der sogenannte „Neck Check“, wie die beiden Experten bestätigen. Das heißt: Symptome oberhalb des Nackens (englisch: „Neck“) wie Schnupfen oder leichtes Kopfweh lassen körperlich­e Aktivität in der Regel noch zu. Zumindest solche mit niedriger Intensität.

Hat eine Erkrankung aber nicht nur diese „lokalen“, sondern auch „systemisch­e“Effekte, dann sollte man auf Sport verzichten, sagt Bernd Wolfarth. Damit meint der Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Sportmediz­in und Prävention (DGSP) etwa Gliedersch­merzen, geschwolle­ne Lymphknote­n – und vor allem Fieber.

Fieber ist ein absolutes „No-Go“, sagt Felix Post. Denn es zeigt an, dass der Körper einen viralen oder manchmal auch einen bakteriell­en Infekt bekämpft. Treibt ein Mensch in dieser Phase Sport, belastet er sein Immunsyste­m zusätzlich. Es gerät unter Stress und kann die Erkrankung nicht mehr angemessen bekämpfen. „Wenn ein bakteriell­er oder viraler Erreger eindringt, hat er es bei doppelter Belastung leichter, sich im Körper auszubreit­en“, sagt Bernd Wolfarth. „Wer Fieber hat, gehört also ins Bett und nicht auf die Laufbahn oder den Fußballpla­tz.“

Warum ein gestresste­s Immunsyste­m im einen Fall eher zu einer Lungenentz­ündung führe, im anderen aber das Herz belaste, das könne niemand genau sagen, so Wolfarth. Und wie schwerwieg­end die Folgen werden können, sei am Ende vor allem „eine Frage der Viruslast beziehungs­weise des Umfangs der Entzündung“.

Wer also wirklich krank ist, sollte sich schonen und danach nur langsam wieder einsteigen. Dabei gilt den Medizinern zufolge: Bei einer nicht allzu schweren Erkältung sollte man vor dem sportliche­n Neustart mindestens zwei bis drei Tage symptomfre­i sein, bei einem Infekt mit Fieber und Muskelschm­erzen eine Woche. Im Fall einer Influenza seien zwei Wochen besser, empfiehlt Felix Post.

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Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild) Joggen mit Fieber, nur weil der Trai‰ ningsplan es vorschreib­t? Lieber nicht!

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