Olympia ohne NHLStars
Die nordamerikanische Profiliga stellt wegen der Pandemie ihre Spieler nicht frei. Für Draisaitl oder Grubauer ist das bitter – für das deutsche Nationalteam nicht zwingend schlecht.
Eishockey
Augsburg Im Sommer hatte sich Nico Sturm noch auf sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft gefreut. Der Eishockey-Profi bereitete sich in Augsburg-Haunstetten mit den Panthern auf seine Saison in der National Hockey League vor. Der Stürmer steht bei den Minnesota Wild unter Vertrag. Sturm wie auch Edmontons Starstürmer Leon Draisaitl, Tim Stützle (Ottawa Senators) oder auch Torhüter Philipp Grubauer von den Seattle Kraken sollten bei den Olympischen Spielen vom 4. Februar an in Peking die deutsche Nationalmannschaft verstärken. Doch am Mittwochnachmittag teilte der Eishockey-Weltverband IIHF mit, dass sich die NHL-Führung wie auch die mächtige Spielervereinigung gegen einen Start entschieden haben. Der Grund ist die Corona-Krise in den USA, aufgrund der die NHL bisher 50 Spiele verschieben und die Weihnachtspause zwei Tage früher als geplant beginnen musste.
„Obwohl wir enttäuscht sind, verstehen wir die Entscheidung und können die Umstände nachvollziehen, unter denen sie getroffen worden ist“, sagte IIHF-Präsident Luc Tardif. „Es war ein Schock, wie Covid-19 den Spielplan der NHL praktisch über Nacht beeinträchtigt hat.“
Bundestrainer Toni Söderholm hat nun zumindest Gewissheit und sagte: „Es ist gut, jetzt eine endgültige Entscheidung zu haben, um unsere gesamten Planungen rund um die Mannschaft voranzubringen. Natürlich ist es gerade für unsere Deutschen in der NHL sehr schade, weil sie unbedingt bei Olympia dabei sein wollten.“
Angesichts der schwierigen Lage in der Corona-Pandemie war das Spielgeschehen in der NHL in den vergangenen Tagen immer mehr zum Erliegen gekommen. Einige Mannschaften mussten wegen Corona-Ausbrüchen aus dem Spielbetrieb genommen worden. Außerdem sagte die Liga täglich mehrere Spiele ab und schließlich wurden auch Reisen von US-Teams nach Kanada und umgekehrt untersagt – eine Vorsichtsmaßnahme, die bereits in der vergangenen Saison praktiziert worden war. Der Druck wurde von Tag zu Tag größer, die eigentlich vorgesehene zusätzliche Olympia-Spielpause im Februar aufrechtzuerhalten. Am Dienstagabend fand von den ursprünglich geplanten zehn Partien nur noch das Heimspiel der Vegas Golden Knights gegen die Lightnings statt. Bislang hat die NHL bereits 50 Partien abgesagt. Einige Profis äußerten im Vorfeld zudem ihre Sorge vor den strikten Maßnahmen, die die Organisatoren im Falle einer Infektion planen. Auch eine mehrwöchige Quarantäne erschien in diesem Fall möglich.
Völlig überraschend kam die Absage jedoch nicht. Der ehemalige Nationaltrainer Marco Sturm hatte in einem Interview mit unserer Zeitung bereits angedeutet, dass die NHL wohl nicht nach Peking gehen wird. 2018 in Pyeongchang hatte Marco Sturm mit der Silbermedaille im Olympischen Turnier eine neue Eishockey-Euphorie in Deutschland ausgelöst.
In Südkorea hatte sich die NHL erstmals seit ihrem Olympia-Debüt 1998 in Nagano geweigert, für die Winterspiele die Saison zu unterbrechen. Der Markt in Asien schien nicht bedeutend genug. Das stellte sich jedoch als Irrtum heraus, der mit einer sportlichen Blamage endete. Im Halbfinale von Pyeongchang kämpfte die deutsche Mannschaft mit dem Mindelheimer Torjäger Patrick Reimer die Kanadier mit 4:3 nieder und musste sich erst in einem dramatischen Finale Russland geschlagen geben.
Die Chancen auf eine erneute Olympia-Überraschung sind nach der NHL-Entscheidung eher gestiegen. Auch wenn die DEB-Auswahl auf Stars wie Draisaitl oder Grubauer verzichten müssen, so leiden die Eishockey-Großmächte wie Kanada, Schweden, Finnland oder Tschechien noch mehr darunter. „Egal ob es ein russisches oder kanadisches Team ist, ich sehe niemanden, der deutlich besser ist als wir“, sagte der aktuelle Assistenzcoach der Los Angeles Kings. „Gerade ohne die NHL-Spieler wäre bei einem solchen Turnier wieder alles möglich.“
Namensvetter Nico Sturm, nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem Ex-Bundestrainer, muss nun weiter auf sein Debüt im Nationaldress warten.