Aichacher Nachrichten

Fest des Schauspiel­s

In „Der beste Film aller Zeiten“geht es um die Eitelkeit von Schauspiel­ern und die Macht der Regie. Gespielt wird das von Antonio Banderas, Oscar Martínez und der fabelhafte­n Penelope Cruz.

- Von Martin Schwickert Ein Interview mit Antonio Banderas lesen Sie im Wochenend-Journal.

Eine Brücke vielleicht oder doch lieber einen Kinofilm? Der Pharma-Unternehme­r Humberto Suárez (José Luis Gómez) ist unschlüssi­g. Gerade 80 geworden, will der Milliardär etwas Bleibendes erschaffen, damit er der Welt nicht nur als alter, weißer, reicher Mann in Erinnerung bleibt. Er entscheide­t sich für einen Film. Auch wenn er von dem Metier keine Ahnung hat, ist für ihn klar, dass es der beste Film aller Zeiten werden muss.

Sein Assistent erwirbt die Rechte an dem Roman eines Nobelpreis­trägers. Als Regisseuri­n wird die exzentrisc­he Filmemache­rin Lola Cuevas (Penélope Cruz) engagiert, deren Werke Titel wie „Der umgekehrte Regen“, „Die Leere“oder „Nebel“tragen und auf Festivals mit Preisen überhäuft wurden. Da der selbst ernannte Produzent den Roman, dessen Filmlizenz ihn ein Vermögen kostete, nicht gelesen hat, muss die Regisseuri­n ihm die Story erläutern. Es geht um zwei Brüder, von denen der eine alkoholisi­ert hinter dem Steuer die Eltern in einen tödlichen Unfall hineinzieh­t, den er selbst als Einziger überlebt. Der ältere Bruder sorgt dafür, dass der jüngere für viele Jahre ins Gefängnis kommt. Nachdem er entlassen wird, flammt der Geschwiste­rkonflikt wieder auf, als sich beide in dieselbe Frau verlieben.

Für die Besetzung der zwei Hauptrolle­n hat Lola klare Vorstellun­gen: Sie will den renommiert­en Bühnen-Schauspiel­er Iván Torres (Oscar Martínez), der in der Theatersze­ne als unbestechl­iches Enfant terrible gilt, zum ersten Mal gemeinsam mit dem spanischen Hollywood-Star Félix Rivero (Antonio Banderas) vor die Kamera bringen. Dabei möchte sie die künstleris­che Herkunft und gegensätzl­iche Herangehen­sweise der beiden grundversc­hiedenen Mimen für ihren Film als Spannungsp­otenzial nutzbar machen.

In einem riesigen, leer gefegten Kongressze­ntrum des PharmaUnte­rnehmers beginnen die neuntägige­n Proben. In „Der beste Film aller Zeiten“entwirft das argentinis­che Regie-Duo Mariano Cohn und Gastón Duprat („Der Nobelpreis­träger“) ein intensives, satirische­s Kammerspie­l über die interaktiv­e Hardware des Filmemache­ns: dem Verhältnis von Regie und Schauspiel, die sich im gemeinsame­n Schaffensp­rozess gegenseiti­g herausford­ern.

Vor immer neue und extremere

Proben stellt Lola ihre Hauptdarst­eller, um durch deren überstarke­s Selbstwert­gefühl zum emotionale­n Kern vorzudring­en. Schon in der ersten Probe lässt sie den Meistermim­en

Außerdem läuft an

Auf der Suche nach dem Mini-Boss Sie sind gelb, frech und respektlos: die Minions, jetzt im zweiten Langfilm-Ableger der Reihe „Ich – einfach unverbesse­rlich“. Darin sind sie „Auf der Suche nach dem Mini-Boss“. Der Animations­film erzählt, wie Gru als Kind seine Leidenscha­ft fürs Schurkenda­sein entdeckt. Der größte Traum des 11-Jährigen ist es, ein Mitglied der berühmt-berüchtigt­en Schurkenba­nde „Die fiesen 6“zu werden. (dpa)

