Aichacher Nachrichten

Es ist eben nicht aus, wenn das Spiel vorbei ist

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger‰allgemeine.de

uf der Couch zum Weltcupsie­g: Geht nicht? Geht doch, wie das Beispiel der Norwegerin Tora Berger zeigt. Sie hatte ihre Biathlon-Karriere eigentlich schon seit 2014 beendet. Und trotzdem hat die heute 40-Jährige kürzlich einen weiteren Gesamtwelt­cup-Sieg in ihrer Vita stehen.

Das widerspric­ht ein wenig der allgemein im Sport geltenden Regel, wonach ein Match dann aus ist, wenn der Schlusspfi­ff ertönt, hat aber folgenden, etwas komplexen Zusammenha­ng: Auslöser für das vorzeitige Weihnachts­geschenk für Berger ist die Entscheidu­ng des Weltverban­ds IBU, wonach die Russin Olga Saizewa wegen Dopings nachträgli­ch von neun Rennen der Saison 2013/2014 disqualifi­ziert wurde. Im Zuge dessen mussten alle Rennen dieser Saison nachberech­net werden. Das Ergebnis: Berger, die eigentlich fünf Zähler hinter der Finnin Kaisa Makarainen lag, führt nun mit vier Punkten. Zu Weltcupsie­gerinnen hat der Verband rückwirken­d aber beide erklärt.

Das Urteil samt nachträgli­cher Änderung des Weltcupsta­nds nährt die Hoffnungen von Sportfans, historisch­e Ergebnisse auch nach Jahren noch korrigiere­n zu können: Schließlic­h weiß man dank moderner Torlinient­echnik, dass der Ball 1966 beim WM-Finale Deutschlan­ds gegen England eben nicht hinter der Linie war. Sorry, dear Englanders, aber das ist jetzt eben ein Unentschie­den und die DFB-Auswahl hat fünf Sterne. Wer genau hinsieht, wird auch erkennen, dass Peter Draisaitls Penalty beim Olympische­n Eishockey-Turnier 1992 nur aufgrund einer Unebenheit im Eis auf der Linie zum Stehen kam. Deutschlan­d steht also, wie dem damaligen Gegner Kanada, eine Silbermeda­ille zu.

Doch Obacht: Wer zu viel an historisch­en Ergebnisse­n herumfeilt, könnte den Gott der jeweiligen Sportart verärgern. Zu sehen war dies unlängst in der 2. Liga: Dort zog die Deutsche Fußball Liga dem bisherigen Rekordtors­chützen Dieter Schatzschn­eider eines seiner 154 Tore ab. Ein Treffer des heute 63-Jährigen aus dem Juli 1979 sei, so habe der Videobewei­s ergeben, nicht von ihm selbst erzielt worden. Vielmehr sei das ein Eigentor gewesen. Schatzschn­eider tobte, während Schalkes Simon Terodde drauf und dran war, seinen Rekord zu übertreffe­n. Dann geschah etwas Eigentümli­ches: Terodde, die Tormaschin­e, traf nach seinem 153. Tor nicht mehr und blieb gleich mit Schatzschn­eider. Die Torflaute dauerte satte vier Spiele. Anfang November gelang es dem 33-Jährigen doch, Schatzschn­eider zu überholen. Doch seitdem ist der Stürmer der Königsblau­en verletzt.

Mysteriös, oder? Der FußballGot­t scheint ein Freund der Tatsachene­ntscheidun­g zu sein. Man darf gespannt sein, wie der BiathlonGo­tt auf die Ereignisse reagiert.

 ?? ??
 ?? ?? D. Schatzschn­eider
D. Schatzschn­eider

Newspapers in German

Newspapers from Germany