Aus dem HandballTor zur DartsWM
Weltmeisterschaft Florian Hempel wirft Mitfavorit Van den Bergh raus. Dabei startete seine Karriere erst vor vier Jahren.
London Eigentlich hatte Florian Hempel in dieser Januarwoche im Jahr 2017 nichts vor – außer eben ein bisschen Resturlaub abzubauen. Entspannen, runterfahren. Was man eben so macht, wenn man 26 ist und keine Verpflichtungen hat. In der Wohngemeinschaft, in der er damals lebte, hing eine Dart-Scheibe. „Und dann habe ich damals ein paar Pfeile geworfen“, erinnerte sich der heute 31-Jährige im Dezember 2021 an seine Anfänge.
Aus den paar Pfeilen ist längst mehr geworden. Bei der DartsWM, die gerade in London stattfindet, hat Hempel am Dienstagabend für die bisher wohl größte Überraschung gesorgt: Er gewann sein Zweitrundenmatch gegen den belgischen Weltranglistenfünften und Mitfavoriten Dimitri Van den Bergh. Seine Gefühlswelt beschrieb er nach dem Match bei DAZN wie folgt: „Das glaubt mir kein Mensch!“Die Urlaubswoche von damals war gut investiertes Geld: 25.000 Pfund (rund 29.500 Euro) erhält er als Preisgeld für seine bisherigen Auftritte.
Vor der Weltmeisterschaft redeten alle deutschen Darts-Fans über den erst 16 Jahre alten Debütanten Fabian Schmutzler oder Gabriel Clemens – von Hempel, der in der ersten Runde gegen seinen Freund Martin Schindler antreten musste, nahm kaum einer Notiz. Auch für den in Dessau geborenen WahlKölner war es das Debüt bei der Weltmeisterschaft. Dabei könnte sein Weg bei dem Turnier noch weiter gehen: In der 3. Runde trifft er auf den Australier Raymond Smith, der als machbares Los gilt.
Nicht schlecht für einen, der den Sport bis vor vier Jahren vornehmlich vom Fernseher aus verfolgte und eigentlich aus einer anderen Sportart kommt: Für den DessauRoßlauer
HV bestritt er zwischen 2010 und 2013 drei Spiele in der zweiten und dritten Handball-Bundesliga. Dass er es als Torwart aber nicht in den Profi-Bereich schaffen würde, war ihm klar. Nach seinem Umzug aus seiner Geburtsstadt Dessau nach Köln spielte Hempel noch ein Jahr beim Oberligisten Longerich, bevor er 2016 seine Karriere beendete.
Und nun also Darts-Profi – und nicht mehr als Dessauer, sondern als Rheinländer. Aus dem Sachsen-Anhalter ist längst ein Kölscher Jung geworden. „Ich fühle mich wohl in der Stadt, und hier hat auch mit dem Darts alles für mich angefangen“, sagte Hempel gegenüber DAZN. Die Verbundenheit mit der Stadt geht so weit, dass der Kölner Dom auf seinem Trikot prangt und seine Einlaufmusik von der MundartBand Brings stammt: „Kölsche Jung“. Sehr zur Freude der Band: Sänger Peter Brings hat angekündigt,
bei Hempel vorbeizukommen und ihm dessen Einlaufsong „Kölsche Jung“persönlich vorzusingen – falls er Weltmeister wird.
Vorerst steht für Hempel aber nun ein Weihnachtsfest mit gemischten Gefühlen an: Weil Großbritannien mittlerweile als Variantengebiet für das Coronavirus gilt, müsste er im Falle einer Heimreise erst einmal in Quarantäne. Das würde sich nur schlecht mit dem WMSpielplan vertragen, der für ihn am 27. Dezember das nächste Match vorsieht. Das Fest wird er in einem Londoner Hotel statt mit Freunden und Familie verbringen. „Ja, das tut mir in der Seele weh. Aber es ist nun mal mein Job, und ich wusste, worauf ich mich einlasse“, sagte er bei Sport1.
Immerhin: Eine Hoffnung auf ein Fest mit einem deutschen DartsKollegen wäre möglich: Siegt Gabriel Clemens in seinem Zweitrundenmatch gegen Lewis Williams (Donnerstag, 21 Uhr), müsste auch der Saarländer über Weihnachten in der britischen Hauptstadt bleiben. Noch ein Grund mehr für Hempel, seinem Kumpel die Daumen zu drücken.