Aichacher Nachrichten

Lässt sich das Flughafen-Chaos lösen?

Tausende Arbeitskrä­fte aus der Türkei sollen den akuten Personalma­ngel beheben.

- Von Stefan Lange

Berlin Geplatzte Urlaubsträ­ume wegen annulliert­er Flüge, weinende Kinder, gestresste Eltern: Der Start in die Sommerferi­en wird für tausende Passagiere an deutschen Flughäfen zum Albtraum. Nachdem der Staat zum Ausbruch der Corona-Pandemie fast eine Viertelmil­lion deutsche Touristen aus dem Urlaub zurückholt­e, kümmert er sich nun erneut um das Wohl der Reisenden und sorgt für Verstärkun­g an den deutschen Flughäfen. Die Regierung will unbürokrat­isch und möglichst schnell türkische Arbeitskrä­fte ins Land lassen, damit sie an den Airports beispielsw­eise in der Gepäckabfe­rtigung unterstütz­en.

Die Regierung kommt damit „dem Wunsch der Branche“nach, wie Arbeitsmin­ister Hubertus Heil erklärte. Demnach gibt es ein Angebot aus der Türkei, das mehrere tausend Kräfte umfasst. Wie es zustande kam, ist nicht bekannt. Aber es gibt durchaus Bedenken: In Berlin etwa ist das Sicherheit­sgewerbe von mafiösen Strukturen durchzogen, die Clans mischen und verdienen mit.

Heil will darauf achten, dass wenigstens an den Flughäfen alles seine Ordnung hat. Leiharbeit, Sozialdump­ing und Ausbeutung soll es nicht geben. Die zusätzlich­en Kräfte aus der Türkei müssen direkt beim Arbeitgebe­r angestellt und nach Tarif bezahlt werden. Er erwarte eine menschenwü­rdige Unterbring­ung und nicht, „dass sie in irgendwelc­he Hütten gebracht werden“, sagte der SPD-Politiker und betonte, dass es sich um eine befristete Maßnahme handle, aus der keine Dauerlösun­g werden dürfe.

Der Deal geht auf ein Treffen von Verkehrsmi­nister Volker Wissing mit Branchenve­rtretern zurück. Die Regierung gibt direkt kein Geld, will aber die nötigen Arbeitsund Aufenthalt­serlaubnis­se „sehr schnell erteilen“, wie der FDP-Politiker erklärte. Der Flughafenv­erband

ADV zeigte sich erleichter­t. „Ich danke der Bundesregi­erung, dass sie schnell und unbürokrat­isch den Weg freigeräum­t hat, um die dringend benötigten Arbeitskrä­fte in unser Land zu holen“, sagte Hauptgesch­äftsführer Ralph Beisel unserer Redaktion. Dies sei ein wichtiger Schritt, „damit Dienstleis­ter und Flughäfen in den operativen Bereichen Saisonfach­kräfte beschäftig­en können“.

Mit operativen Bereichen dürften vor allem die Flugzeug- und Gepäckabfe­rtigung gemeint sein. Dort können auch Quereinste­iger eingesetzt werden. Für die Sicherheit­skontrolle­n ist eine Ausbildung zur Luftsicher­heitskontr­ollkraft gesetzlich vorgeschri­eben, in

Die Sicherheit soll gewährleis­tet bleiben

den Stellenaus­schreibung­en sind „sehr gute Deutschken­ntnisse“gefragt. Abstriche bei der Sicherheit soll es keine geben, versprach Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD). Die Bundespoli­zei stehe bereit, die Sicherheit­skontrolle­n zu unterstütz­en.

Der verbrauche­rpolitisch­e Sprecher der Unionsfrak­tion und CSUInnenex­perte Volker Ullrich bedauert, dass die Initiative der Ampel zu spät komme. Er forderte Verbesseru­ngen bei den Fluggastre­chten, wenn sich Flüge verspäten oder ausfallen. „Hier wäre dringender Handlungsb­edarf gegeben, damit Fluggäste schneller zu ihrem Geld kommen können“, sagte er unserer Redaktion.

Die Lufthansa hat bereits für den Sommer rund 3100 Verbindung­en aus dem Flugplan genommen. Airline-Chef Carsten Spohr entschuldi­gte sich bei den Passagiere­n und machte den strikten Sparkurs in der Pandemie für das Chaos mitverantw­ortlich.

Weitere Hintergrün­de zum drohenden Verkehrsin­farkt, der ja auch Bahn und Straßen betrifft, finden Sie in der Politik und im

Newspapers in German

Newspapers from Germany