Bescheiden und doch Weltklasse
Der Jazzpianist Walter Lang ist tot
München Kann ein Musiker aus dem süddeutschen Raum tatsächlich „Weltklasse“sein, vor allem wenn er sein Ego ständig hintanstellt und nur der Musik dient? Walter Lang war Weltklasse, in jeder Hinsicht. Der Pianist, in Schwäbisch Gmünd geboren und später in München sesshaft geworden, spielte mit den Größten des Genres, mit Lee Konitz, Don Menza und Dusko Goykovich. Er war so etwas wie ein Superstar im Jazz-verrückten Japan, wo sich seine Alben wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln verkauften, setzte Maßstäbe mit seinem Trio ELF, in dem er Ambient- und Drum’n’Bass-Sound mit JazzGrooves zusammenbrachte, und galt wegen seiner Zusammenarbeit mit e.s.t.-Drummer Magnus Öström als eine Art Wiedergänger des legendären Esbjörn Svensson.
Langs letztes Album erschien im Frühjahr, „Cathedral“, mit dem jungen Gitarristen Philipp Schiepek. Er und der Saitenzauberer verdichteten dabei die Kraft einfacher Melodien. Das war vielleicht die größte Stärke des Pianisten, Komponisten und Arrangeurs, eine, die sich aus seinem Karriereweg erklärt. Walter Lang wollte andere nicht überstrahlen, sondern seinen Partnern zum bestmöglichen Strahlen verhelfen. Das konnte der Mann mit dem schwäbischen Akzent, der seine ausgeprägte Höflichkeit und Bescheidenheit fast über Gebühr betonte, perfekt. Lang kam von der Klassik, fand über die Volksmusik zum Akkordeon, entdeckte die Beatles und wollte eigentlich Rockmusiker werden. Aber das hätte nicht zu ihm gepasst. Er betrachtete Musik als kollektives Produkt, sein klarer, nie aufdringlicher Ton am Klavier war stets wie ein gemachtes Bett für die, die mit ihm spielten. Walter Lang, auch als Mensch eine Klasse für sich, ist jetzt im Alter von nur 60 Jahren an einem Krebsleiden gestorben.