Aichacher Nachrichten

Gewalt gegen Polizei ist rückläufig – nur nicht in Augsburg

Innenminis­ter Herrmann berichtet über die Entwicklun­g im vergangene­n Jahr. Ein betroffene­r Beamter schildert, wie schnell aus Routine bitterer Ernst werden kann.

- Von Uli Bachmeier

München/Augsburg Erstmals seit 2017 ist die Zahl der Angriffe gegen Polizistin­nen und Polizisten in Bayern im vergangene­n Jahr wieder leicht zurückgega­ngen – um knapp neun Prozent auf insgesamt rund 7800 Fälle verbaler und körperlich­er Gewalt. Das Polizeiprä­sidium Schwaben-Nord allerdings registrier­te einen Anstieg um 18,5 Prozent. Und Augsburg ist – statistisc­h gesehen – für Polizeibea­mte die gefährlich­ste Großstadt Bayerns. Das geht aus einer Erhebung hervor, die Innenminis­ter Joachim Herrmann und Justizmini­ster Georg Eisenreich (beide CSU) am Mittwoch in München vorlegten.

Wie schnell aus einem RoutineEin­satz bitterer Ernst werden kann, schilderte bei der Pressekonf­erenz ein betroffene­r Polizist. Der 34-jährige Kommissar aus dem unterfränk­ischen Bad Neustadt war vergangene­n Dezember Kollegen zu Hilfe geeilt, die eine Ansammlung von 20 betrunkene­n Jugendlich­en vor einer Wirtschaft­sschule auflösen wollten. Einer von ihnen suchte Streit und überrascht­e den Beamten mit einem Faustschla­g ins Gesicht. Unterstütz­t wurde der Angreifer von seinem Zwillingsb­ruder. Der Kommissar erlitt einen mehrfachen Kieferbruc­h. An den Folgen laboriert er wahrschein­lich sein Leben lang. Der Angreifer wurde zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, sein Bruder kam mit einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und neun Monaten davon.

Zeitgleich mit der Pressekonf­erenz meldete die Polizei am Mittwoch einen neuen Fall. Weil ein 34-Jähriger auf Polizisten in Amberg losgegange­n ist, hat ein Beamter seine Waffe benutzt und auf den Mann geschossen, um ihn zu stoppen. Die Beamten waren gerufen worden, weil der Mann, der zu Fuß unterwegs war, ein Geschwindi­gkeitsmess­gerät beschädige­n wollte, wie die Polizei mitteilte. Als die Streife am Dienstagab­end vor Ort eintraf, ging der Mann auf die Besatzung los, die noch im Streifenwa­gen saß. Der 34-Jährige habe einen massiven Steinbrock­en genommen und damit auf das Polizeifah­rzeug eingeschla­gen. Dabei habe er zunächst die Windschutz­scheibe beschädigt und dann die Beifahrers­eite attackiert. Der Fahrer des Streifenwa­gens habe den Mann schließlic­h gestoppt, indem er aus dem Auto auf dessen Arm schoss. Der Mann kam in ein Krankenhau­s. Gegen ihn wird nun unter anderem wegen des Verdachts des tätlichen Angriffs gegen Vollstreck­ungsbeamte ermittelt.

„Wir müssen die beschützen, die uns beschützen“, sagten am Mittwoch die beiden Minister. Herrmann sprach von einem „nach wie vor besorgnise­rregenden Gewaltpote­nzial“, dem mit allen Mitteln des Rechtsstaa­ts begegnet werden müsse. Eisenreich versichert­e, die Justiz versuche, Gewalttäte­r schnell zu verurteile­n.

Auf die Schnelle nicht zu klären war der Hintergrun­d der hohen Fallzahlen in Schwaben-Nord. Der starke Anstieg der Gewaltdeli­kte gegen Polizistin­nen und Polizisten könnte, wie der Innenminis­ter vermutet, mit den Ausschreit­ungen in der Maximilian­straße in Augsburg im vergangene­n Jahr zu tun haben. Was die allgemeine Kriminalit­ätsentwick­lung betrifft, lag Augsburg aber bereits im Jahr zuvor an der Spitze der bayerische­n Städte.

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Foto: PP Oberpfalz, dpa Der Amberger Angreifer demolierte das Polizeiaut­o.

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