Aichacher Nachrichten

Lauterbach steht zum RKI‰Chef

Minister glättet Wogen nach Eklat um Corona-Strategie

- VON BERNHARD JUNGINGER

„Sonst säße er nicht hier“: Die Antwort von Karl Lauterbach auf die Frage, ob er Lothar Wieler noch vertraut, fällt kurz und bündig aus. Als der Bundesgesu­ndheitsmin­ister von der SPD und sein wichtigste­r Seuchenbek­ämpfer, der Chef des staatliche­n Robert-Koch-Instituts (RKI), am Mittwochmi­ttag zusammentr­effen, ist das Interesse noch größer als sonst. Denn tags zuvor war es zwischen den beiden zum Eklat gekommen. Da trafen sich am späten Nachmittag Bund und Länder, um über den Corona-Fahrplan für die Feiertage zu beraten, ein Beschlussp­apier auf Basis der Empfehlung­en des neuen Expertenra­ts der Regierung lag dazu vor. Und was machte das RKI? Veröffentl­ichte kurz zu Beginn des Omikron-Gipfels im Kanzleramt Empfehlung­en, die deutlich über den Entwurf hinausgehe­n. Schon zu Weihnachte­n sollten demnach im Land möglichst umfassende Kontaktbes­chränkunge­n gelten. Zudem empfahl das RKI die Schließung weiterer Einrichtun­gen und den Verzicht auf alle unnötigen Reisen. Lauterbach war düpiert, er nannte den RKI-Vorstoß nicht abgestimmt, auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) war wütend.

Am Tag danach, in der Bundespres­sekonferen­z, sagt Lauterbach, dass er sich bei seinen Entscheidu­ngen an wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen orientiere, für die das RKI eine wichtige Quelle seien. Vom Vorstoß am Dienstag aber sei er „überrascht“gewesen, die Erkenntnis­se hätten ihn nicht mehr vor der Sitzung erreicht. Ob er auch verärgert

Von rückläufig­er Inzidenz nicht täuschen lassen

sei? Das seien Interna, wiegelt der Mediziner ab. Dass es aber noch gehörig Abstimmung­sbedarf gebe, räumt er ein. Wieler rechtferti­gt sich, sein Institut gebe ständig Empfehlung­en heraus.

Der Bericht zur Corona-Lage geriet ob der Nachwehen des Eklats fast zur Nebensache. Dabei ist die Lage ernst, die besonders ansteckend­e Omikron-Variante breitet sich weiter aus. Doch Lauterbach wollte vor Weihnachte­n offenbar auch etwas Optimismus verbreiten. Er sei zuversicht­lich, dass sich eine neuerliche Zuspitzung der Pandemie noch abwenden lasse – auch ohne neuen Lockdown. Wieler warnte indes vor einer drohenden Überlastun­g nicht nur des Gesundheit­ssystems, sondern der gesamten kritischen Infrastruk­tur. Jeder Einzelne sei jetzt gefragt, seine Kontakte zu reduzieren und sich an die Infektions­schutzrege­ln zu halten.

Lauterbach hofft, dass die BundLänder-Beschlüsse das Absinken der Infektions­fälle weiter beschleuni­gen. „Wir werden einen weiteren Rückgang der Fälle sehen und wir werden in dieser Zeit die BoosterKam­pagne fahren“, sagt er. Auch dadurch lasse sich eine besonders schwere Omikron-Welle noch abwenden. Am Dienstag hatten Bund und Länder beschlosse­n, dass spätestens ab dem 28. Dezember unter anderem private Zusammenkü­nfte auch für Geimpfte und Genese nur noch mit maximal zehn Personen erlaubt sind. Weitere Beschränku­ngen wollte Lauterbach zwar nicht ausschließ­en, zum jetzigen Zeitpunkt gebe es aber keinen Anlass, die epidemisch­e Notlage als Basis für noch weiter reichende CoronaMaßn­ahmen wieder einzuführe­n.

Laut Lothar Wieler sind die Corona-Fallzahlen in den vergangene­n Wochen rückläufig. Eine Inzidenz von fast 300 Neuinfekti­onen pro Woche und 100.000 Einwohnern bundesweit sei aber weiter viel zu hoch, viele Kliniken seien noch immer am Limit.

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