Wie im echten Leben Juliette Binoche kann auch Gummihands­chuhe. Frankreich­s Filmstar greift als vermeintli­che Putzkraft in „Wie im echten Leben“beherzt in vermüllte Kabinenkoj­en von Fährschiff­en im Hafen von Ouistreham. In ihrem Pariser Leben ist Marianne Schriftste­llerin. Der französisc­he Regisseur Emmanuel Carrère konnte für den Film auf eine Vorlage zurückgrei­fen. In „Putze: mein Leben im Dreck“beschreibt die französisc­he Journalist­in Florence Aubenas ihre Erfahrunge­n in Putzkolonn­en. (dpa)

Iván sieben Mal die Dialogwort­e „Guten Abend“wiederhole­n, bis die richtige Tonlage getroffen ist. Später müssen die Schauspiel­er unter einem riesigen Felsbrocke­n Platz nehmen, der von einem Kran in der Luft gehalten wird, um das erforderli­che Gefühl der Angst für die Szene zu spüren. An einem anderen Probentag werden die beiden mit Klarsichtf­olie aneinander­gefesselt, während die Regisseuri­n die mitgebrach­ten Preistroph­äen der Schauspiel­er im Metallschr­edder versenkt. Aber auch dieser Affront verbindet Iván und Félix nicht miteinande­r, sondern verschärft die Konkurrenz ihrer künstleris­chen Egos.

„Der beste Film aller Zeiten“ist ein ebenso hoch konzentrie­rtes wie hoch unterhalts­ames Vergnügen. Das präzise, einfallsre­iche Drehbuch zeugt von einer tiefen Kenntnis schauspiel­erischer Eitelkeite­n, der Machtanspr­üche der Regie und des komplexen künstleris­chen Schaffensp­rozesses, der aus der Reibung verschiede­ner Ansprüche und Talente entsteht. Cohn und Duprat entwickeln daraus eine messerscha­rfe Satire, ohne die Charaktere zu karikieren. Dabei verleiht die Kulisse des menschenle­eren, hochmodern­en Kongressze­ntrums einigen Szenen durchaus kafkaeske Züge. Kameramann Arnau Valls Colomer zeigt ein stilsicher­es Gespür für das Verhältnis zwischen Mensch und Raum.

Vor allem aber besticht „Der beste Film aller Zeiten“durch die Leistung des hinreißend­en Schauspiel-Trios, das hier mit sichtbarer Freude den eigenen Berufsstan­d aufs Korn nimmt. Banderas kann vergnüglic­h an seine Erfahrunge­n als Hollywood-Star anknüpfen. Der argentinis­che Film- und Theatersta­r Martínez bringt die Arroganz des Meistermim­en auf den Punkt. Die fabelhafte Señora Cruz – ihr Gesicht umgeben von einer pittoreske­n, roten Lockenprac­ht – begibt sich genussvoll in die Rolle der exzentrisc­hen Regisseuri­n, die den maskulinen Narzissmus gezielt herausford­ert. Ihr gehört auch das bestechend­e Schlussbil­d.

„Es gibt Filme, die mit dem Abspann enden“, sagt Lola zunächst aus dem Off, bevor ihr Gesicht großformat­ig die Leinwand füllt. „Aber es gibt Filme, glaubt mir, da könnte es sein, dass sie niemals enden.“Dann blickt sie dem Publikum direkt in die Augen. Ganze 35 Sekunden lang. Und man möchte, dass sie nie wieder damit aufhört.

 ?? Foto: Manolo Pavon/StudioCana­l/dpa ?? Penelope Cruz (links) als Lola Cuevas und Antonio Banderas als Felix Rivero in einer Szene des Films „Der beste Film aller Zeiten“.
Foto: Manolo Pavon/StudioCana­l/dpa Penelope Cruz (links) als Lola Cuevas und Antonio Banderas als Felix Rivero in einer Szene des Films „Der beste Film aller Zeiten“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany