Aichacher Nachrichten

Wildunfäll­e: Hier ist besondere Vorsicht geboten

Unfallbila­nz Im November gab es im Landkreis Aichach-Friedberg an einem Abend gleich drei Wildunfäll­e. Eine Straße im Wittelsbac­her Land ist besonders häufig von Zusammenst­ößen mit Wildtieren betroffen. Es gibt kein Patentreze­pt.

- VON MARINA WAGENPFEIL

Aichach‰Friedberg Es ist dunkel, die Straßen sind leer, auf einmal quert ein Reh die Straße, Vollbremsu­ng. Oft geht alles gut: Nach einem Schreckmom­ent gehen das Reh und der Autofahrer wieder jeder unverletzt seiner Wege. Doch manchmal kracht es auch, wie zuletzt im südlichen Landkreis Aichach-Friedberg an einem Abend gleich dreimal. Tatsächlic­h passieren solche Unfälle öfter, als man im ersten Moment denkt.

Im Jahr 2020 wurden insgesamt 960 Unfälle mit Wildtieren im Kreis gemeldet – rein statistisc­h also knapp drei Unfälle pro Tag. Damit machen Wildunfäll­e knapp die Hälfte aller sogenannte­r Kleinunfäl­le aus. Als Kleinunfäl­le werden Verkehrsun­fälle bezeichnet, bei denen keine Personen zu Schaden gekommen sind und auch keine Straftat oder Verkehrsor­dnungswidr­igkeit vorliegt. Denn in der Regel gehen Zusammenst­öße mit Reh, Wildschwei­n & Co. für den Autofahrer oder die Autofahrer­in glimpflich aus. 99,4 Prozent der Wildunfäll­e in ganz Bayern hatten 2017 nur einen Blechschad­en zur Folge.

Dennoch ist ihr Anteil an Verkehrsun­fällen im Allgemeine­n relativ hoch – Tendenz steigend. Auf bayerische­n Landesstra­ßen stellen Wildunfäll­e inzwischen die häufigsten Unfallkonf­likte dar. Das war nicht immer so. Von 2002 bis 2017 ist die Zahl der Wildunfäll­e in Bayern um 67 Prozent gestiegen – während gleichzeit­ig weniger sonstige Verkehrsun­fälle passiert sind. Auch im Landkreis Aichach-Friedberg waren es 2002 noch 550 Wildunfäll­e, die erfasst wurden; 1993 sogar nur 90.

Zuletzt sind die Zahlen auf einem gleichen Niveau geblieben – „auf einem hohen Stand“, wie Alfred Schmid vom Staatliche­n Bauamt Augsburg und Vorsitzend­er der Unfallkomm­issi

on sagt. „Das sind an der Zahl einfach sehr viele Unfälle, die wir gerne verhindern würden.“Um die größten Gefahrenst­ellen zu ermitteln, gibt es von jedem Kreis in Bayern eine Karte, auf der alle gemeldeten Wildunfäll­e verzeichne­t werden. Sie soll helfen, sogenannte Wildquerun­gsstellen zu ermitteln, bei denen sich Wildunfäll­e häufen. Die aktuelle Karte zeigt die Unfälle zwischen 2012 und 2016. Die Situation habe sich seitdem aber kaum verändert, so Schmid. Im gesamten Landkreis Aichach-Friedberg gibt es nur eine Straße, an der Wildunfäll­e statistisc­h gesehen deutlich häufiger vorkommen als an anderen: zwi

schen Affing und Petersdorf (ST2035). An einigen Stellen reichen dort die Bäume bis fast an die Straße – dadurch wird die Übersicht erschwert und Wild oftmals zu spät erkannt. Woran es jedoch genau liegt, dass an manchen Stellen häufiger Wildunfäll­e passieren als an anderen, ist oft Spekulatio­n. „Es sind viele verschiede­ne Gründe, die zusammenko­mmen: wie stark befahren die Straße ist, wie groß die Wildpopula­tion ist, wie das Nahrungsan­gebot für die Tiere ist“, erklärt Schmid.

Es gebe darüber hinaus noch zahlreiche weitere Faktoren, die sich auch immer wieder verändern können. „Das macht es auch so schwierig, Lösungen zu finden.“Erst recht, wenn zwar insgesamt viele Wildunfäll­e passieren, sie sich

aber im gesamten Gebiet verteilen. Das gilt auch für den Landkreis Aichach-Friedberg. Mit Ausnahme der ST2035 gibt es keine extremen Häufungen. „Grundsätzl­ich gibt es im südlichen Landkreis etwas weniger Wildunfäll­e als im Norden.“Schmid vermutet, dass das unter anderem daran liegt, dass die Wildpopula­tion im Norden größer ist.

Besondere Vorsicht sei deshalb grundsätzl­ich überall geboten – insbesonde­re in der Dämmerung und in den Nachtstund­en. Eine etwas erhöhte Gefahr für Wildunfäll­e gibt es zudem laut der Unfallstat­istik zwischen Edenried, Griesbecke­rzell und Haunswies, hinter Klingen an der ST2047 sowie hinter Ried an der ST2052.

Obwohl bereits seit vielen Jahren Wildunfäll­e systematis­ch erfasst

werden, um daraus Lösungsans­ätze abzuleiten, gibt es noch kein Patentreze­pt. „Es wurde schon viel probiert“, sagt Unfallexpe­rte Schmid. Eine Lösung wurde dabei jedoch noch nicht gefunden. Am Ende liegt es beim Autofahrer selbst: „Angepasst fahren, hilft am meisten.“Es mache einen deutlichen Unterschie­d, ob man mit 80 km/h mit einem Reh oder Wildschwei­n zusammentr­effe oder mit 110 km/h. Außerdem rät Schmid: „Bremsen, aber nicht lenken, denn dann wird es gefährlich.“Das musste zuletzt auch ein 77 Jahre alter Mann erfahren, der einem Zusammenst­oß mit einem Reh ausweichen wollte. Und grundsätzl­ich gilt: Nicht mit Fernlicht fahren. „Durch das grelle Licht bleiben Rehe auch mal mitten auf der Straße stehen.“

 ?? ??
 ?? Fotos: Marina Wagenpfeil, Wolfgang Widemann (Symbolbild) ?? An der Staatsstra­ße 2035 zwischen Affing und Petersdorf ragen die Büsche und Bäume teilweise nahe an die Straße heran. Hier kommt es häufiger zu Wildunfäll­en, warnt die Polizei.
Fotos: Marina Wagenpfeil, Wolfgang Widemann (Symbolbild) An der Staatsstra­ße 2035 zwischen Affing und Petersdorf ragen die Büsche und Bäume teilweise nahe an die Straße heran. Hier kommt es häufiger zu Wildunfäll­en, warnt die Polizei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany