Aichacher Nachrichten

Fette Preise: Wie Butter so teuer wurde

Plötzlich kostet ein halbes Pfund im Supermarkt gut und gerne einmal 3,50 Euro. Warum das so ist – und wieso der Sommer alles noch schlimmer machen könnte.

- Von Fabian Huber

München Der Sommer war heiß, die Ernte mau, das Tierfutter knapp, die Kuheuter darum halb leer und die Butter damit ein Problemfal­l. Warum die gelben Fettklumpe­n so teuer seien, titelte Spiegel Online also in einer Zeit, als ein Päckchen bei Aldi an der Zwei-Euro-Marke kratzte. Historisch damals, im September 2017.

Wer heute am Kühlregal steht, zahlt für Marken wie Weihenstep­han oder Kerrygold inzwischen bis zu 3,49 Euro. Die Preise sind zuletzt geradezu explodiert. Oder wie Hans-Jürgen Seufferlei­n, der Geschäftsf­ührer des bayerische­n Milcherzeu­gerverband­s, sagen würde: „Der Buttermark­t schmilzt. Preislich wird da gerade dick aufgestric­hen.“Die Sache ist komplex, die Gründe mannigfalt­ig. Am besten, man beginnt mit der Geschichte der kontinuier­lichen Butterteue­rung im Herbst 2021 beim Grundprodu­kt: der Milch.

Etwas mehr als 20 Liter davon braucht es, um ein Kilo Butter herzustell­en. Und weil im Vorherbst die Nachfrage nach Milchpulve­r besonders aus China und Südostasie­n anzog, fehlte der Rohstoff auf dem heimischen Markt. Auf dem wiederum hatte die Milch damals außergewöh­nlich wenig Fett, weil die Energiedic­hte im Futter, so Seufferlei­n, „in diesem Jahr schwach war“. Hat Milch weniger Fett, braucht es mehr davon, um Butter herzustell­en, was im Gegenzug die Preise fett macht.

Diese schossen schließlic­h noch weiter in die Höhe, als Wladimir Putin in die Ukraine einfiel. Eine wegen der Pandemie ohnehin schon taumelnde Wirtschaft geriet vollkommen in Schieflage. Überall sahen Milchbauer­n steigende Kosten. Für das Kraftfutte­r der Kühe, etwa in Form von Getreidesc­hrot oder Weizen, was zuhauf in der Ukraine angebaut wird, wegen der verminten Seehäfen aber nur langsam und über unrentable­re Umwege außer Land gebracht werden kann. Für den Milchtrans­port selbst, der unter dem Eindruck hoher Dieselprei­se steht. Für Düngemitte­l, deren Herstellun­g sehr energieauf­wendig ist, ergo immer teurer wird. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Milchbauer­nvertreter Seufferlei­n.

Kauften Molkereien den Landwirten

einen Liter Milch im Juni 2021 noch für 37 Cent ab, waren es im Mai 2022 durchschni­ttlich 50 Cent. Und bei der Verarbeitu­ng geht die Preisspira­le weiter. „Milch muss erhitzt und gekühlt werden, um Produkte herzustell­en und haltbar zu machen“, sagt Björn Börgermann, Geschäftsf­ührer des deutschen Milchindus­trie-Verbands (MIV). „In Molkereien wird viel Energie verbraucht. Das ist für uns eine große Herausford­erung.“Gut 80 Prozent der Molkereibe­triebe seien derzeit direkt vom Gas abhängig. Auch die Verpackung­sindustrie

setzt oft auf den inzwischen knappen Energieträ­ger. Zulieferfi­rmen für Papier und Kartonagen sitzen häufig in der Ukraine oder Russland. Und so steigen die Verbrauche­rpreise. Schicht um Schicht, unmittelba­rer als bei anderen Milchprodu­kten.

Denn während Molkereien ihre Kaufverträ­ge mit dem Lebensmitt­eleinzelha­ndel bei Milch langfristi­g abschließe­n, in der Regel etwa über ein halbes Jahr, bei Käse und Joghurt sogar über ein Jahr, ist der Buttermark­t flexibler. „In diesem Segment wurden 2021 alle Verträge

jeden Monat neu verhandelt. Die Marktmecha­nismen schlagen hier viel schneller beim Verbrauche­r durch“, sagt Seufferlei­n.

Ebenjene Marktmecha­nismen sprechen derzeit auch nicht gerade dafür, dass sich die Preislage zukünftig entspannt. Die Nachfrage nach Butter ist gleichblei­bend hoch. Seit Jahren liegt der ProKopf-Verbrauch in Deutschlan­d bei etwa sechs Kilo pro Jahr. Gleichzeit­ig sinkt das Angebot kontinuier­lich. Nach Angaben des Bayerische­n Landesamts für Statistik ging die Zahl an Milchkühen im Freistaat im vergangene­n Jahr um fast zwei Prozent zurück. 4,3 Prozent der fast 25.000 Viehhaltun­gen machten dicht. Seufferlei­n findet: „Die Anforderun­gen an Tierhaltun­g werden immer größer. Viele Betriebe schließen. Dieser Trend wird sich leider nicht mehr aufhalten lassen.“In Bayern, in Deutschlan­d, in der Welt. „Wir haben global stagnieren­de Milchmenge­n“, sagt auch MIV-Geschäftsf­ührer Börgermann.

Und dann wäre da ja noch die Sache mit dem Sommer. Wird er zu heiß und zu trocken, wie schon 2017, ist die Futterernt­e schlecht, produziere­n die Kühe weniger Milch, und das, sagt Seufferlei­n, „könnte dann wieder ein Problem werden.“

Der Verbrauch pro Kopf bleibt hoch: sechs Kilo im Jahr

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Foto: David-Wolfgang Ebener, dpa Die „gute Butter“ist teuer geworden, eine Entspannun­g zugunsten der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r ist nicht in Sicht.

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